„Matrix“ revolutionierte im Jahre 1999 die Sehgewohnheiten eines jeden Filmfans. Auch wenn die Ideen an sich nicht neu waren, so war die Umsetzung schlichtweg atemberaubend. Kung Fu, gepaart mit atemberaubenden Schießereien in „Bullet-Time“, jenem Effekt, der es den Protagonisten erlaubt, den Kugeln in Zeitlupe auszuweichen, während die Kamera elegant um sie herumfährt. Auch die Idee einen Film zu machen, der die grundlegende Frage der Philosophie behandelt; „Ist alles was wir sehen wirklich?“, war zwar nicht neu, wurde aber noch nie in einem Hollywood-Blockbuster behandelt; und vor allen Dingen nicht in dieser fantastischen Weise. Dass der Film dabei nur läppische 65 Mio. Dollar kostete, ist in Zeiten der 300 Mio. Blockbuster kaum zu glauben …
Nun, dass nach dem immensen Erfolg des Filmes eine Fortsetzung kommen musste, stand außer Frage. Die schüchternen Wachowski-Brothers, die vorher nur durch den Erotik-Thriller „Bound“ von sich Reden machten, planten nun – mit einem höheren Budget von geschätzten 300 Mio. Dollar – zwei Sequels hinterher zuschieben, die sie parallel drehten und storytechnisch genau an den ersten Teil anknüpften.
Die grundlegende Regel in Hollywood einer jeden Fortsetzung lautet bekanntermaßen: Bigger, wider, louder. Und so startet auch „Matrix Reloaded“: Alleine der Anfang ist wie ein Resümee aller Actionszenen aus dem ersten Teil: Kung Fu, Explosionen und „Bullet-Time“ werden dem Fan hier, zentriert auf 3 Minuten, auf dem Silbertablett serviert. Zwar kann einem das Gezeigte nicht mehr ganz so aus dem Sessel hauen wie noch in Teil eins, ist in seiner Inszenierung aber immer noch so faszinierend wie eh und je.
Danach wird uns dann auch endlich die letzte Menschenstadt „Zion“ gezeigt und somit ein neues Element mit eingebunden; es gibt neue Charaktere und neue Beziehungskonflikte. Und wir erfahren, dass die finale Schlacht Mensch gegen Maschine kurz bevor steht. Wer vermag dies noch zu verhindern? Der Auserwählte? Fragen über Fragen…
Oft kritisiert wurde vor allem, dass der zweite Teil jene philosophischen Ansätze des ersten völlig ignoriert und sich ausschließlich aus den Actionszenen nährt. Doch gibt es hier immer noch mindestens genau so viele – stellenweise viel wichtigere – Fragen, die aufgeworfen werden. Als Beispiel sei nur einmal das Problem genannt, welches der Senator Neo in einem interessanten Gespräch erläutert, dass Menschen die Maschinen bekämpfen, obschon sie selbst erst durch Maschinen in der Lage sind, diese zu bekämpfen…. Ein Paradoxon, welches so universell, wie aktuell ist und sich auf alle Auseinandersetzungen der Welt beziehen lässt. Es sind Momente wie diese, in denen die Wachowskis ihre Genialität zum Ausdruck bringen. Doch leider wirken gerade diese interessanten Aspekte etwas aufgesetzt; als wollte man die Zeit zur nächsten Actionszene überbrücken.
So sind es dann auch die Actionszenen, die einmal mehr zu beeindrucken wissen. Zwar wird der Actionanteil nach dem furiosen Beginn wieder etwas zurück geschraubt und die neuen Charaktere aus Zion eingeführt, doch nach 30 Minuten zeigen die Wachowskis, dass man doch noch einen draufsetzen kann und präsentieren einen computeranimierten Neo, wie er gegen hunderte von Agent Smiths kämpft oder wie Superman durch die Gegend fliegt; optisch auf dem höchsten Niveau und mit atemberaubenden Special Effects versehen.
Den Höhepunkt bildet jedoch die gut 15minütige Highway-Verfolgungsjagd per Auto, Motorrad und LKW. Da gibt es Szenen, wie wir sie tatsächlich noch nie gesehen haben: Ein Agent springt von einem Auto zum Nächsten und löst somit eine Massenkarambolage par Excellenze aus; oder Morpheus kämpft auf dem Dach eines fahrenden LKWs gegen einen Agenten; oder Trinity fährt mit dem Motorrad in Höchstgeschwindigkeit in den Gegenverkehr… Heller Wahnsinn!
Im Gesamten gesehen reicht es jedoch nicht aus, alles größer und wuchtiger zu gestalten, denn im Endeffekt wird zu keinem Zeitpunkt die Genialität des ersten Teils erreicht; so grandios die Umsetzung auch ist. Die Dialoge schwanken zwischen höchst bedeutungsvoll über naiv-belehrend bis zu stumpfsinnig-belanglos. Dies zeigt sich vor allem im Gespräch mit dem Merowinger (und Monica Bellucci, die leider viel zu kurz kommt), welches einzig und allein dazu dient, zu zeigen, dass dieses Programm, trotz seiner ellenlangen Schwadronierungen über Aktion und Reaktion ausschließlich niederen („menschlichen“) Gelüsten frönt. Im Endeffekt läuft sowieso alles nur auf eine (zugegebenermaßen spektakuläre) Actionszene hinaus. Wie bereits erwähnt, wirken die vielen mehr oder weniger philosophischen Gespräche wie Lückenbüßer. Das haben die Wachowskis im ersten Teil noch wesentlich besser gelöst.
Zusammengefasst eine äußerst eindrucksvolle Fortsetzung, die jedoch in punkto Originalität und konsequenter Dramaturgie etwas zurück stecken muss, als Bindeglied für den dritten Teil jedoch ihren Zweck mehr als erfüllt.
8/10