Man mag kaum glauben, dass Enzo G. Castellari und Franco Nero fast zur selben Zeit mit „Keoma“ einen der nihilistischsten Italowestern überhaupt drehten, stellt „Zwiebel-Jack räumt auf“ doch eigentlich das genaue Gegenteil dar. Der überdrehte Comedy-Spaß kann mit Fug und Recht als eine der schrillsten Komödien, die das Genre jemals hervorbrachte, bezeichnet werden. Auch wenn nicht jeder Gag ins Schwarze trifft, liefern die mal wieder grandiose Synchronisation des Rainer Brandt-Teams (Thomas Danneberg kalauert komplett im Terence Hill - Modus) und die eingängigen Musiktracks der Oliver Onions einmal mehr jede Menge Gründe sich „Zwiebel-Jack räumt auf“ zu Gemüte zu führen.
Franco Nero, der passend zur deutschen Stimme seine Rolle ähnlich wie Terence Hill interpretiert, fühlt sich in einer seiner seltenen Klamauk-Rollen offensichtlich sehr wohl. Sein Zwiebel-Jack ist ein sehr pragmatischer, eigentlich friedfertiger Zeitgeist, der sich in Paradise City ein Stück Land gekauft hat, um dort seine Zwiebeln zu züchten. Diese Pflanzen sind sein Lebensinhalt. Er isst sie roh wie Äpfel, trinkt ihren Saft, schläft mit ihnen, jongliert sie und riecht natürlich entsprechend. Anstatt den Revolver, mit dem er auch vorzüglich umgeht, zieht er sogar schon mal eine Zwiebel, um seinen Kontrahenten Saft in die Augen zu spritzen.
In Paradise City, verbuddelt in einer Wagenladung Zwiebeln, angekommen, findet er allerdings eine ziemlich vertrackte Lage vor. Der skrupellose Geschäftsmann Petrus Lamb (Martin Balsam, „Im Dutzend zur Hölle“, „The Taking of Pelham One Two Three“) versucht alle dortigen Farmer von ihrem Besitz zu vertreiben, um es dann zu Spottpreisen aufzukaufen. Unter ihrem Land lagert nämlich ein stattliches Erdölvorkommen. Auch eine negative Presse verbietet er durch seine Handlanger, die nicht lange fackeln. Die sofortigen Versuche Neuankömmling Zwiebel-Jack einzuschüchtern und zum schnellen Verkauf zu zwingen, beeindrucken den gelassenen Mann allerdings wenig und auf der Nase herumtanzen lassen will er sich auch nicht, wenn es um das Wohl seiner Zwiebeln geht.
So weit, so gut. Im Ansatz lässt sich noch das klassische Prinzip (Ein namenloser Fremder kommt in eine Stadt und bietet ausbeuterischen Machenschaften die Stirn) erkennen und ein paar spitzbübische Parodien bekannter Klischees (u.a. das finale Duell zwischen Jack und dem Sheriff) lassen sich auch noch entdecken, meist regieren jedoch die überdrehten Ideen der Drehbuchautoren, die sich einiges einfallen lassen haben. So besitzt Lamb beispielsweise eine multifunktionale Mechanik-Hand aus Gold, die er aus- und einfahren kann, was ihm trotz seiner Ungeschicktheit bei einer Prügelei sehr entgegen kommt. Außerdem hält er sich einen Butler namens Adolf, der inklusive Scheitel und Schnurrbart eine gelungene Karikatur Hitlers darstellt. Hinzu gesellen sich Jacks sprechendes Pferd, schwule Deputys und ein Kind mit Männerstimme. „Zwiebel-Jack“ beschwört fast im Minutentakt kuriose Figuren wie Situationen auf und genau darin begründet sich sein Reiz. Castellari und seine Autoren quetschten so viel Nonsens wie möglich in die Geschichte, garnierten sie mit einigen zünftigen Prügeleien der Marke Spencer/Hill und ließen Nero sich nach allen Regeln der Kunst austoben.
Der Regisseur trägt seinen Teil bei, indem er das Geschehen mit irrwitzigen Soundeffekten, ungewöhnlichen Tricks (der sterbende und direkt beerdigte Indianer...) oder wie einst Charlie Chaplin in seinen Stummfilmklassikern die Szenen mit Speedup und Klaviermusik aufbohrt, so dass nicht einmal der Kameramann (!!) hinterherkommt. Die minutenlange Verfolgungsjagd, in dessen Verlauf sich ein Fahrrad plötzlich in ein Pony verwandelt, bildet in dieser Hinsicht den Höhepunkt schriller Ideen.
Freilich erhält Zwiebel-Jack im weiteren Verlauf auch Unterstützung durch einige Bewohner, die dank ihm wieder Hoffnung schöpfen und sich nicht weiter von Lamb und seiner Gang (u.a. Footballer auf Motorrädern) einschüchtern lassen wollen, auch wenn die alles daran setzen der Bevölkerung Angst und Schrecken einzujagen. Ernsthaft verfolgt der Film seinen Plot jedoch erwartungsgemäß nicht, sondern leitet nur wieder die nächste Reihe guter Gags ein. Dass Franco Nero später nach Zeugen sucht und im Gefängnis landet, weil ihm ein Mord angedichtet wird, interessiert angesichts des Feuerwerks völlig abgedrehter Ideen kaum noch. Der Zuschauer erfreut sich ohnehin eher am Treiben der Protagonisten anstatt der simplen Handlung zu folgen. Vor allem der finale Showdown auf offener Straße wider aller Genregeln garantiert noch einmal einen Mordsgaudi.
Meistens geht „Zwiebel-Jack räumt auf“ Slapstick, überzogenen Albernheiten wie auch zu platten Gags aus dem Weg und zündete eine Kanonade gelungener Humoreinlagen, die fast grundsätzlich von Zwiebel-Jack ausgehen, der die schrägsten Ideen aus dem Hut zaubern kann. Lediglich der romantische Anteil erweckt einen unausgegorenen und etwas zu kitschigen Eindruck.
Fazit:
Mit „Zwiebel-Jack räumt auf“ liefert Enzo G. Castellari abseits der Spencer / Hill – Beiträge eine der kuriosesten Italowestern-Komödien ab. Franco Nero schauspielert wie gewöhnlich in Höchstform, die Oliver Onions liefern einmal mehr Songs mit Ohrwurmqualitäten und auch der Regisseur selbst zeigt sich auch hier wieder von seiner innovativen Seite. Paradise City gibt sich zudem als sehr lebendige Location aus, in der eine maximale Anzahl abgedrehter Gags Unterschlupf finden. Da die geniale Synchronisation den Streifen in der deutschen Fassung noch zusätzlich veredelt, bleibt nur eine Empfehlung. Nich' wahr!