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Es begab sich zu einer Zeit, so etwa Ende des 18. Jahrhunderts, da lagen Frauen in ihrem Kuschelbett und lasen eine fein gebundene Lektüre über Lykantrophie. Dann hängten sie eine brennende Laterne ans Fenster, friemelten sich Watte in die Ohren, um die dauerhaft bellenden Hunde nicht zu hören und hofften, dass nicht sie vom alten Familienfluch besessen sind.
Diese Geschichte spielt gekonnt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, denn obwohl es thematisch um eine Werwolf-Frau geht, ist innerhalb der knappen Stunde keine zu sehen.

Recht früh wird uns klar gemacht, wer höchstwahrscheinlich die Werwölfin von London ist, denn Phyllis, die bald den galanten Anwalt Barry heiraten wird, erwacht nach Alptraum-Nächten mit verdreckten Hausschuhen und zerrissenem Morgenmantel, kann sich jedoch an nichts erinnern. Tags darauf ist von einem weiteren Mord in der Zeitung zu lesen…

Aber da gibt es ja auch noch die dubiose Tante Martha, quasi die Hausherrin und deren Tochter Carol, die beide ein Motiv hätten, des Nächtens auf tödliche Streiftour zu gehen, einerseits aus Habgier, andererseits aus Eifersucht.
Klar, dass die Theorie von Scotland Yard auf Dauer unhaltbar erscheint, da zunächst ein wildes Tier oder ein entlaufener Hund für die Morde im Park verantwortlich sein soll.
Auch der Verlobte Barry stellt Nachforschungen an und sorgt sich um die kranke Phyllis, bis er zur Enthüllung des Familiengeheimnisses fast zu spät kommt.

Latent erklingen streicherorientierte Melodien und suggerieren eine mannigfaltige Emotionalität, die im Grunde gar nicht vorhanden ist.
Vielmehr hat man es im Überwiegenden mit einer Mischung aus Krimi und Melodram zu tun, - wenn tatsächlich mal ein Opfer aufschreit, geschieht dies komplett im Off und die Indizien, dass es sich womöglich um einen echten Werwolf handelt, sind verdammt vage und eher dem Pfeife rauchenden Inspektor zu verdanken, der in seiner sympathischen Art stark an Dr. Watson aus den alten Sherlock Holmes Verfilmungen erinnert.

Das Familienkonstrukt steht indes im Fokus. Man hat zwar den Eindruck, es weitestgehend mit einem kammerspielartigen Theaterstück zu tun zu haben, dafür jedoch sind die Rollen sehr gut besetzt und ausgezeichnet gespielt, zumal die nuancierten Charakterzeichnungen eine nicht unerhebliche Rolle bezüglich des finalen Twists spielen.
Auf atmosphärischer Ebene leidet die Erzählung jedoch an herausragenden Momenten, da der leicht nebelige Park nur eine untergeordnete Rolle spielt und die Räumlichkeiten des Hauses nicht allzu viel hergeben.

Spannend wird es hingegen in den letzten Minuten. Es entsteht Aufruhr und einer Randfigur wird eine bedeutende Funktion zuteil, mit der man nicht unbedingt rechnen konnte, - mit der Auflösung an sich natürlich schon, denn da sammelten sich im Verlauf bereits diverse Indizien.
Da spielt vergiftete Milch ebenso eine Rolle, wie eine Verfolgung die Treppe hinab und ein Geständnis, welches eine Person heimlich mithört.

Werwolf-Horror bietet dieser Streifen ergo kaum, er bemüht sich mit Erfolg um eine Familiengeschichte, Intrigen und eine labile Hauptfigur, die, auch wenn sie der Werwolf sein sollte, unser aller Mitgefühl erhält.
Was im Endeffekt aber nichts daran ändert, es mit einem düsteren Krimi zu tun zu haben, der mit simplen Mitteln unterhält, da er es schafft, sämtliche Figuren interessant und gleichermaßen mysteriös erscheinen zu lassen.

Ein gewisses Rätselraten schwingt also latent mit, Horror-Freunde sollte jedoch einen Gang runterschalten und die Sache als einen kleinen harmlosen Snack für Zwischendurch betrachten, denn sonderlich überraschen wird einen der Stoff nicht, - solide unterhalten aber schon.
6,5 von 10

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