Review

GODZILLA No. 18

GODZILLA – DUELL DER MEGASAURIER

(GOJIRA TAI KINGU GHIDORA)

Kazuki Ômori, Japan 1991

Vorsicht – das folgende Review enthält SPOILER!

1991 war die Heisei-Reihe des Großen Grünen noch immer ein wenig am Stottern, aber immerhin waren nun, als Kazuki Ômoris Godzilla – Duell der Megasaurier in die Kinos kam, nur zwei Jahre seit dem Erscheinen des Vorgängerfilms vergangen – und nicht fünf wie zwischen den beiden ersten Filmen der neuen Ära. Wenn man sich allerdings den Originaltitel ihres dritten Films anschaut, beginnt der Begriff „neu“ schon gewaltig zu wackeln, denn der lautet Gojira tai Kingu Ghidora ... was nichts anderes bedeutet, als dass wir hier anstelle von Innovationswillen einem sehr guten alten Bekannten begegnen. Einem goldenen. Mit drei Köpfen.

Nahe Japan, im Jahr 2204: Hier sind ein paar Leute mit ihrem Tauchboot im Ochotskischen Meer unterwegs und finden auf dem Boden desselben den Leichnam (nicht etwa nur die Knochen!) von King Ghidorah, dem einer seiner drei Köpfe fehlt. Was zu seinem Tod führte, so erzählt die Frau, die sich an Bord befindet, geschah am Ende des 20. Jahrhunderts ...

Nun, wenn das so ist, dann springen wir doch gleich einmal dorthin: Tokio, im Jahr 1992. Hier lebt und arbeitet unser menschlicher Held Kenichiro Terasawa, der als Journalist tätig ist, aber keine blöden Artikel mehr schreiben möchte, sondern ein richtiges Buch. Am besten über Godzilla. Im Zuge seiner Riesenmonster-Recherchen sucht er einen als verrückt geltenden japanischen WK-II-Veteranen auf, der ihm Folgendes erzählt: Im Februar 1944 war seine Truppe auf der Insel Ragos in Kämpfe gegen die übermächtigen Amerikaner verwickelt. Auf den umliegenden Inseln waren bereits alle japanischen Soldaten für den Tenno den „Heldentod“ gestorben, und auch er und seine Leute standen auf verlorenem Posten ... bis plötzlich ein riesiger Dinosaurier erschien und die amerikanischen Feinde niedermachte – zumindest all jene, die nicht sofort panisch die Flucht ergriffen. Diese Geschichte wollte allerdings seither niemand hören und schon recht keiner glauben. Terasawa findet jedoch heraus, dass der erfolgreiche und verdienstvolle Großindustrielle Yasuaki Shindo einst ebenfalls auf Ragos im Einsatz war, und dieser bestätigt nach anfänglichem Schweigen die Aussagen des alten Veteranen – er kann die Ereignisse sogar mit ein paar Bildern belegen.

Natürlich darf auch in diesem Film die segelohrige Telepathin Miki Saegusa nicht fehlen, die inzwischen fest im „Godzilla-Team des Tokio-Forschungszentrums“ angestellt ist. In einer offiziellen Videobotschaft teilt sie daher mit, dass Godzilla, der tausend Tage lang durch „Antiatomenergiebakterien psychisch und physisch paralysiert“ irgendwo in den Tiefen des japanischen Meeres geruht hatte, seit einigen Stunden Zeichen von Aktivität erkennen lässt. Terasawa und ein paar Wissenschaftler haben derweil bereits die Theorie entwickelt, dass der gute alte Ragos-Dino durch radioaktive Strahlung zu Godzilla mutiert ist – immerhin gab es zahllose Atombombentests der Amerikaner in der Gegend des nahe gelegenen Bikini-Atolls.

Mag sein ... aber bald kommt aus einer anderen Richtung Bewegung ins Geschehen, nämlich von oben: Ein UFO taucht auf und landet im Ödland unweit des Fujiyamas. Ihm entsteigen jedoch keine Aliens, sondern Menschen aus der Zukunft – oder besser deren holografische Abbilder, die sich als Matt Wilson, Grenchiko und Emi Kano vorstellen und mitteilen, dass sie als Abgesandte des Präsidenten der zukünftigen Weltregierung handeln (mit der Zukunft ist natürlich konkret das Jahr 2204 gemeint). Das Empfangskomitee staunt über die Holografien als Anwendung der „dritten Dimension“ (!!), und die Gäste bestätigen, dass die Beherrschung der dritten Dimension im 23. Jahrhundert Realität geworden ist (!!! – liebe Leute, die kennen wir doch schon so lange, wie’s Dimensionen gibt ... ich gehe einmal davon aus, dass dieser üble Fauxpas der deutschen Synchronisation zu verdanken ist). Zum Spaß sind die Zukünftler freilich nicht unterwegs – vielmehr wollen sie helfen, denn sie wissen, dass Japan in Kürze von Godzilla vollständig vernichtet wird (in erster Linie durch das Zerlegen der überall herumstehenden Atomkraftwerke). Vor diesem Schicksal soll das Land nun bewahrt werden, indem man ins Jahr 1944 zurückreist und auf der Insel Ragos den Dino entfernt, auf dass er vor Strahlung sicher ist und nicht zu Godzilla werden kann (scheinbar ist an der Terasawa’schen Mutationstheorie etwas dran – aber warum in aller Welt will man ihn denn nur entfernen?). Das ist ein nettes Angebot, und so sagen die Menschen nicht Nein und ernennen Kenichiro Terasawa, den Wissenschaftler Professor Mazaki und (na klar ...) Miki Saegusa zu Teilnehmern an der Mission. Die Zukünftler werden ihrerseits von Emi Kano und dem äußerst leistungsfähigen Androiden „M 11“ (viel Star Trek-„Data“ und etwas T-1000) vertreten. Mit von der Partie sind neben den fünf Genannten auch noch drei oberpeinliche kleine Mini-Drachen, die wie missratene Plüsch-Gremlins aussehen und uns als „Doratos“ vorgestellt werden. Auf geht’s ins Jahr 1944 und auf die Insel Ragos! Hier können die Zeitreisenden das oben geschilderte Kriegsgeschehen verfolgen und den schwer verletzten Dino an einen anderen Ort (sprich ins Beringmeer) teleportieren. Die Zukünftler setzen jedoch vor der Rückreise heimlich ihre drei Plüschdrachen aus ... die im Laufe der nunmehr korrigierten Zeit zum güldenen Dreikopf-Riesendrachen King Ghidorah zusammenwachsen und als solcher im Jahr 1992 über Fukuoka herfallen ...

Wir haben es geahnt – die Gäste aus dem 23. Jahrhundert meinen es gar nicht gut! Emi wird jedoch nach ihrer Mission von Gewissensbissen heimgesucht, entfernt sich heimlich aus dem UFO (nennen wir es ruhig weiter so), sucht Terasawa auf und erklärt die Angelegenheit sowohl ihm als auch uns etwas näher: Japan würde in der kommenden Zeit immer mehr „defizitäre Länder aufkaufen“ (!) und gegen Ende des 21. Jahrhunderts schon größer und mächtiger sein als die USA, Russland und China zusammen (!). Und da es zu dieser Zeit keine Atomwaffen mehr gäbe, könne Japan auch nicht mehr gestoppt werden (!!) – weshalb es nun erst einmal gewarnt und höflich um die Einstellung seiner Expansionsbemühungen gebeten werden sollte. Inzwischen habe sich aber herausgestellt, dass Matt Wilson und Grenchiko Böses im Schilde führen: Mithilfe eines „hypersensorisch“ ferngesteuerten Ungeheuers, also mit King Ghidorah, soll das Land „niedergeschmettert“ werden und einem neuen Weltreich unter Führung der Zukünftler weichen. Na dann gute Nacht, Japan (nur fragt sich der Betrachter, wie diese Weltreicherrichtung aus der Zukunft heraus organisatorisch ablaufen soll).

Die Gegenwartler aber schmieden auch einen Plan: Da gibt es doch irgendwo im Beringmeer noch den alten Ragos-Dino, und den könnte man doch mit etwas Nuklear-Power zum richtigen Godzilla blitzmutieren lassen (ich dachte, Miki hätte vorhin schon ... ach – Schwamm drüber), auf dass der sich dem wütenden Dreikopf entgegenstelle, der gerade Fukuoka in Schutt und Asche legt. Diese Arbeit kann man sich jedoch sparen, denn der Beringmeer-Dino ist bereits der richtige Godzilla, weil er irgendwann einmal an einem verunglückten sowjetischen Atom-U-Boot herumgenascht hat. Zudem hilft es enorm, dass die geläuterte (und vielleicht auch ein wenig in Terasawa verliebte) Emi nun endgültig die Seiten gewechselt hat und den Androiden M 11 in ihrem Sinne, also im Interesse der Gegenwarts-Japaner umprogrammiert (dass sie das ungestört machen kann, verwundert allerdings schon ein wenig). King Ghidorah muss sich inzwischen mit der japanischen Luftwaffe die Zeit vertreiben, bis es Wichtigeres zu tun gibt: Godzilla entsteigt dem Meer! Sofort fernsteuern Matt Wilson und Grenchiko ihren Dreikopf dem Großen Grünen entgegen, und es kommt in einer weiten Wiesenlandschaft zur ersten Klopperei zwischen den Monstern. Emi, M 11 und der zu ihnen gestoßene Terasawa haben derweil aber ein paar kleinere Sprengladungen im UFO installiert (dass sie das ungestört machen konnten, verwundert schon wieder ein wenig) und lassen sie detonieren – womit die Fernsteuerung King Ghidorahs ausfällt und der Dreikopf orientierungslos herumstolpert. Daher ist er auch bald nur noch ein Zweikopf, denn Godzilla reißt ihm eins der Häupter ab und wird somit zum Sieger des Duells – King Ghidorah flattert mit letzter Kraft hinweg und stürzt ins Meer.

Emi und M 11 eilen unterdessen zu ihrem kleinen Teleportationsflieger und beamen von dort aus das UFO mit den noch immer von ihrem neuen Weltreich träumenden Fieslingen Matt Wilson und Grenchiko direkt vor Godzillas Füße, der es auch ohne langes Federlesen samt Inhalt röstet. Dumm, ja sogar sehr dumm ist nun allerdings, dass der Große Grüne in dieser Sache keineswegs (wie aus den Filmen der Shōwa-Ära gewohnt) als Menschenfreund gehandelt hat. Er ist nämlich kein Menschenfreund, und so macht er sich nun daran, in Japan „alles Leben zu vernichten“. Mit Sapporo geht’s los – Godzilla zerlegt die Stadt und lässt sich dabei auch vom Militär nicht substanziell stören (mein Gott, es wäre auch das erste Mal in seiner Geschichte), obwohl das mit modernsten Laserkanonen gegen ihn vorgeht. Zum Glück hat Emi eine tolle Idee: Man könnte doch flink ins 23. Jahrhundert reisen, dort die Überreste King Ghidorahs aus dem Meer bergen, den Dreikopf reparieren und dann ins Jahr 1992 zurückschicken, damit er zur rechten Zeit den Kampf gegen Godzilla aufnimmt und Japan vor der Vernichtung rettet ... Emi und M 11 nehmen die Sache auch gleich in die Hand und entschwinden mit ihrem kleinen Teleportationsflugzeug in Richtung Zukunft.

Godzilla macht sich unterdessen auf den Weg nach Tokio, um dort sein Zerstörungswerk fortzusetzen. Kaum aber hat er gemütlich ein paar Hochhäuser umgeworfen, da fliegt ihm ... King Ghidorah entgegen! Und das ist nicht nur Ghidorah, sondern in Teilen sogar Mechaghidorah, denn der fehlende Kopf samt Hals und die von Godzillas Atomstrahl durchlöcherten Flügel wurden durch feinste Zukunftsmetall-Prothesen ersetzt. Und wie es bei einem Mecha üblich ist, hat dieser 23rd-Century-Ghidorah auch ein Cockpit, in dem ein Mensch sitzt und ihn steuert. In diesem Fall ist es Emi persönlich – da lässt sie keinen anderen ran. So richtig gut läuft’s allerdings nicht, denn Godzilla setzt ihr und ihrem Dreikopf mächtig zu, während der noch bewohnbare Teil von Tokio schnell kleiner wird. Am Ende können die beiden Monster jedoch gemeinsam ins Meer verfrachtet werden ... und Emi verabschiedet sich von Terasawa in Richtung Zukunft. Wer Lust hat, kann jetzt noch ein wenig darüber nachdenken, was ihre Äußerung „Wir sind beide von gleichem Blut“ bedeutet, wer nicht, kann schon beginnen, sich auf zukünftige Monsterabenteuer zu freuen, denn während des Abspanns kommt Godzilla wieder zu sich und sieht irgendwie – tatendurstig aus ...

Meine Güte. Kazuki Ômori, der im Alleingang das Skript verfasst hat, mag’s offenbar nicht so einfach. Er war als Autor schon für den ziemlich wirren und überladenen Vorgänger Godzilla – Der Urgigant mitverantwortlich und tischt uns nun sogar eine fürwahr kühn gedachte, gleich mehrere Zeitreisen miteinander verknüpfende Story auf, der zu folgen ... nun ja, durchaus möglich ist, was aber nichts daran ändert, dass sie wie alle Zeitreisegeschichten nicht funktioniert beziehungsweise über ihre unabwendbaren Paradoxa stolpert. Dabei hält sich Godzilla – Duell der Megasaurier in dieser Sache sogar ziemlich wacker – Kazuki Ômori hat über das eine oder andere zweifelsfrei nachgedacht (zum Beispiel darüber, dass man sich selbst in der Vergangenheit nicht begegnen darf), aber am Ende türmen sich doch die offenen Fragen zur Physik und inneren Logik seiner Arbeit auf. Sollen sie sich türmen – wie bei jeder Zeitreisegeschichte ist man auch bei der hiesigen gut beraten, sie gar nicht erst lange zu hinterfragen. Sehr viel weniger kühn als bei seiner Chronologie-Komposition zeigt sich Ômori allerdings in einem anderen, ganz fundamentalen Punkt: Einer guten alten Shōwa-Tradition folgend wird uns auch hier wieder der Unfug von einer kleinen Antagonistengruppe erzählt, die von irgendwoher kommt und mit Monsterhilfe die Weltherrschaft an sich reißen will. Waren es bisher, sprich in Befehl aus dem Dunkel (1965), Frankenstein und die Monster aus dem All (1968), Frankensteins Höllenbrut (1972), King Kong – Dämonen aus dem Weltall (1973), King Kong gegen Godzilla (1974) und Die Brut des Teufels (1975) Außerirdische oder Unterirdische (die Seetopianer in King Kong – Dämonen aus dem Weltall), so sind es hier Zeitreisende – was aber dem haargenau gleichen Prinzip folgt und haargenau so bekloppt ist wie man’s kennt. Ideenreichtum, möchte man meinen, sieht anders aus. Das gilt selbst für das unentbehrliche Gastmonster (Godzilla kann auch während der Heisei-Ära nicht alles allein machen): Wieder einmal muss sich der nimmermüde Dreikopf King Ghidorah mit dem Titelhelden prügeln. Den sieht man natürlich jederzeit gern (weshalb ihn die Tōhō auch einfach nicht in Ruhe lassen wollte), aber etwas Abwechslung und Kreativität wären beim Kaijū-Building durchaus erstrebenswert gewesen – die Verantwortlichen einschließlich des Autors hätten ja nicht zwangsläufig neue Witzfiguren wie Gabara oder Megalon erschaffen, sondern sich um ein richtig gutes, dem bewährten Gold-Drachen Ghidorah ebenbürtiges neues Monster bemühen können. Schade, dass sie‘s offenkundig nicht getan haben, wo die Reihe doch im Vorgängerfilm Godzilla – Der Urgigant mit der famosen Biollante schon auf einem sehr guten Weg war. Somit verdichtet sich die Erkenntnis, dass konzeptionelle Vielfalt oder gar Experimentierfreude nicht zu den Tugenden der Godzilla-Filme gehören (einzig Yoshimitsu Banno hat mit Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster einmal etwas milde von den bewährten Strukturen Abweichendes versucht, aber das ging böse nach hinten los). Sei’s drum – immerhin macht die Monsteraction in Godzilla – Duell der Megasaurier einiges her. Nach 40 Minuten kreuzt King Ghidorah auf und legt schon mal allein los, und wenn nach ziemlich genau einer Stunde der Große Grüne mies gelaunt dem Meer entsteigt, kracht’s richtig. Es gab schon Godzilla-Streifen mit mehr Krawall, aber dafür stimmt hier (mit einigen Abstrichen, dazu später) auch die Qualität. So hat man den Monstern wieder umfangreiche Stadtmodelle zum Austoben gebastelt, und die sind auch beim Soloauftritt King Ghidorahs exklusiv – uns wird also keine Stock Footage von der so beliebten „Mobiloil“-Tankstelle aus Frankensteins Monster im Kampf gegen Ghidorah vorgesetzt ... Ihren Höhepunkt findet die Action schließlich mit dem Auftritt des Halb-Mechaghidorahs, der immerhin eine neue Variante des Dreikopfs darstellt und sich einen wirklich wuchtigen und packenden Kampf mit dem Titelhelden liefert – Passagen wie diese verbieten es dem Betrachter, über die alten Tōhō-Gummimonster zu lachen. Interessant ist dabei übrigens der Perspektivwechsel, den das Treiben vollzieht: Nun kämpft auf einmal King Ghidorah für die Sache der Menschen und Godzilla ist dezidiert der „Feind“ – was den Charakter ihres Protagonisten angeht, bleibt die Heisei-Serie vorerst düster. Im Detail bringt Kazuki Ômori also doch noch ein paar Ideen mit, und er weiß auch mit seinem menschlichen Personal ein paar Kleinigkeiten anzufangen, wobei das Geschehen vornehmlich von der Zukünftlerin Emi und ihrem zumindest nach seiner Umprogrammierung sehr sympathischen Androiden M 11 bestimmt wird, während der nominelle Held Kenichiro Terasawa über eine Helfer- und Beobachterrolle nur selten hinauskommt. Eher problematisch ist indes Kazuki Ômoris ideologische Position, denn seine Arbeit wird mehrfach von einem sehr unangenehmen Patriotismus überschattet. Das mag bei den Weltkriegs-Szenen, wenn die damalige Perspektive der Beteiligten eingenommen wird, in gewisser Weise gerechtfertigt sein, aber die Zeichnung der US-Soldaten als dümmliche Feiglinge ist schon arg plakativ geraten. Auch darüber hinaus ist Godzilla – Duell der Megasaurier dem Westen nicht wirklich wohlgesonnen, was schon dadurch unterstrichen wird, dass sämtliche Antagonisten von (schlechten!) amerikanischen Darstellern verkörpert werden (der einzige „vernünftige“ und mit guten Absichten angereiste Zukunftsmensch ist die Japanerin Emi – M 11 wechselt erst nach der Umprogrammierung auf die richtige Seite). Immerhin ist Ômori jedoch auch der Gedanke nicht fremd, dass sich seinem Land Expansionsabsichten zuordnen lassen ... Eine politische Dimension (und schon gar nicht die dritte ...) hat seine Arbeit deshalb natürlich noch lange nicht: Godzilla – Duell der Megasaurier ist nicht mehr und nicht weniger als ein klassischer Kaijū Eiga.

Optisch macht derweil auch dieser 18. Godzilla-Streifen einen durchwachsenen Eindruck. Die generelle Bildqualität kann sich dabei zumindest bezogen auf meine Marketing-DVD-Fassung durchaus sehen lassen – den Bildern steht zwar ihr 1.85:1-Format nicht gut zu Gesicht (es sieht einfach etwas billiger aus als das feine Tohoscope-Format der Shōwa-Ära), aber sie sind sauber und wirken noch nicht auffallend altersschwach. Selbst bei der alten DVD von Astro/Best Entertainment, in die ich natürlich ebenso hineingeschaut habe, sind sie keine vollendete Katastrophe, aber die Datenmenge dieser Scheibe will auch im vorliegenden Fall nicht für den großen Bildschirm ausreichen. Augenfällig sind allerdings, zurück zur Marketing-Fassung, einige Schwankungen der Bildqualität, von denen besonders die Ghidorah-Szenen betroffen sind – mal glänzt der Drache schön golden, dann sieht er wieder silbergrau und fast entfärbt aus. Hintergrund dürften unterschiedliche Bedingungen bei den Trickaufnahmen sein, was aber als Entschuldigung nur bedingt befriedigt. Damit sind wir auch schon bei den Trickaufnahmen ... und hier liegt doch einiges im Argen. Zunächst zeigt sich wieder ein altes Problem der Tōhō-Produktionen: Miese Rückprojektionen. Natürlich sind sie wie schon beim Vorgänger angemerkt nicht mehr so grausig wie zu Zeiten von Die Rückkehr des King Kong, aber immer noch viel zu deutlich erkennbar. Zu allem Übel werden sie hier auch noch besonders oft verwendet – zum Beispiel wird King Ghidorahs Angriff auf Fukuoka erst einmal eine ganze Weile lang durch Originalaufnahmen der Stadt, in die man den Drachen hineinprojiziert hat, verwirklicht. Das funktioniert nicht wie erwünscht und sorgt ferner dafür, dass man für den Unterschied zwischen ihnen und den Modellbauten, auf die um der Zerstörung willen irgendwann umgeschaltet werden muss, sensibilisiert wird – und die sind nun mal bei Weitem nicht so detailreich wie ihre Vorbilder, auch wenn sie wieder äußerst liebevoll angefertigt wurden. Völlig daneben sind diese Rückprojektionen sogar, wenn der Android M 11 eingreift und „rennt“ ... weil er nicht rennt, sondern schwebt und dabei vor irgendwelchen hinterlegten Stadt- oder Landschaftsaufnahmen durch die Gegend gleitet. Das sieht zum Brüllen blöd aus. Ganz schwach ist weiterhin die Umsetzung einer Reihe von Teleportationen geraten – bei ihnen wird mit Lichteffekten gearbeitet, die man schon zur Entstehungszeit des Films nur als archaisch bezeichnen konnte. Einen deutlich, sprich um Jahrzehnte besseren Eindruck machen hingegen das „UFO“ der Zukunftsmenschen und ihr kleines Zusatz-Zeitreisegefährt (eigentlich kann man ja erwiesenermaßen auch mit dem UFO selbst durch die Jahrhunderte düsen) – die Aufnahmen des UFOs, in denen es nach seiner Landung im dichten Nebel herumsteht, kommen trotz eines grieseligen Bildes sogar ausgesprochen atmosphärisch daher. Keine nennenswerten Fortschritte sind derweil bei Flammen und Explosionen zu verzeichnen, die traditionell nur teilweise als „groß“ wahrgenommen werden können – gelungene und weniger gelungene halten sich da in etwa die Waage, wenn man’s nicht übermäßig genau nimmt. Bei den Monstern zeigt sich ein eindeutigeres und günstigeres Bild. Godzilla ist noch einmal im Biogoji-Suit aus dem Vorgänger unterwegs, in dem er sehr viel sportlicher als bei den meisten früheren Auftritten und angemessen misslaunig wirkt, während King Ghidorah vornehmlich mit seinen ziemlich beängstigend gestalteten Köpfen beeindruckt (schön realistisch sehen sie übrigens in der „Unterwasser“-Eingangssequenz aus, als man den Dreikopf auf dem Grund des Ochotskischen Meeres findet). Zum veritablen Highlight wird jedoch seine in der Zukunft verarztete Version, deren Metallteile (vor allem Hals und Kopf) so echt aussehen, wie man es nur wünschen kann. Auch der Gorosaurus, vergessen wir ihn nicht, wirkt in einigen Einstellungen verblüffend echt – gute Arbeit. Umso unverzeihlicher ist dafür die Gestaltung der zum Glück nur zwei, drei Mal kurz durch die Gegend rutschenden „Doratos“, die aussehen wie im Spielzeugladen um die Ecke gekaufte Kuscheltiere mit Wollflügeln und Gummigesichtern ... und ehrlich gesagt noch peinlicher sind als es Godzillas Sprössling Minilla in den tiefsten Shōwa-Zeiten war. Dass aus ihnen der monströse King Ghidorah erwachsen soll, mutet vollkommen absurd an. Apropos Spielzeug: Die japanische Armee tritt hier nicht nur mit (vergleichsweise unauffälligen) Plastikfahrzeugen, sondern auch wieder in Form von etwas echter Manöver-Stock-Footage in Erscheinung. Abschließend soll zu Optik und Effekten noch angemerkt werden, dass die Monsterkämpfe tadellos choreografiert wurden, bei den Zerstörungs-Sequenzen aber (nicht zum ersten Mal, übrigens) irritiert, dass fast alle dem Monsterwüten zum Opfer fallenden Gebäude mit großem Pyro-Getöse in die Luft fliegen – das mag okay sein, wenn sie von Ghidorahs Strahlen zerlegt werden, aber wenn Godzilla irgendein Haus umschubst, dann sollte es doch einfach einstürzen und nicht spontan an zehn Stellen gleichzeitig explodieren. Darstellerisch, nun ist von den Menschen die Rede, erreicht Godzilla – Duell der Megasaurier unter dem Strich leider nicht einmal den Durchschnitt dessen, was im Kaijū Eiga üblich und auch akzeptabel ist. Hieran trägt schon Kôsuke Toyohara (nach einem Mini-Auftritt in Godzilla – Der Urgigant mit seinem zweiten Kaijū-Eiga-Einsatz) in der nominellen Hauptrolle eine gewisse Mitschuld, der als Kenichiro Terasawa zwar grundsätzlich recht angenehm ist, aber allzu blass bleibt – ich hatte für lange Zeit Mühe, in seiner Figur überhaupt den Helden des Geschehens zu erkennen. Allerdings darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass er vom Skript wie oben schon angedeutet auch keine Chance bekommt, irgendetwas Auffälliges (geschweige denn Großes) zu leisten und seine Figur in der Regel lediglich der wesentlich aktiveren Emi Kano hinterhertrottet. Nicht nur blass, sondern zum Teil sogar unterirdisch agieren derweil die prominent mitwirkenden Amerikaner. Das gilt sowohl für Chuck Wilson, der als Zukünftler-Chef Matt Wilson zu sehen ist, und noch viel mehr für den unablässig debil grinsenden Richard Berger als Grenchiko. Chuck Wilson hatte über die Jahre verstreut noch ein paar weitere kleine Auftritte in japanischen Filmen, während Richard Berger völlig zu Recht nie wieder vor eine Kamera gelassen wurde. In der IMDb wird Chuck Wilsons Figur übrigens auch als Chuck Wilson geführt – die deutsche Synchronisation weicht bei den Namen warum auch immer in einigen Fällen leicht ab. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie „falsch“ ist, da zum Beispiel auch von „King Ghidrah“ gesprochen wird (mit Blick auf ein paar internationale Titel streiten sich da zwar milde die Geister, aber in Japan heißt es nun mal „Kingu Ghidora“). Etwas besser als seine Landsleute Wilson und Berger schneidet Robert Scott Field in der Rolle des Androiden M 11 ab, aber weniger aufgrund darstellerischen Könnens als vielmehr dadurch, dass er eine letztlich grundsympathische und für etwas Heiterkeit sorgende Figur verkörpert. Mit Blick auf Megumi Odaka vergeht einem die Heiterkeit freilich sehr schnell wieder: Sie verkörpert wie schon im Vorgänger Godzilla – Der Urgigant und leider auch zukünftig die Segelohr-Telepathin Miki Saegusa (in der vorliegenden Synchro Miki Sanchi), die mir im vorliegenden Film allerdings deutlich weniger auf den Wecker gegangen ist als bei unserer letzten Begegnung – vermutlich deshalb, weil sich Godzilla – Duell der Megasaurier mehr um Teleportation als um Telepathie kümmert. In kleineren Rollen sind überdies noch weitere Kaijū-Eiga-Bekannte zu entdecken – zum Beispiel Katsuhiko Sasaki, der bereits den Erfinder Goro in King Kong – Dämonen aus dem Weltall sowie den Biologen Ichinose in Die Brut des Teufels gegeben hat und hier als führender Wissenschaftler Professor Mazaki zu sehen ist. Wie in den beiden genannten Filmen ist sein Auftritt aber wenig memorabel. Als Wirtschaftsboss Yasuaki Shindo sehen wir Yoshio Tsuchiya, seinerseits als „Nummer 1“ der Alien-Invasoren in Befehl aus dem Dunkel und Forscher Furukawa in Frankensteins Monster jagen Godzillas Sohn unterwegs, wozu sich noch kleinere Auftritte in Godzilla kehrt zurück, Frankenstein und die Monster aus dem All sowie den Non-Godzilla-Kaijū-Eiga Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht, Varan und Weltraumbestien gesellen. Und auch Kenji Sahara ist kein Neuling – er spielte bereits den Erfinder Fujita in Die Rückkehr des King Kong, den fiesen Mothra-Ei-Investor Jiro Torahata in Godzilla und die Urweltraupen und (eine sehr kleine Rolle ...) den als Lokführer tätigen Vater des Kinder-Protagonisten Ichirô in Godzilla: Attack All Monsters. Hier bleibt er als Minister Segawa genauso unauffällig wie seine beiden zuvor genannten Kollegen. Nun wird’s Zeit für eine erfreuliche Nachricht: Den mit Abstand besten Eindruck hinterlässt Anna Nakagawa als schmucke und charakterfeste junge Zukunfts-Abgesandte Emmy (in der deutschen Synchro Emi) Kano, die nicht nur recht sympathisch wirkt, sondern hin und wieder sogar Anflüge von Schauspiel erkennen lässt. Sehr schön. Eher physisch gefordert sind schließlich die Herren in den Monstersuits – wir sehen (beziehungsweise sehen eben nicht) den Godzilla-Stammdarsteller Kenpachirô Satsuma als, ähm ... Godzilla, „Hurricane Ryu“ Hariken als King Ghidorah und Wataru Fukuda als Godzillasaurus auf der Insel Ragos. Der Score stammt zu guter Letzt wieder einmal vom großen Akira Ifukube, bedient sich aber gewiss auch alter Arbeiten des Meisters – ich bin nicht sicher, ob für Godzilla – Duell der Megasaurier umfangreiche eigene Kompositionen entstanden sind. Es ist im Prinzip egal: So oder so veredelt seine Arbeit auch diesen Film, wobei man auf das legendäre Godzilla-Leitthema ziemlich lange warten muss, in der Schlussphase aber ausreichend entschädigt wird.

So bleibt ein ambivalent beurteilbarer, mit Blick auf technische Aspekte nur mäßig gut gealterter, wie sein Vorgänger überfrachteter und (solange man den Windungen seiner Drei-Zeitebenen-Story folgen will) etwas anstrengender, gerade durch diesen Ereignisreichtum aber auch sehr kurzweiliger und zunehmend wuchtiger Kaijū Eiga. Dadurch, dass er sich nicht bleischwer gibt, einem bereits in den Sechziger- und Siebzigerjahren ausreichend erprobten Konzept folgt und auch die Monsterfauna der Tōhō nicht essenziell erweitert, ist er allerdings nur noch als eine Art Shōwa-Heisei-Hybrid (mit einer Mehrzahl an Shōwa-Genen) wahrnehmbar – wer nach dem 1984 vollzogenen Neustart der Filmreihe bahnbrechende Veränderungen erhofft hatte, sollte sich spätestens hier enttäuscht sehen. Andererseits durfte (und darf) man auch nicht zu viel erwarten: Der Schritt hin zu wirklich innovativem Kaijū-Kino wäre ein großer, ja sogar sehr großer und daher auch mit unkalkulierbaren wirtschaftlichen Risiken verbundener gewesen – dass ihn die Tōhō Company und der immer noch fleißig als Produzent tätige Tomoyuki Tanaka nicht gehen wollten, ist verständlich. Nehmen wir’s, wie’s ist. Ich für meinen Teil hätte mir abschließend nur gewünscht, dass es die Autoren des nächsten Godzilla-Streifens mit dem Nationalbewusstsein nicht endgültig übertreiben und möglichst die mythische Monstermotte Mothra „in der Mottenkiste“ lassen ... aber das konnte ich mir sparen, weil ich schon weiß, wie sich die Dinge entwickeln. Für heute und mit Godzilla – Duell der Megasaurier bin ich aber erst einmal hoch zufrieden.

8 von 10 Punkten aus persönlicher Sicht, ansonsten sollen es 6 von 10 sein.

(04/24)




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