Greenland
Filme wie Greenland, erinnern uns daran, dass die Erde einer permanenten kosmischen Bedrohung durch Gesteinsbrocken aus dem All ausgesetzt ist. Weil dies aber so selten geschieht, machen wir uns in unserem Alltag wenig Gedanken darum, bis es dann tatsächlich passiert.
Mit dem 6. Mai 2022 im Hinterkopf, dem Tag, an dem uns 2009JF1 gefährlich nahe kommen und mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 99% verfehlen wird, schreibe ich diese Zeilen.
Greenland spielt mit diesem Szenario, wie schon viele Hollywoodfilme es bereits zuvor getan haben. In diesem Fall handelt es sich um den fiktiven Kometen 'Clarke', der erst kurz vorher entdeckt worden war, jedoch nicht als Bedrohung eingeschätzt wird, zumindest nicht offiziell.
Doch bereits die hohe Militärpräsenz am Himmel lässt unsere Protagonisten John Garrity - gespielt von Gerard Butler - aufhorchen. Für John Garrity läuft nicht alles gerade optimal. Von seiner Frau Allison (Morena Baccarin) lebt er seit einem Seitensprungs getrennt und nur für seinen Sohn Nathan kehrt John nach Hause zurück, um seinen Geburtstag zu feiern. Die Nachbarn sind alle zum Grillen eingeladen und Clarks Verglühen in der Atmosphäre soll der spektakulare Höhepunkt des Tages werden. Doch bereits während des Einkaufes klingelt unerwartet Johns Handy. Eine automatisierte Nachricht teilt ihm mit, dass er als einer der wenigen Menschen von der Regierung auserwählt wurde, um den bevorstehenden Einschlag Clarks in einem unterirdischen Bunker zusammen mit seiner Familie zu überleben.
Dass das mit vielen Komplikationen verbunden ist, versteht sich von selbst, vor allem wenn der Sohn Diabetes Typ 1 hat und in der Eile das Insulin in Auto vergessen wird.
Das Script von Chris Sparling versucht glücklicherweise nicht, das große Katastrophenkino der 70er bzw. der 90er nachzuahmen. Dort ging es um viele verschiedene Handlungsstränge, große Stars und Effektbombast. In diesen Filmen gibt es die Wissenschaftler, die die nahende Katastrophe entdecken, Szenen mit dem Präsidenten im weißen Haus, spektakuläre Rettungsaktionen, eine große Liebesgeschichte und natürlich ganz viel Katastrophen-Spektakel. So gerne ich Filme wie Meteor, Armageddon oder Deep Impact mit all ihren Stärken und Schwächen sehe, bin ich froh, dass Greenland uns viele Klischees erspart und die Katastrophe aus einem eher intimen realistischen Blickwinkel erleben lässt. John Garrity ist kein Actionheld, sondern einer von vielen verzweifelten Menschen, die sich und ihre Familie in Sicherheit bringen wollen. Das bedeutet nicht, dass actionreiche Szenen Mangelware wären. Stattdessen werden diese eher gezielt und punktuell eingesetzt. Vielmehr setzt Regisseur Ric Roman Waugh auf den menschlichen Aspekt der Geschichte ohne dabei in rührselige Bereiche abzudriften. Im Kontrast dazu, wirken die Katastrophenszenen umso stärker, da die Menschen der kosmischen Bedrohung ziemlich hilflos und ratlos gegenüber stehen.
Dabei wissen die Darsteller zu überzeugen. Gut gefallen hat mir auch der kleine Auftritt von Scott Gleen als Allisons Vater, der in seinem Muskelshirt für einen 80jährigen immer noch bemerkenswert fit aussieht.
Punktabzug gibt es dennoch. Da ist zum einen die teils sehr unruhige Kamerarbeit, die zuweilen etwas anstrengend sein kann. Zwar nimmt das nie die grausigen Ausmaße eines 'Bourne Ultimatum'an, dennoch haben aktuelle Filme wie John Wick gezeigt, dass Wackelkamera und Schnittgewitter, die um die 2010er herum so manchem Film geschadet haben, eigentlich nie eine gute Idee waren.
Ein anderer Kritikpunkt betrifft die schwache Beleuchtung. Gut ein Drittel des Films spielt bei Nacht. Gerade bei Szenen innerhalb von Autos wird es da schon mal sehr dunkel.
Potential hätte das Drehbuch hier auf jeden Fall noch nutzen können. Denn Greenland ist ein Film der meist unter ständiger Spannung steht, bei dem die Figuren immer etwas blass daherkommen. Sicher, Allsion und John sind aufopferungsvolle Eltern, die wie alle anderen versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. Aber gerade die Ehekrise hätte man auch genauso gut weglassen können, da sie weder zur Handlung beiträgt, noch irgendwelche nennenswerte Auswirkungen hat.
Das wichtigste schafft das Drehbuch dennoch: Die Bedrohung durch Clark fühlt sich echt und überwätigend an, eben weil der Blick auf der Familie bleibt. Gerade wenn der gewaltige Brocken kurz vor dem Eintreffen bedrohlich brüllend über den Himmel rauscht, kommt einem der Gedanke, dass in Wirklichkeit genauso sein könnte.
Wer also kein episches Katastrophen-Hollywood-Kino erwartet, wird mit Greenland einen durchaus gelungen Film vorfinden, der zwar eine bekannte aber stets aktuelle Idee neu verarbeitet, dies jedoch auf packende Weise zu erzählen weiß.