Review

In Gruselgeschichten für Kinder befindet sich das Monster häufig unter dem Bett, was zur Folge hat, dass sie nachts unruhig schlafen oder vor lauter Furcht ins Bett der Eltern huschen.
Auch hier befindet sich in der Ausgangssituation ein Täter, ein Stalker unterm Bett seines Opfers, was jedoch nicht so viel Suspense zutage fördert, wie es der eigentliche Umstand zuließe.

Mitsui ist ein unscheinbarer Typ, ein Außenseiter. Vor elf Jahren hatte er einmal ein Kaffeetrinken mit der gleichaltrigen Chihiro, die er seither nicht mehr vergessen konnte. Nach Recherchen findet er ihre Adresse, mietet sich gegenüber ein und entwickelt die Obsession, Chihiro möglichst nahe zu sein. Dabei bleibt Mitsui nicht verborgen, dass Chihiro ein Opfer häuslicher Gewalt ist…

Regisseurin Mari Asato führt das Publikum mit ihrem Psychodrama in ein moralisches Dilemma: Obgleich Mitsui seiner Angebeteten (wahrscheinlich) nie physisch gefährlich werden dürfte, ist dies in der Ehe von Chihiro anders, da sie regelmäßig Opfer körperlicher und sexueller Gewalt ist. Schlimmer wiegt jedoch das Wissen über jene Gewalt des stummen Zeugen Mitsui, dessen Passivität das Leiden seiner vermeintlich Geliebten unnötig verlängert.

Via voice-over des Stalkers erfahren wir einige Hintergründe über Mitsui, was phasenweise mit kurzen Rückblenden einhergeht. Während der Vergleich mit Insekten, die sich unter einem Stein verstecken reichlich hinkt, bringt es die Situation mit dem Klassenfoto recht gut auf den Punkt: Außenseiter der Gruppe stehen fast immer ganz hintern, leicht verdeckt oder sie waren während des Fotografierens gar nicht da und eine solche, nahezu vergessene Person hatte wahrscheinlich jeder in seiner Klasse. Wobei unauffällige Leute nicht zwangsläufig zu soziopathischen Individuen mutieren müssen.

Leider fällt die Erzählung über weite Teile repetitiv aus und selbst einige Rückblenden wiederholen sich im Verlauf. Aus der titelgebenden Beobachtungssituation heraus hätte man deutlich mehr entwickeln können wie etwa ein Katz – und Mausspiel innerhalb des Hauses, doch Mitsui hat in nahezu allen Situationen mehr Glück als Verstand, während die obsessiven Rituale in seiner kargen Behausung keine Entwicklung erfahren.

Deutlich schonungsloser sind hingegen die Gewaltakte in der Ehe Chihiros in Szene gesetzt, was auf zart besaitete Betrachter durchaus verstörend wirken könnte. Zwar sind die sexuellen Erniedrigungen nie explizit in Szene gesetzt, doch das Andeuten einiger Vorgänge reicht bereits aus. Umso unverständlicher, dass der Streifen teilweise als Erotik-Thriller angepriesen wird, was angesichts der Vorgänge kaum unpassender sein könnte.

Letztlich stehen einige intensiv inszenierte Szenen einer merklichen Leere gegenüber, was gewiss so beabsichtigt war, zumal die moralisch, emotionale Erwatungshaltung des Publikums ein ums andere mal untergraben wird. Das ist darstellerisch passabel umgesetzt und wird musikalisch zweckdienlich untermalt, doch ein maximierter Konfrontationskurs hätte der Erzählung auf Dauer gewiss nicht geschadet und deutlich mehr Spannung ins Spiel gebracht.
5,5 von 10

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