<!--StartFragment -->Dass man sich mit Wong Chuns Regiearbeit zwar in dem gleichen Metier des Jiangshi, dort aber in etwas anderer als üblicher Bearbeitung befindet, zeigt bereits der Beginn des zwischen modern day und comic book Atmosphäre pendelnden Filmes exemplarisch auf. Die Attacken des Vampirs im nächtlichen Blaufilter als gärende Einfühlungsästhetik vollziehen sich nicht nur auf eine äußerst zügige, sondern auch recht barsche Art und Weise, in der mitsamt Slasher-Motiven einschließlich subjektiver Kamera und schwerem Atmen des Angreifers nichts mehr von der eher auf die leichte Schulter nehmenden Gehüpfe und Gespringe seiner sonstigen chinesischen Artkollegen über ist. Auch wird hierbei kurzer Prozess mit den bemitleidenswerten Opfern gemacht, die eigentliche Aggression oft heimtückisch, hinterrücks, in wenigen Sekunden und ohne großartige Möglichkeit zur rettenden Verteidigung und des Blutsaugers Gelage nach dem grausamen Mord umso ergiebiger vollzogen. Außerdem ähnelt der Nimmersatt dabei mehr einem Zombie als dem üblichen Eindringling der gotischen Vergangenheit, zerstreut, aufgesogen und verbraucht, als Produkt der zeitgenössischen Welt, in der der Terror der Modernisierung den Standard alter Mythen und frommer Rituale ablöst.
Als definierende Eigenschaft lässt sich deswegen auch eine Vereinbarung von präziser Gewissenhaftigkeit in der Erzählung mit der Technologie des filmischen Schwindels kennzeichnen. Denn obwohl die Denkmethode auch hier erstmal präformiert erscheint und sich die Dramaturgie auf das verhältnismäßig beiliegende Gefilde gerade auch um andere Vertreter wie den ebenso in der Jetztzeit spielenden Mr. Vampire 2 fokussiert, ficht man in dissonanten Schärfungen die Grenzen des Genres an, ohne sie gleich gänzlich aufzutrennen. Man verweigert sich allzu strengen Beschränkungen der Zwickmühle einer gesättigten Erfindung, verwehrt sich aber nicht den bisher konstituierten Positionen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten, um auf dieser Sicherheit beruhend weitere, neue Zeichenkonstanten auszulegen. Ein getarntes Geschöpf. Konventionelle Szenentypen in differenzierter Ausgestaltung. So hat der Zerstückelnde Serientäter hier genauso Angst vor den Reliquen des Kreuzes, des Weihwassers und auch des Holzpflocks, lässt sich darüber hinaus von Nichts und Niemand aufhalten, verhält sich schmerz-, kugel- und feuerresistent und wagt sich gegen eine Schwadron heranstürmender Polizisten ebenso wie er diese Stoffpuppen gleich problemlos in die nächstbeste Glasscheibe wirft. Begleitet wird das nächtliche Treiben, sein Getobe und Getöse deswegen natürlich von den wilden Rhythmen der Tratsch- und Klatschpresse, der Spekulativität in großen Lettern:
"Another Teenage Girl killed by Sex Maniac" titelt das lokale Schundblatt, dessen Chefredakteur [ Wu Ma ] seinen besten und eifrigsten Reporter Liao Chi-piao [ Kent Cheng ] zusammen mit einem weniger dienstbeflissenen Kollegen [ Stephen Chang ] auch in der wenigen Freizeit noch antreibt, ihm ja die richtigen Schlagzeilen als Verkaufsargument zu liefern. Sehr zum Ärgernis von Inspector Chen [ Parkman Wong ], in dessen Amtsrevier sich zwar die Leichen stapeln, aber außer dem gleichen Modus Operandi nichts weiter festzustellen ist, und der die Pressemeute als einzig greifbares Ziel deswegen umso härter in Beschlag nimmt. Als Liao bei seiner unermüdlichen Recherche als Zeugen den Autoknacker Mo Da-mao [ Gwaan Chiu-chung ] trifft und ihn mit etwas Bezahlung auch zur weiteren Nachforschung anhalten kann, bringt er nicht nur sich, sondern auch seine angehende Freundin Angie Lin [ Emily Chu ] und seine Mutter [ Wang Lai ] in verheerende Gefahr.
Dekonstruktive Aktivitäten und Individuelle Entitäten in einer nicht nur scheinbar eindeutigen Situation sind das stilbestimmende Prinzip in diesem grafischen Schauspiel, mit Blick für die allein notwendige Entscheidung. Der Skeptiker in der Geschichte, der Polizist, der eher agiert, als sei er von der Public Relations Truppe statt der Mordkommission, glaubt weder an die Theorien des erstmal Aufgeschlossenen und kommt deswegen und seiner auch sonstigen Verweigerungshaltung nicht nur nicht an die Auflösung des Falles heran, sondern auch am Tatort immer zu spät, um noch irgendetwas bewirken oder gar verhindern zu können. Die bis zum Schluss hinaus anhaltenden und durchziehend häufigen Diskussionen um je nach Ansicht die Beschneidung der Pressefreiheit und Flucht aus der Verantwortung oder Einmischung in interne Angelegenheiten und Aufstacheln der Bevölkerung nehmen dabei überraschend großen Raum in der Handlung ein, allerdings nur als bewusste Profilierung des narrativen Grundmusters. Als List, die miteinbezieht, in einer Gleichzeitigkeit von Handlung und Kommentierung und ohne die Fragwürdigkeit des einen oder des anderen genauer in Augenschein oder gar als Angelpunkt des Textes zu nehmen.
Denn auch wenn einige Male [auch zur Einbringung von nicht vergessender Situationskomik] mit der Doppelschichtigkeit von Schein und Sein und the act of showing VS the act of telling gespielt wird – Liao möchte seine Geschichten mit gefakten Fotos anreichern, bei dessen Inszenierung der wahrhaftige Todesengel auftaucht, aber der gestellte von den Gesetzeshütern unter Beschuss genommen wird –, Kernstück bleibt die Jagd auf den Täter und der Gebrauch von der Auflösung der realen Welt mit der Vorstellungswelt. Das aktive Treiben der Hatz auf etwas meuchlings Aussätziges, angenehm schnörkellos und auf den Punkt, an bevorzugt dunklen Stellen und morbiden Institutionen. So begibt sich der Reporter um der Wahrheit wegen und der Kriminelle um des Geldes an Orten, die schon bei Tageslicht den Schauer über den Rücken jagen, hangeln sich von Nacht zu Nacht, schleichen sich durch eine Blutbank, die Leichenhalle, eine verlassene Kirchenruine und das neblichte Haus.