Die Sniper-Saga als derzeit nicht nur wohl langlebigste Direct-to-Video Reihe, sondern auch die mit dem größten personellen Zusammenhang und der qualitativ beständigsten Konsistenz. Die beiden hier auftretenden Darsteller Chad Michael Collins und Urgestein Tom Berenger waren als Vater-Sohn-Gespann Beckett bereits in Sniper: Legacy (2014) und Sniper: Homeland Security (2017) zu sehen, während Collins selber ab Sniper: Reloaded (2011) an den Start und auch in Sniper: Ghost Shooter (2016) zu Werke ging. Beibehalten sind mit Destination Films und Sony Pictures Home Entertainment auch die Verantwortlichen dahinter, ausgetauscht und erstmals genutzt wurde dafür mit dem weitgehend unbekannten Kaare Andrews ein neuer Regisseur:
Durch gefälschte Beweise am Tatort bei dem Attentat auf einen hochrangigen Politiker im lateinamerikanischen Costa Verde gerät der Scharfschütze Brandon Beckett [ Chad Michael Collins ] als Hauptverdächtiger in das Visier von Agent John Franklin [ Lochlyn Munro ], der ihn auch sofort in Haft nimmt und verhört. Bei der anschließenden Überstellung jedoch wird der Konvoi von russischen Söldnern um Vasily Petrov [ Sasha Piltsin ] beschossen; Beckett kann fliehen und wendet sich an seinen Vater Thomas Beckett [ Tom Berenger ], da er diesen noch als Einzigen vertrauen kann. Währenddessen gräbt Homeland Security Agent Zeke 'Zero' Rosenberg [ Ryan Robbins ] zusammen mit der für Franklin tätigen Computerspezialistin Agent Juliet Clover [ Emily Tennant ] einer anderen Spur nach, die ihn nach Vancouver zu Drake Phoenix [ Michael Jonsson ], dem Sicherheitsbeauftragten einer Pharmafirma und dem dortigen CEO Donald South [ Vincent Gale ] führt.
Andrews soll die Geschichte weiterführen, die treuen Zuschauer nicht verprellen und die neuen dennoch ködern, die Serie zu weiteren Fortsetzungen treiben und die Schlagzahl noch erhöhen. Eine Wahrung der Tradition, die selbst diese Reihe mittlerweile aufgebaut hat, plus einige kleinere Details wie speziell Bild und Ton beim Einblenden des Titels, die gleichzeitig 'modern', da retro und gleichzeitig passend wie unpassend sind. Die erste Aufmerksamkeit beim Einsatz eines neuen Scharfschützen, diesmal in der exotischen und in der weiblichen Variante. Dazu ein Überlappen von parallel Details und Unschärfen in der Eingangsszene des Attentates, sowie ein Überschneiden verschiedener Realitäten oder verschiedener Blickwinkel – beim ersten Attentat sieht man den Treffer per Handy als Liveschalte im Vordergrund, während der Schütze für den Zuschauer weit hinten verschwommen auf seinem Posten liegt; bei der Festnahme von Beckett wird quasi die Wirklichkeit mit einem Computerspiel korreliert –, und einer gängigen Geschichte, die vom Bauernopfer und unschuldig verdächtigten nämlich. Was zuletzt schon in Angel Has Fallen am Rotieren war und hier trotz mehrerer Nummern kleiner und teilweise als 1:1 Kopie mit einem Zehntel an Aufwand und Möglichkeiten ebenso konventionell und mit all den üblichen Klischees (ein wenig Folterbrutalität seitens der Gesetzeshüter als Zweck-heiligendes Mittel, eine Verschwörung, der Maulwurf in den eigenen Reihen, der Austausch von Vietnamkriegsgeschichten am Lagerfeuer und dem Anpreisen eigener Narben vom Schlachtfeld) funktioniert.
Kleine Spitzen einer ansonsten gewohnt zeitlosen, etwas blassen, in British Columbia gedrehten Präsentation, die Bilder leicht gedämpft und eher mit ein wenig stählern blauen Schleier behangen statt durch den Filter ins Grelle verklärt, die Dialoge meist auf den Punkt und die Handlung mit einfachen und vor allem auch wenigen Worten, aber dennoch einem Dickicht aus Befragungen und Auseinandersetzungen erklärt. Die Figuren maskulin bis kantig, Profis des Metiers, das Umfeld fiktiv politisch und mit einer Geklüngel-, Verschwörer-, Militär- und auch ein wenig Bürokratie- und Kompetenzgerangelmentalität. Durch Locationhopping von 'Costa Verde' über Langley, die Provinz um Seattle und Washington, San Francisco, Vancouver, Montana und zurück schon in den ersten Minuten wird Weltgeschehen angedeutet, während man produktionstechnisch eher im kleinen Soliden hängt und durch ein ebenso kleineres einstelliges, aber gut genutztes Budget (inklusive echten Helikoptern, heute schon ein Novum, und eine präsente Riege aus Nebenfiguren) beschränkt. Mittig hängt das Ganze ein wenig durch, ansonsten ist der Bass wummernd, die Schüsse sind laut, die Waffen groß und schwer.
Hauptdarsteller Collins, der ein Doppelgänger seines Namensvetters Chad Michael Murray und genau die gleiche Type, wenn auch mit dickeren Oberarmen und eben hierdurch und auch nur hierdurch auch der Actionfilm-Karriere ist, betätigt dabei den Abzug das erste Mal nach etwa 20 Minuten; einer Konfrontation mitten auf der Landstraße in Seattle, bei der er samt seinen Wärtern in einen offensiven Hinterhalt geraten und der Wagen als Spielball eines motorisierten Rammbocks genutzt wurde und anschließend von beiden Seiten ins wilde Feuergefecht gerät. Mittig wird ein Deltateam im Wald mit präzisen (anders als teilweise den Vorgängern allerdings nicht splattrig ausgewalzten) Kopfschüssen dezimiert, eine Abfolge aus ruppiger großkalibriger Schnelligkeit und dem zeitlupenreichen Visualisieren, welches prompt in ein dreigeteiltes Scharfschützenduell und passend dazu auch das Bild für einen Moment zu einem dreiteiligen Splitscreen gefriert. Zwei, drei dazwischen als Pausenfüller eingebrachte Handgreiflichkeiten sind trotz guter Choreografie leider verwackelt bis zitternd eingefangen, und ein richtiger Showdown bleibt trotz Option dazu und Andeutungen auch aus, das leidige Malheur.