Seitdem der deutsche Filmemacher Marcel Walz in LA weilt und dort seine Werke realisiert, scheinen die ungezügelten Zeiten des rauen Independentfilms vorbei zu sein. Von Splattereinsätzen wie in „Raw“ oder „Tortura“ ist er mittlerweile weit entfernt und versucht sich stattdessen an einer Variante von „Warte, bis es dunkel ist“.
Hollywood Hills: Vor einem Jahr verlor Schauspielerin Faye (Sarah French) bei einer fehlgeschlagenen Laser-OP ihr Augenlicht, seitdem lässt sie kaum jemanden an sich heran. Dabei bemerkt sie nicht, dass sich bereits ein maskierter Stalker ganz in ihrer Nähe eingenistet hat…
Wecken die Credits, deren Font mit entsprechenden Punkten an die Blindenschrift erinnert, noch Hoffnung auf eine durchdachte Thematik, zerplatzt diese binnen weniger Minuten während der Einführung der Hauptfigur. Diese versucht dermaßen angestrengt bestimmte Punkte zu fixieren, dass man ihr die Blindheit kaum abnimmt, während ihre Freundin (mit milchigen Kontaktlinsen ausgestattet) ihren Kopf stets so neigt, um die übrigen Sinne, vor allem das Gehör in Position zu rücken, was deutlich authentischer rüberkommt. Aber das sind nur geringfügige Mankos in Relation zu dem eigentlichen Problem: Es ereignet sich schlichtweg nichts.
Finden im ersten Drittel noch Treffen mit oben genannter Freundin und einem stummen Coach statt, verbringt man in der zweiten Hälfte zwangsläufig viel Zeit mit Faye allein, was nicht sonderlich erbaulich ist, zumal die Dame lediglich zwischen Rotwein trinken und mit sich selbst tanzen schwankt, wenn sie sich nicht mal wieder ausgiebig im Selbstmitleid suhlt.
Aufschluss über den Killer erhält man ebenfalls kaum, welcher offenbar ein Faible für Lichterketten hat und anbei mit Puppen herumspielt. Seine schlichte Maskierung als „Pretty Boy“ mit strahlend blauen Augen und gelben Haaren hat aber was und strahlt eine leicht melancholische Note aus.
Die wenigen Ableben könnten derweil kaum unspektakulärer inszeniert sein. Eine Strangulation ist noch ansatzweise zu sehen, andere Fälle spielen sich komplett im Off ab. Die Entnahme eines Augapfels im Halbdunkeln ist die einzig nennenswerte Gewalteinlage.
Spannung sucht man ebenfalls vergebens, denn obgleich der Killer irgendwann im Haus ist und Faye dieses aufgrund ihrer übrigen geschärften Sinne eigentlich merken müsste, bleiben entsprechende Schritte aus. Für das Anzünden zahlreicher Kerzen und Platzieren vieler Dekolichter, die für Blinde ja wahnsinnig viel Sinn ergeben, war hingegen noch Zeit.
Was dem Unterfangen letztlich den Todesstoß versetzt, ist das abrupt gesetzte, reichlich offene Ende, welches wohl eine Fortsetzung ankündigen soll. Im Zuge vorliegender Langeweile und Ansammlung geballter Redundanz möge Walz davon besser Abstand nehmen. Und auch von einem überstrapazierten Score, der jede harmlose Szene überdramatisiert, wodurch kaum ein Moment ohne Gedudel auszumachen ist.
1967 untermauerte Audrey Hepburn im oben erwähnten Klassiker, wie das Mitfiebern mit einer Blinden funktionieren kann. Walz hingegen setzt auf eine wenig charismatische und kaum überzeugende Hauptdarstellerin, inszeniert lahm, ereignislos und frei von Suspense und versucht mit Lichtspielchen und Spiegelungen Atmosphäre zu schüren, was gründlich misslingt. Der Begriff „Blindgänger“ muss neu definiert werden…
2 von 10