Wer sich vor die Qual der Wahl zwischen Zivil- oder Grundwehrdienst gestellt sieht, dem sei die ausgezeichnete Dokumentation von Aelrun Goette ans Herz gelegt. In knapp 90 Minuten begleitete sie 2002 vier Frauen während der ersten drei Monate, der AGA (Allgemeine Grundausbildung), und liefert damit ein authentisches Bild ab, was einen Rekruten, egal welchen Geschlechts, bei dieser Truppengattung (Panzergrenadier) erwartet. Ich behaupte mal so ein Urteil fällen zu können, weil ich selbst das Privileg (*hüstel*) hatte, dort dienen zu dürfen (u.a. auch mit Frauen).
Dass dieser Film letztlich so ungeschminkt tatsächlich so im Fernsehen erscheint und von Seiten der Pressestelle der Bundeswehr nicht überarbeitet wurde, wundert schon ein wenig, denn er zog für die Beteiligten diverse Disziplinarmaßnahmen nach sich. Der Zugführer („Mit meiner Einstellung, hätte ich früher sicherlich auch in der Wehrmacht gedient“) und ein aufgrund seiner Äußerungen im Film wohl auch später entlassener Unteroffizier („Gebt mir eine Pistole und ich erschieße diese Frau“) geben hier unreife Kommentare und Ansichten jenseits von Gut und Böse ab, weshalb der Bericht letztlich nicht gerade ein positives Bild auf die Bundeswehr wirft.
Das Mobbing und der Drill, auch Dummfick genannt, entspricht soweit der Wirklichkeit, auch wenn es dieser Zugführer mit seiner Härte wohl besonders gut meinte. Krank geschriebene Soldaten werden selbstverständlich, nicht wie hier gezeigt, nicht mit ins Gelände genommen, geschweige denn dazu gezwungen. Das konsequente Anbrüllen und Erniedrigen, die Schikane beim Stube- und Revierreinigen haben ebenfalls nichts mit der so hochgelobten und auch bei uns so oft zitierten „modernen“ Menschenführung zu tun. Klar, die ersten drei Monate sind hart und man wird bis an seine Leistungsgrenze und darüber hinausgetrieben, geschliffen und geknechtet, was hier aber abgehalten wird, übertrifft phasenweise jedoch die „gesunde“ Härte bei weitem. Unter anderem muss ein Biwak abgebrochen werden, weil sich letztlich der halbe Zug krank meldet und das hat in dieser Masse wohl weniger mit der Mentalität der „Turnschuh-Generation“, wie sie der Zugführer nennt, zu tun. Überhaupt muss man sich mal überlegen, was man hier für Ausbilder vor sich hat, die solche Kommentare bei vollem Verstand in die Kamera bellen! Das Stichwort Zivilversager fällt von Seiten der Rekruten mehrmals...
Die vier Frauen im Zug sind zumindest teilweise mit der falschen Ein- („Wieso soll ich mir die Haare abschneiden? Kann ich doch noch bei dem ein oder anderen Vorgesetzten gebrauchen!“) und Vorstellung (u.a. noch nie im Freien gepennt) an ihren Job bei der Bundeswehr gegangen, haben sich mit dem Töten von Menschen, worauf die Ausbildung nun mal abzielt, auch nie auseinander gesetzt und planen bereits während der ersten Monate Dienstvergehen (Krankheit vortäuschen). Festzuhalten ist jedoch, dass die Werber auch meist das Blaue vom Himmel erzählen, von ach so tollen Fortbildungsmaßnahmen, einer Ausbildung, die später auch auf dem zivilen Sektor genügt und natürlich Geld. Hat man die ersten drei Monate überstanden, wird der Umgang mit den Fortgesetzten tatsächlich lockerer (so zumindest meine Erfahrungen), aber wer sich zum Grundwehrdienst meldet, muss die AGA durchhalten oder kapitulieren.
Leider vergisst Aelrun Goette den Umgang mit den männlichen Rekruten (Da es bei uns beispielsweise seinerzeit keine sanitären Einrichtungen extra für Frauen gab, führte das öfter zu Problemen...) näher unter die Lupe zu nehmen und zeigt stattdessen die eher uninteressanten privaten Seiten der weiblichen Soldaten. Ihre Kameraden äußern sich hin und wieder nicht unbedingt erfreut, über die vier, beziehungsweise deren Leistungsbereitschaft, stellen jedoch auch fest, dass sie von den Vorgesetzten gemobbt werden.
Ob mehrtägiges Biwak, Geländemärsche, Rekrutenbesichtigung oder Übungsschießen die Kamera ist stets wertfrei dabei, fängt einzelne Kommentare ein und baut auf den mitunter etwas einfältigen Realismus. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer brechen unter solchen Strapazen zusammen. Nun gut, es sollte ein Film über das weibliche Geschlecht in der Bundeswehr werden...
Fazit:
Disziplin und Schliff sind in den ersten Monaten des Grundwehrdienstes zwingend notwendig um aus den von Grund auf unterschiedlichen Individuen eine kameradschaftliche Einheit zu formen, die sich aufeinander verlassen können. Die in „Feldtagebuch“ gezeigte Realität, ist allerdings klar überdurchschnittlich hart und es laufen wirklich nicht nur verbrämte, frauenfeindliche Unteroffiziere bei der Bundeswehr herum. Trotzdem sind Frauen in dieser „Männerdomäne“ nicht zuletzt aufgrund ihrer Einstellung (Wobei man da auch nicht alle über einen Kamm scheren kann...) gern gesehen. Ich will hier nicht verschweigen, dass es (für mich) auch gute, unvergessliche Erfahrungen innerhalb dieser neun Monate gab, doch die schließen sich eigentlich erst an die AGA an, denn die ist zumindest bei den Panzergren. eine fordernde Zeit sondergleichen. Von daher ein großes Lob für so eine wertfreie, realistische und nicht reißerische oder gar polemische Dokumentation über die Bundeswehr und ihre Rekruten.