Ein Serienmörder geht um in Europa. In London, Madrid, München, Stockholm werden jung verheiratete Paare gefunden, die in grauenhaft zerstückelter Art berühmten Kunstwerken nachempfunden sind, die in ebendiesen Städten in den Museen stehen. Einzig der New Yorker Cop Jacob Konan, dessen Tochter und Schwiegersohn die Londoner Opfer sind, erkennt die Zusammenhänge und schafft es, die durch die europäische Bürokratie voneinander getrennt ermittelnden Polizisten zusammen zu bekommen. Und trotz oder vielleicht auch wegen seiner persönlichen Einbindung in den Fall, findet Jacob eine Spur, die zu einem durch Europa reisenden und frisch verheirateten Pärchen führt …
Was an THE POSTCARD KILLINGS zuerst auffällt ist diese Ruhe. Diese angenehm andersartige Stille die sich bei den Ermittlungen ausbreitet. Diese bemerkenswert laute Abwesenheit von Schießereien oder Verfolgungsjagden, stattdessen beobachten wir die Hauptfigur Jacob, immerhin 30 Jahre Mordermittler in New York, der beim Anblick der Hand seiner Tochter zusammenbricht und weint. Viel lauter weint, als es Explosionen und Atemlosigkeit in anderen modernen Filmen vorgeben.
Das soll aber noch lange nicht heißen, dass THE POSTCARD KILLINGS ein stiller und Langeweile verbreitender Arthouse-Schmarrn ist. Im Gegenteil kann der Film fast von Beginn an eine latente Spannung verbreiten, die durch die sprunghafte Erzählstruktur unmerklich anhält und den Zuschauer keine Sekunde loslässt. Vergangenheit und parallele ablaufende Stränge der Gegenwart vermischen sich mit assoziativen Bildstrukturen und dem Nichtwissen des Zuschauers, welches Pärchen denn hier eigentlich gerade beobachtet wird – Die Killer, unbeteiligte Touristen, oder die Tochter von Jacob? So ergibt sich ein pointillierendes Muster aus Kunst und Grausamkeit, das die Höhepunkte europäischer Kunstgeschichte wiederspiegelt und gleichzeitig mit David Finchers SIEBEN eine prickelnde Allianz eingeht. Dazu passt dann auch irgendwie, dass der Showdown in der karelischen Schneewüste vor einem weißen und konturlosen Hintergrund spielt, der die eigentlich vollkommen irrwitzige und unlogische Geschichte endgültig ins Abstrakte und Künstliche hebt.
Daneben werden aktuelle europäische Probleme angesprochen und wird das Hemmnis der übergreifenden Bürokratie karikiert, aber Jacob Konan ist angenehmerweise niemals ein TAKEN-Liam Neeson, der den Europäern zeigt wie ein amerikanischer Haudrauf solche Probleme löst. Jacob muss sich den hiesigen Sitten und Gebräuchen anpassen und lernen, dass Europa noch lange nicht die gleiche Einheit bildet wie es die USA sind, und die Gewalt mordender Serienkiller hier noch lange keine entsprechende Gegengewalt der Exekutive erzeugt.
Narrativ gesehen ist THE POSTCARD KILLINGS freilich totaler Quatsch, und der Gedanke drängt sich auf, dass tatsächlich allmählich alle Geschichten erzählt wurden. Aber die Umsetzung ist etwas Besonderes! Ein cineastisches Kunststück, dass einen angenehm unblutigen modernen Thriller mit ebenso angenehmen altmodischen Figuren verbindet und Spannung erzeugt, indem sich auf die Mittel des Mediums Film besonnen wird, und nicht auf die Mittel von Smith & Wesson und explodierenden Autos. Schön, dass es solche Filme noch gibt!