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Miami, Florida. Ein grausamer Mörder (John DiSanti) geht um, der Frauen erst vergewaltigt und anschließend erdrosselt. Der Nachrichtensprecherin Jane Harris (sehr sympathisch und mutig: Lauren Tewes) gehen diese abscheulichen Verbrechen besonders nahe, wurde ihre jüngere Schwester Tracy (großartig: die damals 19jährige Jennifer Jason Leigh) doch als Kind von einem Unbekannten mißbraucht. Seitdem ist Tracy blind, taub und stumm, psychologisch bedingt, als Reaktion auf das traumatische Ereignis. Zufällig kommt Jane dem Mörder, der ihr gegenüber ein Appartement bewohnt, auf die Schliche, doch ihr Freund David (Peter DuPre), ein rational denkender Anwalt, verweist ihre Wahrnehmungen ins Reich der Phantasie. Auf sich allein gestellt beginnt sie, den Mann telefonisch unter Druck zu setzen, um ihn zu zwingen, sich zu stellen. Doch dann entdeckt der Killer aufgrund eines dummen Zufalls die Identität seiner Widersacherin...
Herzlich Willkommen zu einem der meiner Ansicht nach unterschätztesten Filmen der 1980er Jahre. Verantwortlich für diesen gelungenen Schocker ist Ken Wiederhorn, der zuvor bereits als Regisseur des kultigen Unterwasser-Nazizombie-Streifens Shock Waves positiv aufgefallen ist. Eyes of a Stranger steht deutlich in der Thriller-Tradition eines Alfred Hitchcock, kokettiert gleichzeitig aber ungeniert mit dem damals boomenden Slashergenre. Für die wenigen (aber dafür umso effektiveren) blutigen Momente sorgt Tom Savini, dessen Arbeit (wie der obligatorische Kehlenschnitt und ein saftiger Kopfschuß) wie gewohnt vollauf überzeugt. Doch anstelle die Splatterszenen als einzige Attraktion zu präsentieren (wie es bei Friday the 13th der Fall ist), konzentriert sich Wiederhorn vor allem auf die präzise und spannende Umsetzung des Drehbuchs, wobei er die mangelnde Originalität geschickt überspielt. Vorbildlich erzeugt Wiederhorn durch Informationsvorsprung klassischen Suspense (verstärkt durch den sparsamen aber wirkungsvollen Einsatz der Musik), da der Zuseher sehr oft etwas weiß, wovon die Protagonistin keine Ahnung hat (z. B. wird in der großartigen Eröffnungsszene, in der die Kellnerin Debbie (Gwen Lewis) dem Unhold zum Opfer fällt, bereits sehr früh gezeigt, daß sich der Mörder in ihrer Wohnung befindet). Obwohl einige Szenen an berühmte Vorbilder erinnern, wie z. B. Rear Window (Jane schleicht sich in die Wohnung des Mörders und wird von dessen Rückkehr überrascht) und Black Christmas (Telefon als fiese, psychologische Waffe), ist Eyes of a Stranger eigenständig und gut genug, um neben diesen superben Vorbildern zu bestehen. Neben dem gelungenen Auftakt bleibt vor allem das nervenzerfetzende Finale im Gedächtnis hängen, das mit einem perfiden Katz-und-Maus-Spiel beginnt und schließlich in einen beinharten Überlebenskampf mündet. Das emotionale Ende rundet die Geschichte perfekt ab und die allerletzte Einstellung ist ungemein befriedigend. Ken Wiederhorn ist mit Eyes of a Stranger ein exzellenter Thriller gelungen, der auch mehrmaligem Ansehen locker standhält. Diese Kritik entstand nach der dritten Sichtung, und ich bin vom Film begeisterter als je zuvor.
PS: Ein paar In-Jokes für die Fangemeinde hat Wiederhorn auch noch eingebaut. So hängt im Kino ein Poster von Dawn of the Dead, während im Fernsehen Ausschnitte seines Films Shock Waves zu sehen sind.

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