Demenz ist ein Monster. Ein alles verschlingendes Ungetüm, welches sich schrittweise in Geist und Körper des Betroffenen ausbreitet. Angefangen vom Vergessen einzelner Begriffe und Zugehörigkeiten, zu scheinbar aktiven Lebensphasen längst vergangener Tage, bis die Motorik zunehmend versagt und Bettlägerigkeit und Herzversagen die letzte Station bilden. Ein Horrorszenario nicht nur für Betroffene und Familie, wie Regisseurin und Co-Autorin Natalie Erika James mit ihrem Spielfilmdebüt zu veranschaulichen sucht.
Seit Tagen ist Großmutter Edna (Robyn Nevin) spurlos verschwunden. Tochter Kay (Emily Mortimer) und Enkelin Sam (Bella Heathcote) suchen das abgelegene Landhaus auf, doch es gibt keine Spur der alten Dame. Stattdessen mehren sich unnatürliche Geräusche im Haus und plötzlich ist Edna zurück. Sie kann oder will sich jedoch nicht an die vergangenen Tage erinnern, die auf die Präsenz einer übersinnlichen Entität hindeuten…
Das Thema Demenz mit den Eigenschaften eines Spukhauses zu verbinden, ist im Grunde nahe liegend, denn Betroffene verirren sich gerne mal in den vier Wänden, schalten wie alltäglich den Herd ein oder lassen den Wasserhahn laufen, wie die Eröffnungssequenz mit versierter Kamera bebildert. Mit Ankunft von Tochter und Enkelin finden sich leider rein gar keine Sympathieträgerinnen, denn das jeweilige Mutter-Tochter-Verhältnis ist angespannt bis entfremdet, wodurch sich anbei ein Generationskonflikt anbahnt. Bezeichnenderweise weiß Kay nichts von der beruflichen Entwicklung ihrer Tochter, während diese selbst nicht einordnen kann, wann sie das letzte mal Kontakt zu Edna hatte.
Im ersten Drittel kommt die Geschichte rein gar nicht in die Gänge, wodurch eine emotionale Bindung erst gar nicht zustande kommt. Viel wird um den heißen Brei taktiert, es wird mit Andeutungen gespielt, doch die Anzeichen paranormaler Begebenheiten kommen nicht über knarzende Mauern hinaus. Spiele mit Kerzenwachs sind genauso uninteressant wie das Vergraben eines Familienalbums, zumal die Andeutung eines bösen Flecks in Form einer Waldhütte an genau jenem Ort schon bald wieder unerforscht im Nichts verschwindet.
Nicht viel spricht für ein übersinnliches Hinzutun, wenn jemand als Diebin bezichtigt wird, obgleich der Ring eben noch persönlich überreicht wurde, während Nachbarn, Polizei und untersuchende Ärztin ebenfalls in den Hintergrund gedrängt werden und die drei auf sich allein gestellt sind. Anstatt mit der sprichwörtlichen Verwirrung spielerisch umzugehen, mutiert die Szenerie zu einem Sammelsurium plumper Symbolik, voll gestopft mit oberflächlichen Metaphern, die im finalen Akt zumindest noch mit einer halbwegs emotionalen Szene verknüpft sind.
Immerhin reißen Score und Sounduntermalung noch etwas heraus und auch die namhaften Darstellerinnen mühen sich einigermaßen. Robyn Nevin gelingt es sogar auffallend gut, eine Mimik zwischen Besessenheit und kompletter geistiger Leere umzusetzen, was die Spannung im Mittelteil noch ansatzweise aufrecht erhält.
Die Absicht hinter dem Projekt ist aller Ehren wert, doch die Umsetzung ist weitgehend fade, behäbig und ereignislos, ein deutlich zu durchschaubares Unterfangen.
5 von 10