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Was Demenz wirklich anrichtet…03.02.2022

Worum geht es?

Anthony lebt in London allein in einer großen, schönen Wohnung. Seine Tochter Anne kommt regelmäßig vorbei und sieht nach ihm. Anthony ist fit, kommt prima allein zurecht und braucht auch keine Pflegehilfe. Doch als Anne ihrem Vater eröffnet, daß Sie nach Paris ziehen wird, ändert sich die Lage. Die neue Pflegerin sieht aus wie die verstorbene Schwester von Anne, Türen verändern ihre Farbe, und auf einmal sind fremde Menschen in der Wohnung. Anthonys Armbanduhr verschwindet, und außerdem behaupten Menschen, die Wohnung sei gar nicht seine, und man frage sich, wie lange Anthony noch allen auf den Sack gehen werde. Was ist nur los mit ihm? Natürlich klärt sich das Ganze bei einem Arztbesuch, und die finalen Bilder zeigen, wie sich fortschreitende Demenz von innen heraus anfühlen mag. Als ob alle Blätter und Zweige vom Baum fallen.

Soll ich dafür Lebenszeit aufwenden?

Ganz sicher lohnenswert, vor allem, wenn man selbst betroffen ist.

Warum?

Leichte Kost darf man hier nicht erwarten, dafür aber Herr Hopkins wieder einmal eine Wucht. Er spielt die Titelrolle so, als sei er selbst erkrankt, mit sich verändernden Wesenszügen, fortschreitendem Starrsinn einhergehend mit Traurigkeit in klaren Momenten, die aber immer weniger werden. Für die Angehörigen ist die Situation zusehend belastend, wenn immer wieder gleiches gesagt wird, nichts mehr richtig erinnert werden kann oder sich das Wesen des geliebten Menschen soweit verändert, daß man ihn nicht mehr ertragen kann Meine Mutter leidet an Alzheimer, und vieles, was mir bei ihr begegnet, finde ich im Film wieder. Das Beharren auf die vermeintliche Selbständigkeit, das Verweigern eines Umzugs in ein Heim ( wobei ich den Terminus „Heim“ schrecklich finde ), die fortschreitende Vergeßlichkeit ( teilweise innerhalb von 15 Minuten ), all das zeigt uns der kammerspielartige Film, kondensiert und auf den Punkt gebracht. Es geht aber nicht chronologisch voran, und das ist eine interessante Volte, denn in der Erinnerung Dementer verschwinden Zeitgefühl und Zusammenhänge. Alles mischt sich ineinander und verwirrt den kranken Menschen noch mehr, der ja glaubt, er sei gesund und die Welt um ihn herum wäre gegen ihn. Das ist alles toll gemacht, sicher nicht für jedermann gedacht, aber ein wichtiger Film, wenn man verstehen will, wie sich es anfühlen mag, an Demenz zu leiden. Nur die letzten Sequenzen, in denen nach Mai gerufen wird, verweigern die Höchstnote, somit 9/10.

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