Review

iHaveCNit: The Father (2021) – Florian Zeller - Tobis
Deutscher Kinostart: 26.08.2021
gesehen am 25.08.2021 in OmU im Rahmen der Spotlight – Arthouse-Sneak der Arthouse Kinos Frankfurt
Arthouse Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Balkon - Reihe 11, Sitz 13 – 21:00 Uhr
gesehen am 26.08.2021
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 2 – Reihe 16, Platz 20 – 18:45 Uhr

Irgendwann als es an die Jahresabschlüsse des letzten Jahres diverser Youtuber gegangen ist, habe ich mir auch die Topliste des amerikanischen Youtubers Chris Stuckmann angesehen, der in etwa eine ähnliche Meinung zu Filmen wie ich pflegt. In einem verrückten von Corona geprägten Jahr gab es in den USA schon diverse Festivalfilme und Filme, die auch bei den Oscars eine Rolle gespielt haben, zu sehen. So war unter anderem „The Father“ von Florian Zeller bei ihm auf der Top-Position von 2021 und seitdem ist der Film ein wenig auf meinem Radar aufgetaucht. Der nächste Moment, als dieser Film noch ein wenig mehr mein Interesse geweckt hatte war als ich bei die Ergebnisse der aktuellsten Oscarverleihung gesehen habe. Bei 6 Nominierungen gab es den Goldjungen in den Kategorien „Bestes adaptiertes Drehbuch“ und für viele, die mit Chadewick Bosemans Sieg gerechnet haben auch überraschend in der Kategorie „Beste männliche Hauptrolle“ an Anthony Hopkins in einem der wohl denkwürdig antiklimatischsten Momente der Oscargeschichte. Seitdem ist mein „Hype“, wenn man ihn so nennen mag ganz unterbewusst angewachsen und ich habe mich auf die Sichtung des Films gefreut. Das Thema des Films mit Alzheimer und Demenz hat mich ja in der letzten Zeit mit unter anderem Sally Potters „Wege des Lebens – The Roads Not Taken“ mit Javier Bardem und auch Viggo Mortensens „Falling“ mit Lance Henriksen begeistert. Und wenn ich ein paar Jahre zurück denke auch Richard Glatzers und Wash Westmorelands „Still Alice“ mit Julianne Moore, der in meinen Augen großartig gewesen ist, sich aber dann in Deutschland gefühlt hinter dem thematisch ähnlich gelagerten Kassenschlager „Honig im Kopf“ von Til Schweiger anstellen musste. Gestern Abend hatte ich noch das Vergnügen den Film im Rahmen der Arthouse-Sneak meiner örtlichen Arthouse-Kinos in der Originalfassung mit Untertiteln zu sehen – heute gab es den Film dann in der deutschen Fassung zu sehen. Und das waren nicht die einzigen Male, dass ich diesen Film sehen werde, da ich diesen Film noch mit Personen aus meinem persönlichen Umfeld schauen möchte, die hier konkretere Erfahrungen mit dem Thema haben – damit ich den Film auch aus diesem Blickwinkel betrachten kann. An dieser Stelle ist die Einleitung hier schon lang, aber notwendig. Denn der Film ist es Wert !

Anthony lebt in seiner geräumigen Wohnung in London. Der ältere Mann wird regelmäßig von seiner Tochter Anne besucht, die sich neben wechselnden Pflegekräften um ihn kümmert. Doch eine wichtige Entscheidung steht für Anne an. Sie zieht mit ihrem Partner nach Paris – doch die Pflege von Anthony muss sichergestellt sein. Für Anthony jedoch stimmt etwas nicht. Wo liegt seine Uhr ? Wer ist ein unbekannter Mann, der in seiner Wohnung sitzt und wer ist die Frau, die auf einmal in seiner Wohnung steht ?

Florian Zellers Film, der auf seinem Theaterstück basiert, ist eine unfassbar starke Meisterleistung geworden. Der Film ist in seinem Kern eine wunderbar ausbalancierte Mischung aus berührendem Drama, psychologischem Thriller und stellenweise auftretender Situationskomik, ohne das Thema einer gewissen Lächerlichkeit preis zu geben. Der Film berührt, verwirrt, lässt uns an unserer eigenen Wahrnehmung und unserem Zeitgefühl zweifeln, bringt uns zum Lachen und wird somit zu einem intensiven und auch sehr immersiven Erlebnis, dass vor allem weil der Film aus der Sicht des demenzkranken Anthony erzählt wird uns einen Einblick in die Wahrnehmung eines Demenzkranken gibt. Die Rolle des Anthony scheint von Florian Zeller direkt auf den Leib von Anthony Hopkins geschrieben worden zu sein – und da spürt man auch eine unfassbare Symbiose, denn das passt zu 100 %. In der großartigen und über Jahrzehnte andauernden Karriere des Briten ist dies für mich die beste Performance seiner Karriere und absolut verdient ausgezeichnet worden. Die überraschende Bandbreite seines Charakters ist ein absolutes Erlebnis. Als schauspielerisches Gegengewicht haben wir hier die für „The Favourite“ mit einem Oscar ausgezeichnete Olivia Colman, die Anthonys Tochter Anne spielt, damit auch eine unfassbare Tour de Force abliefert und mit einem Spiel auf Augenhöhe von Anthony Hopkins zeigt, was für eine großartige Schauspielerin sie ist. Ergänzt wird das Ensemble in tollen Nebenrollen von Mark Gatiss, Rufus Sewell, Imogen Poots und Olivia Williams. Auch wenn sich der Film größtenteils nur in der Wohnung von Anthony abspielt, so ist der Film sowohl visuell als auch audiell eine Wucht. Das Setdesign ist in seinem unfassbaren Detailreichtum großartig, die gewählten Kameraeinstellungen und minimalistischen Kamerafahrten sowie auch der Schnitt geben dem Film eine großartige Dynamik und auch der gefühlvolle, klassische Soundtrack runden das Erlebnis von „The Father“ ab, der sich direkt auch unter meine Topfilme für 2021 gespielt hat.

„The Father“ - My Second Look – 10/10 Punkte.

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