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Einer der überschaubaren 'größeren' Titel, die im vierten Quartal des Jahres 2020 in den Vereinigten Staaten in den Kinos gestartet sind; allesamt Werke, die normalerweise vermehrt den direkten Weg des Streaming bzw. Verleih und Verkauf auf Heimmedien gegangen wären und nun 'dank' der anhaltenden bzw. wieder aufwallenden Pandemie den Genuss der (begrenzten) Laufzeit in den Lichtspielhäusern genossen haben und damit auch eine Aufmerksamkeit, die sonst nicht generiert worden wäre. Dabei ist Honest Thief durch seinen Hauptdarsteller Liam Neeson noch mit der prominenteste Vertreter und derjenige, bei dem durch dessen Star und dessen anhaltenden Ausstoß an soliden und solide erfolgreichen Actionthrillern noch am Ehesten den Anschein macht, dass er tatsächlich auf die große Leinwand und dies anders als The War with Grandpa oder Let Him Go als die umliegenden Boxoffice Aspiranten gehört. Neeson selber als sichere Bank und Garantie an (leicht) überdurchschnittlicher Qualität; steht der nächste The Marksman auch schon für Anfang Januar in den Startlöchern und kann man hier wie dort die Rezension wahrscheinlich auch dann schon schreiben, wenn man nur die jeweiligen überraschungsfreien, da gänzlich alles haarklein erzählenden Trailer sieht:

Der in den Medien als "In-and-Out Bandit" bekannte Bankräuber Tom Dolan [ Liam Neeson ] hat seiner Zunft abgeschworen und lebt unter falscher Identität ein ruhiges Leben, welches erst durchbrochen wird, als er aus Liebe zu der von seiner Vergangenheit ahnungslosen Annie Wilkins [ Kate Walsh ] sich räuig und vor allem auch geständig zeigen will und deswegen FBI Agent Samuel Baker [ Robert Patrick ] und dessen Partner Agent Sean Meyers [ Jeffrey Donovan ] über sich selber und die Beute von insgesamt 9 Mio. USD informiert. Baker schickt seine beide Untergebenen John Nivens [ Jai Courtney ] und Ramon Hall [ Anthony Ramos ] zu dem vereinbarten Termin, da er den Aussagen sowieso nicht glaubt, sieht sich aber bald getäuscht, da Nivens und Hall nach dem Fund des Geldes einen eigenen Plan aushecken.

"I want you to know she had nothing to do with the robberies and she will have nothing to do with what comes next."
"What comes next?"
"It's better if you don't know."
"No, it's my job to know, Tom. Come on, let's get together, we talk this over."
"I'd like to, but I tried that. Did not work. Now I'm doing it the only way I know how."

Ruhig geht das an, eingangs wird viel hinausgezögert und gewartet, sinniert und gebrütet im Hotelzimmer, die Erzählung angenehm sorgfältig ausgebreitet und die Leute mit Motivation bestückt; die Herren in der Geschichte sind mittleren bis gesetzten Alters, die Männer (und auch die Frauen im zweiten Frühling) haben die erste Hälfte des Lebens und oftmals auch schon viel an Geschichte hinter sich. Bei Neeson ist es die Kriminalität, die noch im Raum steht, die Einleitung in der Titelsequenz, die den Bankräuber, aber dies natürlich ohne jedwede Form von Gewalt und natürlich voller Eleganz und Intellekt und Fingerspitzengefühl vorstellt. Das Wichtige ist der Titel selber, das Honest vor dem Thief, ist der Verbrecher auch voll mit schlechtem Gewissen und kein böser, sondern ein netter und zuvorkommend höflicher und mit einer (eigens aufgebürdeten) Last auf den Schultern gestrafter Mensch.

Mitgefiebert wird mit dem Mann mit der kriminellen Vergangenheit schon wegen dem Darsteller selber, seiner Durchschnittlichkeit, seiner Normalität, den Wünschen nach einer Besserung vor allem auch und bald auch wegen der Gegenüber, die zwar normalerweise auf der Seite des Gesetzes stehen, die hier aber auch die Gier packt und die sich tatsächlich auch in Gewalt und Mord und Totschlag ergehen. 'Mitfiebern' ist dabei wahrscheinlich auch ein wenig euphemistisch, der Film ist kein Reißer, der die Anspannung hochtreibt und den Kessel an Emotionen und Aktionen zum Kochen und zum Explodieren bringt; eher wird getreu zur Figur hier und dem herbstbunten Darsteller und seinem Umfeld (mitsamt besseren Nebenakteuren auch in der weiteren Runde und dort viel sympathische Solidität) ein Dramathriller mit Aktionszenen als Middle-Class-Szenario aufgeworfen, die Leute tragen Anzüge von der Stange oder auch die Jeanshose zum Jeanshemd, die Geschichte aus Boston bei Niesel und bei Nebel ähnlich dem Auf der Flucht (+ eine späte große Liebe als Aufhänger und Bremsklotz, und viel Reiberei und Bedeutung auch bei den Häschern unterschiedlicher Art) ist zeitlos und fern jeder Aktualität. Die Bilder sind stabil, finanziell gediegen, etwas einfarben und leicht unterkühlt. Der Inhalt ist nicht immer gänzlich plausibel, aber dennoch strikt Genre und konventionell. "Glamor's overrated.", wie es beim Bombenbasteln für eine Häuserexplosion heißt.

Der erste Schuss fällt nach einer halben Stunde, ein kaltblütiger Mord plus eine Rangelei im Hotelzimmer, ein Sturz aus dem Fenster und der Ansatz einer Verfolgung auf vier Rädern, nichts Spektakuläres, aber mit Übersicht aufbereitet und mit Sinn für Räumlichkeit inszeniert. Hyams hat mal so gedreht, Badham, hier macht es jetzt der wenig bekannte und sonst zumeist als Produzent (auch für The Marksman) zuständige Mark Williams; eine bestenfalls altmodische und ehrenhafte Herangehensweise, Konfektionsware, die heutzutage schon wieder Laune macht und sehr erfreulich ist. Mittig wird das Tempo etwas angezogen, sind die dramaturgischen Steigbügel, die emotionalen Spannungsmomente und die Konfrontationen gesetzt, wird eine Rauferei in einem Kleinbüro und etwas Kollision und Destruktion auf den Nebenstraßen dargereicht, werden Autos geschrottet, ein Haus zum Explodieren gebracht und eine Schießerei zwischen zwei miteinander verkanteten Vehikeln und später noch auf ebenso begrenzten Raum in einem abgeranzten Safehouse präsentiert.

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