*** SPOILERWARNUNG ***
Wenn die Story auf einen Bierdeckel passt, ist das nicht automatisch schlecht. Manchmal braucht es nicht mehr, um für zwei Stunden unterhalten zu werden. Und wenn Söldner Tyler Rake (Chris Hemsworth) den Auftrag bekommt, einen entführten Jungen aus dem indischen Dhaka rauszuholen und dabei Zerstörung und Leichenberge hinterlässt, dann reicht das schon, um den vorliegenden Film von Joe Russo zusammenzufassen.
Das Setting ist eine nette Abwechslung zu manch überfilmten Gegenden, wobei die Dreharbeiten in Ahmedabad, Mumbai und Thailand stattfanden. Der Streifen basiert auf dem Graphic Novel „Ciudad“, dessen Geschichte hier in geänderter Form inszeniert wurde. Diese ist recht simpel gehalten, aber man bekommt immerhin eine schöne Optik in exotischem Ambiente mit Figuren, deren Hintergrund ebenso eindimensional wie irrelevant ist.
Die saftigen Soundeffekte, wenn Rake mal wieder Hand anlegt, wirken bisweilen wie Satire und eher dem Splatterfilm entnommen. Wobei – bei der Anzahl an Menschen, die hier mit einer an Menschenverachtung grenzenden Kaltschnäuzigkeit ins Jenseits befördert werden (es sind derer 183), hinkt der Vergleich gar nicht mal so. Dabei erinnert das Zelebrieren des sich durch die Gegnerhorden metzeln an „John Wick“, legt es aber nie darauf an, so stylish zu wirken. Die ausufernde Action ist dabei recht brachial geraten. Herausstechend ist hier eine Plansequenz, die zwar nicht ohne (kaschierte) Schnitte auskommt, als Ganzes aber schön wuchtig komponiert ist. Leider spritzt das Blut oft sichtbar digital, bei der Masse war das aber wohl ökonomischer.
Natürlich geht es nicht ohne Trauma und so schleppt auch Rake sein emotionales Päckchen mit sich herum. Na wenn's denn sein muss. Weiterhin ist das hier wieder so ein Vertreter, bei dem jeder Schuss des Helden sitzt, die Gegner selbst in rauen Mengen aber zu doof zum zielen sind, selbst wenn Rake still steht. Soll man sich an sowas hochziehen? Nö, wenn man einfach akzeptiert, dass hier die 80er angerufen haben.
Der Cast stimmt auch. Hemsworth nuschelt sich als Einmannarmee durch die Mission, Golshifteh Farahani und David Harbour ergänzen das gut, wobei man bei Letzterem sofort ahnen kann, wohin das führt. Aber generell spielen alle ihre mitunter klischeebeladenen Rollen ganz ordentlich.
Kompromisslos geht „Tyler Rake: Extraction“ zu Werke, inhaltlich porös wie die Leute, die hier am Fließband beseitigt werden. Die Action ist abwechslungsreich, optisch ist das Ganze ansprechend umgesetzt. Zum Ende hin überspannt der Heldenbogen dann selbst in dem völlig realitätsfernen Rahmen und zeigt Ermüdungserscheinungen. Aber immerhin bleibt der Film nahezu durchgehend kurzweilig und einen brachialen Actioner in solcher Optik bekommt man nicht alle Tage vor die Linse, womit er sich einen Extrapunkt verdient.