Review
von Leimbacher-Mario
Baumwollplantage in Rage
Horrorfilme für die schwarze Community in Amerika boomen. „Us“ und vor allem „Get Out“ waren da echte Firestarter. „Candyman“ und noch ein paar weitere Projekte stehen in den Startblöcken. Doch erstmal kam mit „Antebellum“ recht still und leise in dieser Seuchenzeit ein semi-historischer Schocker ins VOD über eine gebrandmarkte, gescholtene Sklavin auf einer Baumwollplantage in den Südstaaten, die von diesem höllischen Ort entkommen will - genauso sehr wie der Zuschauer die Verbindungen zur heutigen Zeit (und einer weiteren Storyebene) herstellen will...
„Antebellum“ wirkt ein wenig falsch vermarktet und auch wie ein Blender. Er ist wenn überhaupt eher gesellschaftlich und thematisch dem Horrorgenre zuzuordnen, Herr Peele hatte sicher nur um zehn Ecken etwas mit dem Projekt zu tun, der Trailer verrät einerseits zu viel, nur um dann anderseits auch noch auf falsche Fährten (inklusive komplett erlogener Bilder und Kompositionen!) zu locken. All das und sämtliche Vergleiche und Erwartungen tun dem (sich oft nahe Torture Porn-Grenzen befindlichen) Projekt wenig Gutes. Außerdem ist seine Auflösung und seine „Überraschung“ nicht halb so clever und unvorhersehbar, wie er sie selbst findet. Das Drehbuch hat einige Löcher und dumme Stellen. Am Ende hat der Film sehr wenig zu sagen und man steht nicht nur ohne neue Erkenntnisse da, sondern man fragt sich auch, ob es die Zeit (und schmerzhaften Bilder) wert war und man nicht genau das Gegenteil erreicht hat, was man wohl wollte. Das klingt erstmal harsch und nach einer totalen Gurke. Erst recht wenn man noch ein paar peinlich overactende Nebenfiguren (Jena Malone!) und schablonenhafte Bösewichte ohne Hintergrund ins Boot holt. Und dennoch hat „Antebellum“ einige massive Pros auf seiner Seite. Die Bildsprache und Optik ist oft atemberaubend und gehört zum Hübschesten, was in Sachen Studiohorror in den letzten Jahren entstand. Außerdem spielt Janelle Monae maximal intensiv und ist mehr als talentiert, hier haut sie alle Bremsen raus. Und es gibt definitiv einige Momente, die trotz Fragwürdigkeiten und hohlen, prätentiösen Tendenzen, im Kopf und Auge hängen bleiben. Daher kann ich beileibe nicht von einem Flop sprechen. Soooo viel mehr wäre dennoch drin gewesen...
Fazit: „Antebellum“ ist nie auch nur ansatzweise auf Jordan Peele-Niveau und kann auch durch einen eher mageren Shyamalan-Gedächtnis-Twist (der leider schon in Trailern angedeutet wurde) nicht wirklich top punkten. Dennoch können das akute, leider in unserer Gesellschaft nicht Tod zu kriegende Thema (auch wenn es hier recht stumpf aufgetischt wird), die aufopferungsvollen Darsteller und etliche wunderschöne Shots überzeugen. Gut mit Längen und ärgerlichen Abstrichen. „The Village“ meets „12 Years a Slave“ am Zeitgeist und am amerikanischen wunden Punkt.