Review

Inhalt:

Ein Soldat findet auf der Flucht vor dem Kriegsdienst Unterschlupf in einem Bauernhaus, in welchem die schöne Ermina (Franca Parisi) zusammen mit ihrem lieblosen und von ihr entfremdeten Ehemann lebt, der aus der Kriegssituation Profit schlägt, indem er billigen Fusel an die Soldaten verkauft. Auf dem Anwesen der Farm hausiert zudem eine jüngere Frau, die offenbar die Cousine der Bäuerin ist. Der Deserteur versteckt sich im Heuschober und wird von der Bäuerin mit Essen und Trinken versorgt. Aber seine Gelüste gehen bald darüber hinaus und die vernachlässigte Ehefrau läßt sich nach anfänglichem Zögern auf ein Techtelmechtel ein. Zugleich bandelt der Ex-Soldat auch noch mit der jüngeren Frau an. Beiden Frauen verspricht er ernsthafte Absichten. Es entsteht eine gefährliche Dreiecksbeziehung, welche die Gefahr der Entdeckung des Deserteurs durch den gehörnten Ehemann und zudem durch patrouillierende Streifen arg erhöht. Ein Vabanquespiel, dem kein gutes Ende beschert ist...

Hintergrund:

Dieser rare und unbekannte griechische Streifen befindet sich als Bonusfilm auf der THE WILD PUSSYCAT (1968) US-Blu-ray von Mondo Macabro. Bemerkenswert ist, daß der Schnitt von Bruno Mattei erfolgte und daß dieser laut imdb im selben Jahr ein Remake unter dem Titel ARMIDA, IL DRAMMA DI UNA SPOSA (ebenfalls mit Franca Parisi in der Hauptrolle!) inszenierte, welches gleichzeitig als sein Regiedebüt gelistet ist (allerdings unter dem Pseudonym Jordan B. Matthews).

Zur gleichen Strategie griff ja auch Joe D'Amato bei PUSSYCAT, den er später als EMANUELLE E FRANÇOISE LE SORELLINE (dt: Foltergarten der Sinnlichkeit) neu auflegte. Bei Franca Parisi handelt es sich im übrigen um eine italienische Schauspielerin, die in den 1950er und 1960er Jahren in mehreren italienischen Genrefilmen, aber auch in zwei SISSI-Schmonzetten mitwirkte.

Meinung:

THE DESERTER ist ganz klar ein low budget Film, aber anders als PUSSYCAT kann man ihn nicht als echten Exploitation-Film bezeichnen. Obwohl die gesamte Geschichte recht konventionell ist verfolgt er mit seinem Statement gegen den Krieg bzw. den Kriegsdienst ambitioniertere Ziele. Gerade zu Beginn erfolgt eine rasant geschnittene Parallelmontage des sich auf der Flucht Befindlichen mit realen Kriegsbildern aus dem 2. Weltkrieg oder einer Atombombenexplosion und der wiederholten Einblendung des Wortes „pólemos“ (Krieg), sowie der demonstrativen Entledigung von Uniform und Zerstörung der Waffe des Protagonisten. Das Ganze wird untermalt von einem treibendem Soundtrack, der auch einem Italowestern entstammen könnte. Der Streifen ist zudem in schwarzweiß gefilmt, was vermutlich auch seinen künstlerischen Anspruch unterstreichen sollte (oder vielleicht auch nur dem geringen Budget geschuldet war).

Den Großteil des Films macht jedoch das erotische Spannungsfeld der Dreiecksbeziehung aus. Dieses gerät dank handwerklicher Sorgfalt und dem Sexappeal der beiden Darstellerinnen, aber auch des Darstellers, recht überzeugend. Wobei die Erotik eben nicht wie in einem typischen Exploitation-Film auf offensiv-vulgäre Schauwerte setzt, sondern die Kamera eher verhalten agiert und Nacktheit nur dezent einfängt (was aber sicher auch mit entsprechenden Zensurauflagen zusammenhing). Am offensivsten ist diesbzgl. sicherlich die Szene zu bewerten, bei der die beiden Damen sich in die Haare geraten und ihren Catfight standesgemäß in einer Schlammpfütze ausrichten. Allerdings muß man konstatieren, daß mit dem Fokus auf das Beziehungsgeflecht das eigentliche Thema (Kriegsdienstverweigerung) doch etwas in den Hintergrund gerät.

Und dann gibt es noch eine recht skurrile Szene, die aus dem Gesamtkonzept heraustritt, wenn nämlich die junge Frau den Beistand einer Hexe (gespielt von Gisela Dali, der Hauptdarstellerin aus PUSSYCAT!) sucht, um das Liebespendel zu ihren Gunsten beeinflussen zu lassen. Hier wird man Zeuge von okkultem Hokuspokus, der die eigentliche Seriosität des Film kurioserweise untergräbt.

Fazit:

Ich würde dem Film eine Art „Zwitter-Status“ zwischen Arthaus und Exploitation attestieren. Unterm Strich funktioniert dieses Konzept nur bedingt. Durchaus kein schlechter Film, aber insgesamt auch nicht der große Wurf, womit die Entscheidung der Verantwortlichen von Mondo Macabro, dem Streifen keine eigenständige Veröffentlichung zu gewähren, sondern als Bonusfilm beizulegen, eine absolut nachvollziehbare Entscheidung war. Die Restaurierung ist aber auch hier wieder als hervorragend zu bezeichnen.

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