Review

Zeit(dahin)raffer


Während A24 in den 2010ern in meinem Kopf eher moderne Horrorklassiker wie „The Lighthouse“, „Green Room“ oder „Midsommar“ ermöglichte, neben etlichen Oscarüberraschungen und allgemein einer extrem hohen Durchschnittsqualität, macht das mittlerweile locker als Prestigehaus zu beschreibende Produktionsstudio nun im neuen Jahrzehnt ungebremst weiter. Vielleicht breiter und prachtvoller aufgestellt denn je, mit „The Green Knight“ von David Lowery, in dem das junge, nicht besonders heldenhafte Tafelrundenmitglied Gawain den Kopf des magischen grünen Ritters in einer verrückten „Wette“ abschlägt - und dann ein Jahr seinem Schicksal, Untergang, der gleichartigen, ausgemachten Revenge entgegenreitet… 

„Excalibur“ meets „The VVitch“

„The Green Knight“ ist eine audiovisuelle Großtat. Er besitzt einen Sog und kann eine großartige, schleichend und unaufhaltsame Emotionaliät entwickeln, die nur wenige ganz große Klassiker seiner Mittelalterzunft bisher inne hatten. Und da rede ich von Kalibern a la „Andrei Rublev“ oder „Marketa Lazarova“, also der historischen Creme de la Creme. Von Aktion und Reaktion, von Mut und Feigheit, von Taten und Konsequenzen, von Schicksal und Zufall, vom Reisen und vom Ankommen. Absolut fantastisch. Leben und Tod. Rollende Köpfe und zitternde Knie. Natur und Rache. Legende oder Lappen. Natürlich sollte man vielleicht einen Kaffee vorher mehr getrunken haben, stark entschleunigtes Arthousekino erwarten, sich darauf einstellen, mit- und weiterdenken zu müssen. Aber dann ist das schon ein Genuss und Jahreshighlight, ein potenter Grund ins Kino zu gehen.

Alicia Vikander ist bezaubernd, Patel ist (egal wie feige und unfertig sein Charakter, gerade anfangs, erscheint) eh ein vollendeter Sympathieträger, alle anderen hochkarätigen Nebendarsteller treffen den Ton zwischen Theatralik, Klassik und Eindringlichkeit gnadenlos gut. Es wird nie zu trocken oder gar peinlich, Overacting ist ein Fremdwort. Das muss man bei dem Setting und der Herangehensweise erstmal schaffen. Grün als ungewöhnliche Farbe der Hoffnung. Ehrlichkeit. Fundament. Glück. Ein Abenteuer, das definitiv hängen bleibt und eine lange Schleifspur hinter sich her zieht. Anspruchsvoll und anders. Töne, wie aus einer anderen Welt. Alles brummt, alles summt, alles knirscht, alles lebt und atmet. Sterben mit erhobenem Kopf. Ein Schwergewicht. Nichts für den Mainstream. Aber dennoch auf bestem Weg zum Klassiker meiner Meinung. Und nicht Klassen besser als etwa die erste Verfilmung des Stoffes „The Sword of the Valiant“, sondern eher eine ganz andere Sportart. 

Fazit: eine der imposantesten, intensivsten und intelligentesten Mythenverfilmungen aller Zeiten. Arthouse Arthurismus als ängstlicher Alleingang. Für Filmfeinschmecker. Künstlerisch besonders wertvoll. Massiv, mächtig, mystisch, majestätisch. Eine waschechte Wucht. A24 hat’s wieder getan. Über jeden Zweifel und Gelangweilten erhaben! 

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