Review

iHaveCNit: Persischstunden (2020)
24.09.2020

Erst vor wenigen Wochen habe ich im Kino den Trailer zu „Persischstunden“ wahrgenommen und nach einiger Überlegung habe ich ihn mir auch auf meine Liste gesetzt, denn der Film und die Idee an sich ist sehr interessant gewesen – selbst wenn ich bisher weder etwas über das zugrundeliegende Buch „Erfindung einer Sprache“ von Wolfgang Kohlhaase und den tatsächlichen Ereignissen, auf denen das Buch basiert gelesen und gehört habe. Und vielleicht ist diese Unvoreingenommenheit und Flexibilität eine sehr gute Idee, einen Film genießen zu können. Bei „Persischstunden“ war es auf jeden Fall so.

Gilles ist Belgier und befindet sich wie viele andere Juden auf einem Exekutionstransport. Dort trifft er mit einem Tausch eine Entscheidung, die ihn sowohl das Überleben sichert, aber vor eine riesige Herausforderung stellt. Gegen ein Brot bekommt er ein persisches Buch. Vor der Exekution behauptet er, Perser zu sein. Damit gerät er in den Fokus der Soldaten und des Küchenleiters des Konzentrationslagers, Klaus Koch, welcher nach dem Krieg von einer Restauranteröffnung im Iran träumt und dafür „Farsi“ lernen möchte – und so muss Gilles mit fortschreitender Dauer die Illusion aufrecht erhalten, Perser zu sein und gänzlich eine Sprache erfinden.

„Persischstunden“ von Vadim Perelman ist ein großartiges KZ-Drama, das einen sehr ungeschönten Blick auf das Leben und die Schrecken in einem KZ bietet, wenngleich er auch relativ ausgewogen den Schrecken nicht auf der Leinwand präsentiert und das reine unheilvolle Gefühl auslöst. Die Art, wie wir hier beiläufig neben dem Alltag der Insassen auch den Alltag und die banalen Probleme der Soldaten im KZ präsentiert bekommen, lässt einen schönen Einblick in das Innenleben des KZ zu. Im Kern des ganzen Films stehen jedoch 2 Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Art, mit welcher Kreativität und Erfindungsreichtum gezeigt wird, wie der von Nahuel Perez Biscayart gespielte Gilles eine Sprache erfindet, fand ich großartig und es lässt einen mit Gilles mitfiebern, geht es doch um dessen Überleben in dieser für ihn eigentlich sicheren tödlichen Umgebung in der jeder Fehler bestraft wird. Ihm gegenüber ist der großartige Lars Eidinger, der eine wunderbar ambivalente Figur mit Klaus Koch spielt. Vornehmlich eiskalt und absolut pflichtbewusst in seinem Job ist er ein sehr gefährlicher Mann, der jedoch je näher ihm Gilles bei der Erlernung der neuen Sprache kommt, sehr viel Menschlichkeit und Emotionalität offenbart. Diese Banalitäten und manche Momente des Films sorgen mitunter auch dazu, dass man durchaus mal lachen muss und da schafft es der Film in seiner Härte als KZ-Drama, dass auch genau das nicht unpassend ist. Man mag dem Film vor allem im Bezug auf seine Hauptfigur vielleicht vorwerfen können, dass die Handlung genau so konstruiert ist, dass immer wieder ihm entsprechend gutgesinnte Zufälle passieren. Aber das Kammerspiel bleibt trotz allem sehr spannend, intensiv und trotz 127 Minuten sehr kurzweilig – so dass ich mich an ihn sehr gerne zurückerinnern werde, genau wie Gilles an eine umfassende Anzahl von Insassen, die im KZ ihr leben lassen mussten.

„Persischstunden“ - My First Look – 8/10 Punkte.

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