Die letzte Rechnung schreibt der Tod entstand unter der Regie des 1933 in Rom geborenen Mario Caiano. In jüngerer Zeit durfte man den Arbeiten aus seiner recht typischen Vita in Form von Die Killer-Meute, Django spricht das Nachtgebet und insbesondere dem unter Kennern geschätzten Der Mann mit der Kugelpeitsche aka Knochenbrecher im Wilden Westen neu begegnen. Der mit Barbara Steele besetzte Amanti d’oltretomba ist unter dem Titel Nightmare Castle dann schon wieder dem englischsprachigen Markt vorbehalten. Der an Die letzte Rechnung schreibt der Tod auch als Autor tätige Mario Caiano liefert mit dem im Original zugkräftig und traditionsbewußt als Milano violenta angepriesenen Film ein Werk, dem man im mehr oder minder urbanen Umfeld seine Parallelen zum Western nicht absprechen kann. Ein Dirty Harry Plagiat oder andere zeitgenössisch typische Stereotypen konkretisieren sich hingegen nur bedingt.
Dabei ist Mario Caiano in seiner Einführung bewußt reduziert. Er folgt nahezu dokumentarisch der Übergabe eines Fluchtwagens, zu der sich vier verschrobene Typen aus alltäglichen Situationen heraus zusammenfinden. Die Marschrichtung, die er mit Die letzte Rechnung schreibt der Tod einschlagen wird, findet sich zusammengefaßt in einem Straßenschild über dem stehenden Fahrzeug. “Senso Unico”: Aus der tristen Kälte der Umgebung steigen hoffnungsvoll aufgeregte Gangster in den PKW, um auf dieser Einbahnstraße den großen Coup zu landen. Dieser wird möglich durch die Angst vor einem Bankenstreik. Die Mitarbeiter einer Firma haben Bargeld statt des gewohnten Schecks gefordert und so bietet sich die Situation offenbar an. Wild entschlossen machen die tolldreisten Kerle in jeder Handlung klar, daß es keinen Kompromiss geben wird.
Unter Polizeiaugen entwickelt sich ein kleines Geiseldrama, welches nicht ohne Spuren von Gewalt abläuft. Die Ordnungsmacht wirkt hierbei zunächst nicht als Herr der Lage. Man muß ihnen jedoch zu Gute halten, daß auch die Ganoven Spielball ihres Schicksals sind. Wenig aufgeregt inszenierte Verfolgungsszenen unterstützen den chaotischen Eindruck. Vielleicht ist dies der Grund, warum unter anderem der Katholische Filmdienst Die letzte Rechnung schreibt der Tod als eher hektisch empfand. Dabei zeigt sich hier vielmehr ein erdiger Realismus, der durch das Fehlen von Prunkkarossen nur gestützt wird. Ähnlich improvisiert aber geschickt wirkt dann auch zum Beispiel eine Kollision zwischen LKW und Motorrad, bei der im Moment des Aufpralls der klickende Blinker ins Zentrum gerückt wird.
Später wird man eine zentrale Figur sagen hören, daß er ein Einzelgänger sei, der sich nicht ändern lasse. Während die Polizei oftmals nur benutzt wird Zusammenhänge zu erläutern, verdeutlicht sich, daß eine gerechte Strafe angedacht ist. Es scheint jedoch fast ein fatalistisches Grundvertrauen zu sein, mit dem man sich von dieser Seite zurückhält. Anfangs noch auf Geräusche und Dialoge beschränkt bäumt sich die sägende Gitarre über eruptierenden Gewaltspitzen in Die letzte Rechnung schreibt der Tod auf. Bald schon übernehmen jedoch Anklänge von Jazz die Begleitung von tempomässig zurückgelehnten Szenen. Die Bande zerstreut sich in den verebbenden Wogen ihrer Tat.
Ein wenig erinnert die Machart an die Auflage unter dem Hays Code, daß Gangster nicht positiv dargestellt werden dürfen. Sicher, sie sind für den Moment mit dem Geld entkommen. Was sie nun jedoch von Innen zersetzt, ist die Gier. Keiner will dem anderen in dieser gnadenlosen Welt das Glück gönnen oder den Traum, sich in Frankfurt fern des Trubels abzusetzen. Die letzte Rechnung schreibt der Tod ist demnach ein sehr präzise gewählter Titel für eine Kriminalballade, deren Konzeption von den kargen Schauplätzen wie einem Schrottplatz oder einem verlassenen Schlachthof nur noch unterstrichen wird. Daß im Finale ein spätherbstliches Laubwäldchen mitteleuropäischer Art zur Kulisse wird, sagt nicht nur etwas über die Produktionsbedingungen aus, sondern stellt den Film auch inhaltlich abseits von Glanz und Gloria schillernder Actionformate.
Die letzte Rechnung schreibt der Tod ist die Abrechnung der Verbrecher mit einer Tristesse in der die eigene Freundin auf den Strich geht. Vielleicht ist es auch eine Abrechnung mit einer Welt, in der Frauen nicht konservativ den Haushalt pflegen dürfen, weil ohne ihre Mitarbeit das Geld fehlen würde. Ganz bestimmt aber ist es eine sinnsuchende Bilanz einer Gesellschaft, in der Menschlichkeit und Moral auf die Probe gestellt werden.