Review

"You're a big game hunter, not a philosopher. Who cares how a jaguar feels?" - "Perhaps the jaguar does."(...)
~ The Most Dangerous Game, Richard Connell, 1924

Hinsichtlich des Veröffentlichungsdatums hat The Hunt gleich mehrfach in die Misere gegriffen; der ursprünglich geplante Start im Herbst 2019 wurde erst von der Produktionsfirma selber geändert, dann zog man den Zorn vom POTUS auf sich, und als dieser ein halbes Jahr später verraucht war, hatte man mit geschlossenen Lichtspielhäusern aufgrund der aktuellen Gesundheitskrise zu tun. Man weiß nicht, was schlimmer ist. Ein ehedem angedachtes Kinoeinspiel in den höheren Sphären, wie eigentlich bei der auftraggebenden Blumhouse Productions auch gewohnt und üblich, war aufgrund dieser Umstände natürlich nicht zu erzielen; wobei Fantasy Island ein ähnliches, nicht ganz so übles Schicksal ereignet hat, während knapp zuvor wenigstens noch The Invisible Man mit schnellem Sprint und hohen Renditen durch die Ziellinie ging. Nach kurzen Zögern ist die Produktion mit seiner Distribution in den Heimmedien da gelandet, wo auch gerade in den Achtzigern und Neunzigern vielerlei andere Adaptionen und Varietäten dessen gelandet und wie hier auch zugehörig sind, in der (heutigen) 'Videothek' nämlich:

Mit Mundknebel und ahnungslos von der Örtlichkeit und wie sie dahingekommen sind, erwacht ein gutes Dutzend sich fremder Menschen auf einer Waldlichtung, wo sie alsbald unter Beschuss genommen werden und in alle Richtungen stieben. Erst nach und nach erfahren einige von Ihnen überhaupt, woher die Gefahr kommt und warum ausgerechnet sie da hineingeraten sind, und dann ist es meist schon zu spät.

"You... you were in the service?"
"Uh, yes. Afghanistan. Were you?"
"National Guard."
"Mm-mm. So you were never in the shit."
"I'm in it now."

Satire soll das werden, Groteske, eine grafisch violente Actionkomödie ist es geworden, kein Abbild der Realität, sondern eine Verzerrung und Überzeichnung gleich mehrerer Belange, wobei das Endresultat dessen noch seine Herkunft und die Ideen einer Metapher über Liberalismus, Konservatismus, Protektionismus, Autoritarismus und Faschismus zeigen kann, aber gleichzeitig leer und gleichzeitig merkwürdig voll- und über gestopft ist und ansonsten zu einer anderen Welt gehört. Begonnen mit einer Textnachricht plus einem Zwischenfall auf dem Weg zum Einsatz erst, wobei noch in der Vorbereitung etwas schiefgegangen ist und die Reaktion darauf a) kaltblütig von zumindest den festen Teilnehmnern der Crew gehandhabt wird und b) vorher und nachher schon die hier gezeigte Elite, das Establishment aus seiner schlechtesten Pore tropft und sich dabei trotzdem allen anderen 'normalen' Menschen grundlos überlegen fühlt. Ein Kugelschreiber in die Halsschlagader eines wehrlosen Opfers und folgend noch der Absatz eines hochhackigen Schuhs in den Augapfel als Zeichen der Perversität des Vergnügens, welches hier noch einseitig und auch noch nicht mal beim Zuschauer, sondern nur den Jäger bzw. den Ausrichtern des Funsports ist.

Beizeiten ein Toter, ungeplant und ein 'Missgeschick', dann erst der eigentliche Beginn der Veranstaltung, die Brot und Spiele nicht für die Massen, sondern nur für Eliten ist. Manche kennen das Vorgehen schon, nur die 'Beute' ist ebenso ahnungslos wie das Publikum, welches nach und nach ebenso an die Ereignisse und Abfolgen herangeführt wird wie die zukünftigen Opfer und ebenso wie diese von einem bereitgestellten Arsenal an Schuss- und Hieb- und Stichwaffen wie per Magnetismus angelockt ist. Ein Scharfschütze auf Zwölf Uhr dezimiert schon mal die Reihen der Arglosen und Neugierigen, eine Bodenfalle wie aus dem Dschungelkrieg, Landminen, ein Stacheldrahtzaun und ein paar Treffer mit Bogen und Pfeil massakrieren dann ein Großteil vom Rest; die gezeigte Gewalt wird dabei stets humoristisch bis albern aufgelöst und so auch wie das Narrative verwässert. Verfassungsrechte allgemein, Waffengesetze, Meinungsfreiheit, soziale Gerechtigkeit durch, in und plus soziale Medien, Genderdiskussion, körperliche Selbstbestimmung, Immigrationspolitik, Fake News, Klimawandel speziell, Zitate von Filmen und von Büchern wie Orwells "Farm der Tiere" und Äsops Fabeln (speziell "Die Schildkröte und der Hase") in loser Reihenfolge eingeworfen, Referenzen an die Popkultur sowieso und das Bedienen von Klischees, um diese im nächsten Moment zu brechen und mit visueller und akustischer Lautstärke und viel Blut wieder zu kitten: viel dran, wenig drin, immer drüber und eher auf Tempo als auf Botschaft prononciert.

Der Druck dahinter plus die atavistische Prämisse (von Connells Kurzgeschichte, zuletzt auch bspw. in Ready or Not geboten, in Tal der Skorpione und im Quibi-Start The Most Dangerous Game) und die relativ direkte Umsetzung mit zwei, drei Aktionszenen wie einer Schießerei im Bunker und einem stuntintensiven Catfight helfen natürlich, Fehltritte werden relativ fix übersprungen oder gleich ignoriert, der Überlebenskampf als die einfachste Handlung und das dazwischen und dahinter ist nicht wirklich wichtig, man könnte es zur Not und bei Bedarf aber fleißig auseinanderklamüsern und diese Art von Rezeption wird auch gern betätigt und oftmals, aber sinnentleert probiert. "You don't care why they're doing this to us?" - "Well, they're trying to kill me. I don't give a shit why." Ein gewisses Interesse ergibt sich zusätzlich durch die Irritation des Ganzen und die (un)gesunde Paranoia hier, die Jäger sind bis auf die Eingangsszene lange unsichtbar oder in Tarnung, in Fassade quasi, die Umgebung ist weder Vermont, was es sein sollte, noch Arkansas, als was es ausgegeben wird, die Einzige, die wirklich Gegenwehr leistet sich merkwürdig, wenig hilfreich auch gegenüber anderen Leidensgenossen und wirkt selbst im Sprech- und Gehverhalten, ja sogar im Stillen distanziert bis abiotisch und sowieso faszinierend (aber auch auf Dauer entnervend) kommunikationsgestört.

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