One Piece ist eine populärer Anime aus Japan im Serienformat. Er handelt von den Abenteuern einer ausgefallenen Piratenbande in einer fiktiven Welt. In dieser Welt ist (wie bei vielen Animes) so ziemlich alles möglich, deshalb sei hier nur die Spitze des Eisbergs erwähnt: Es gibt schier unendliche Weiten Wasser, die in 5 erwähnenswerte Gewässer unterteilt sind: Es gibt 4 Ozeane (East-, West-, South- und Northblue), die wie die Quadranten eines Koordinatensystems die Abbildung des Erdballs unterteilen. Die äquatoriale Linie bildet dabei eine besonders gefährliche und riesige Meereströmung, Grand Line genannt. Orthogonal zu dieser existiert die Red Line, der einzige richtige Kontinent und somit größte zusammenhängende Landmasse. In der Welt von One Piece dreht sich praktisch alles um Piraten, seien sie nun gut oder böse. Je höher das Kopfgeld, das auf einen Piraten ausgesetzt ist, desto höher die von ihm ausgehende Gefahr bzw. die ihm erbrachte Ehrfurcht. Den Piraten entgegen stellt sich die Marine.
Die Protagonisten in One Piece sind also auch Piraten, aber nicht so, wie es das europäische Verständnis dieser Thematik vermuten läßt. Der Anführer der Bande ist ein naiver Junge namens Ruffy, der eine Gefahr selten ernst nimmt und meistens erst handelt und dann überlegt. Diese Vorgehensweise kann er sich aber erlauben, denn er hat von einer Teufelsfrucht gegessen. Was ist eine Teufelsfrucht? In der Welt von One Piece erlangen Menschen (wie auch Tiere und sogar Gegenstände) durch Teufelsfrüchte übermenschliche Fähigkeiten. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein: Man erlangt die Macht, Blitze zu erzeugen, seinen Körper in Rauch aufgehen zu lassen, sich in ein bestimmtes Tier zu verwandeln oder Feuer zu spucken. Es gibt praktisch keine Grenzen. Doch zwei Eigenschaften sind allen Teufelsfrüchten gemein: Einmaliger Verzehr ist unwiderruflich (man behält die Fähigkeit bis an sein Lebensende) und man verliert die Fähigkeit zu schwimmen (im Wasser ist man also verloren). Ruffy hat von der Gum-Gum-Frucht gegessen und besteht deshalb aus Gummi. Er kann seinen Körper dehnen und somit als Waffe einsetzen. Das klingt jetzt nicht so beeindruckend wie die Fähigkeit, Blitze zu schleudern, doch zeigt sich im Verlauf regelmäßig, dass er es praktisch mit jedem aufnehmen kann. Zu seiner Crew stoßen nach und nach immer mehr Mitglieder dazu; angefangen mit dem ehemaligen Piratenjäger Lorenor Zorro, einem brandgefährlichen Schertkämpfer, und der Navigatorin Nami, die ziemlich geldgeil ist, folgen später der einfallsreiche Lysop, der Koch Sanji, der Elch(!) und Arzt Chopper, die mysteriöse Archäologin Nico Robin und schließlich das (bis dato) letzte Crewmitglied Franky, ein Cyborg. Jedes Crewmitglied hat seinen eigenen Traum. So will Ruffy z.B. König der Piraten werden oder Zorro der beste Schwertkämpfer der Welt. Und das ist dann auch immer der jeweilige Beweggrund, Pirat zu werden.
Was macht One Piece gut? Wer Animeserien kennt, kennt folgendes Phänomen: Man sieht sich eine Folge an, doch damit nicht genug; die Folge endet mittendrin und man sieht sich quasi gezwungen, die nächste Folge zu konsumieren. Und One Piece hat dieses Schema perfektioniert. Das ist jetzt noch kein Beleg für die Qualität der Serie, aber vergleicht man mit anderen Vertretern des Genres (wie Pokemon oder Yu-Gi-Oh), so merkt man doch, das mehr Professionalität dahinter steckt. Bei Pokemon ist zwar jede Episode Teil eines übergeordneten Handlungsstrangs, doch ist dieser Handlungsstrang ja nur die lineare Reise des Protagonisten. Die Episoden handeln eigentlich immer von einem jeweils neuen Abenteuer. Bei Yu-Gi-Oh hingegen ist das Prinzip der ineinander verketteten Episoden schon leichter zu erkennen, doch die eigentliche Haupthandlung ist denkbar flach (sie ist ja nur Alibi und gilt als Begründung für die Auseinandersetzungen). One Piece aber brilliert mit einer immer wieder überraschend komplexen Geschichte: So gibt es imer wieder einige dicke Storybrocken, so genannte Arcs, die sich über mehrere dutzend Episoden erstrecken können. Sie alle besitzen Einleitung, Hauptteil und Schluss sowie Rückblenden. Viele Charaktere werden sorgfältig erklärt und gewinnen so an Tiefe. Seien es nun Gefährten oder Widersacher. Im deutschen Free-TV werden die Episoden täglich ausgestrahlt, was bedeutet, das ein Arc sich schon mal über mehrere Wochen erstrecken kann. Ist man auf diesen Rythmus angewiesen, kann man sich regelmäßig in den Arsch beißen, wenn in einer Episode mal wieder kaum etwas passiert. Das ist Fluch und Segen zugleich. Man wird seine Aufmerksamkeit nur schwer von der Serie weglenken können und das Konsumieren einer Episode wird zum festen Ritual. Und ist ein Arc dann doch endlich mal abgeschlossen, so hat man selbst das Gefühl, etwas großes miterlebt zu haben. Das es noch schlimmer geht, beweist ein Blick über den Teich ins Land der aufgehenden Sonne; in Japan wird One Piece nämlich wöchentlich ausgestrahlt.
Wie dem auch sei, die Serie hat noch mehr zu bieten: Eines der Hauptmerkmale sind natürlich die zahlreichen Kämpfe. Diese profitieren von der unglaublichen Kreativität, die der Schöpfer Eiichiro Oda an den Tag legt. Wie man sich denken kann, existieren in der Piratenwelt die gefährlichsten Gestalten, von denen einige ihre Gefährlichkeit den Teufelsfrüchten verdanken, andere aber auch einfach nur ob irgendwelcher besonderer Konditionen (sie sind Fischmenschen oder haben hart trainiert etc.). Und wenn sich Ruffy und Co. miteinander balgen und minutenlang in der Luft bleiben, sich gegenseitig mit immer neuen Attacken überraschen, während der Zuschauer schon jegliche Hoffnung aufgegeben hat und dann doch mal wieder eines Besseren belehrt wird, dann bedeutet das allerbeste Unterhaltung. Man muss zwar einräumen, dass One Piece vielen Klischees verfallen ist und bisweilen auch etwas kitschig zu sein pflegt, aber anders wäre es kein One Piece! Ein anderes Hauptmerkmal ist der reichhaltige Humor. Vor allem die Schwächen der Protagonisten regen wirklich häufig zum Schmunzeln an; so ist Sanji (eigentlich ein cooler Typ) sofort Feuer und Flamme, wenn er ein süßes Mädel erblickt. Jedes Crewmitglied hat so seine Running Gags, welche dann auch passend mit den überstilisierten Animedarstellungen rüber gebracht werden. Doch bei allem Humor, der die Serie so liebenswürdig macht, wird niemals der Ernst vergessen. One Piece ist keine Kindersendung; zwar wird schon im japanischen Original darauf geachtet, dass Feinde lediglich besiegt werden und nicht etwa getötet, doch gibt es jede Menge Blut zu sehen und geflucht wird am laufenden Band. Leider wurde in Deutschland versucht, dass Blut bis aufs Nötigste zurückzuschrauben, die Essenz der Serie blieb aber erfreulicher Weise erhalten. Und das man auch noch sinnloser Schneiden kann, beweist die amerikanische Sichtweise von 'jugendgefährdend': Während der Koch Sanji sowohl im japanischen Original als auch in der deutschen Faasung stets eine Zigarette im Mund hat, lutscht sein amerikanisches Pendant immer einen Lolly. Jedenfalls findet One Piece zu jeder Zeit das optimale Verhältnis zwischen sinnfreiem Humor, bodenständiger Ernsthaftigkeit und abgehobener Action. Einziges störendes Detail am Rande sind die gelegentlich eingestreuten Filler-Episoden. Da in Japan Anime und Manga beinahe zeitgleich erscheinen, der Anime aber stark abhängig vom Manga ist, muss der Anime manchmal Zwangspausen einlegen. Und zwar immer dann, wenn der kreative Kopf Eiichiro Oda mit dem Manga trödelt. Was kann man dann im Anime zeigen? Hier greift man eben auf sinnfreie Nebengeschichten zurück, die die Haupthandlung nicht stören und quasi per Gesetz nichts am status quo ändern dürfen (die Kontinuität der Serie darf ja nicht gestört werden). Und eben diese 'Sidequests' sind leider häufig nicht wirklich spannend und manchmal werden tatsächlich Fehler begangen (so wird Ruffy in einer Filler-Episode eine Narbe zugefügt, die später natürlich nie wieder auftaucht...). Glücklicher Weise sind diese Episoden sehr rar gesät und kommen wenn überhaupt zwischen den verschiedenen Arcs vor, aber nicht innerhalb dieser.
Der visuelle Stil weicht erfrischend vom Anime-Standard ab; die Serie hat also ihren eigenen Stil. Die Wurzeln sind aber unverkennbar. Die sporadisch auftretenden, aufwändigen Kamerafahrten sorgen für eine ungeheure Dynamik und auch die innovativen EInstellungen haben ihren Effekt. Das Charakterdesign ist stets ausgefeilt und abwechslungsreich, auch wenn man sich anfangs vielleicht etwas an den Stil gewöhnen muss. Begleitet wird das Treiben von exzellenten Musikthemen, die im Verlauf der Serie auch zahlreicher werden. Sie erzeugen stets eine unglaubliche Atmosphäre, auch wenn sie meist nur sachte im Hintergrund dudeln. Dagegen fallen die deutschen Introsongs leider etwas ab, wie ich finde. Man sollte hier vielleicht nicht alle in eine Schublade stecken, allgemein gilt aber hier, dass sie nicht den genialen Charakter der Serie widerspiegeln. Ansonsten muss man sagen, dass die deutsche Lokalisierung durchaus gelungen ist. Inhaltliche (Übersetzungs-)Fehler sind selten, während die Quälität der Synchronisation ausgesprochen gelungen ist. Tatsächlich gefällt mir die deutsche Stimme Ruffys besser als die japanische.
Als Abschluss lässt sich nur sagen, dass One Piece zu Recht eine der drei erfolgreichsten Animeserien Japans ist (Tendenz steigend). In der Serie steckt so viel Genialität, dass jede einzelne Episode ein Vergnügen ist. Sie hat sogar das Potential, Animehasser zu bekehren. Vielleicht reicht eine Episode noch nicht ganz, der Sucht zu erliegen, doch ohne zu übertreiben: 5 Episoden und es gibt kein zurück. One Piece ist der König der Animeserien!