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Mario Bianchi eröffnet seinen schmuddelig-derben Sexploiter La bimba di Satana angenehm stimmungsvoll. Ein altes, wuchtiges Schloß, weit abseits der Zivilisation, Blitze zucken durch die Nacht, untermalt vom Krachen des Donners. Im Schloß ist eine Abschiedszeremonie im Gange. Maria (Marina Hedman), die Schloßherrin, hat unter mysteriösen Umständen das Zeitliche gesegnet (der Arzt tippt auf Herzinfarkt, aber ich würde da nicht drauf wetten). Die Bediensteten und Angehörigen stehen bzw. sitzen um die aufgebahrte Leiche herum. Dr. Juan Suarez (Giancarlo Del Duca), besagter Arzt; Isidro (Joe Davers), der Hausdiener; Antonio Aguilar (Aldo Sambrell), der Witwer; Ignazio (Alfonso Gaita), Antonios gelähmter Bruder; Sol (Mariangela Giordano), Krankenschwester und Nonne; sowie Miria (Jacqueline Dupré), die Tochter der Verblichenen. Just als sich letztere der Leiche nähert, bäumt diese sich urplötzlich auf. Miria schreit, die Kamera fängt ihr Gesicht in einer Nahaufnahme ein, das Bild friert ein, der Vorspann beginnt. Und während alldem dudelt Nico Cataneses rockiger Synthesizer-Score ominös vor sich hin und weckt wohlige Erinnerungen an unvergessene Meister wie Fabio Frizzi (Paura nella città dei morti viventi), Walter Rizzati (Quella villa accanto al cimitero) und natürlich Goblin (Contamination).

Nach den Credits beruhigt der gute Onkel Doktor die geschockten Gemüter; sowas kann schon mal vorkommen, kein Grund zur Aufregung. Nun, das mag ja sein, aber mit rechten Dingen geht es im Schloß deshalb noch lange nicht zu. Miria hört die Stimme ihrer toten Mutter, und als sie sich die Leiche in der Familiengruft ansieht, öffnet diese unvermittelt die Augen. Isidro ist davon überzeugt, daß Miria Gefahr droht und versucht sie mittels eines bizarren Rituals zu retten, auf dessen Höhepunkt er einem Hahn die Gurgel durchbeißt. Und irgendeine böse Energieform bewegt sich lautlos durchs Schloß, welche selbst tote, vermoderte Körper wiederauferstehen läßt. Sehr langsam, fast schon quälend entschleunigt, dümpelt das mysteriöse Geschehen träge vor sich hin, ohne daß sich ein Plot herauszukristallisieren vermag. Alles bleibt lange nebulös; die Figuren, ihre Beziehungen zueinander, das Grauen. Das ist jedoch zu verschmerzen, ist die "Geschichte" doch eh nur ein Vorwand, um das mitunter absonderliche Sexploitation-Programm abzuziehen. Mit anderen Worten: T & A galore. Blut fließt kaum, der Horroranteil ist gering und weitgehend harmlos, explizite Gewaltdarstellungen glänzen durch Abwesenheit. Trotz der dichten Atmosphäre mag leider auch kein rechtes Grusel-Flair aufkommen.

Und doch ist es genau diese morbide, ungesunde, sexuell aufgeladene Stimmung, in Kombination mit dem tollen Score, welche den Reiz des Filmes ausmacht. La bimba di Satana ist ein abgründiges Mood-Piece, garniert mit Sex, Lust, Haß und Tod. In seinen besten Momenten erinnert Bianchis Streifen an grausig-surreale Horror-Epen wie Paura nella città dei morti viventi (Ein Zombie hing am Glockenseil) oder ...E tu vivrai nel terrore! L'aldilà (Die Geisterstadt der Zombies), nicht zuletzt, weil Bianchi und seine Kameramänner Lucio Fulcis fulminanten Stil recht geschickt imitieren. Die langsamen Bewegungen der Figuren, die undurchschaubaren Blicke, mit denen sie sich gegenseitig mustern, die charakteristischen Zooms auf die Gesichter, die zahlreichen Nahaufnahmen, das unwirkliche, alptraumhafte Ambiente, und dazu - man kann es nicht oft genug erwähnen - Cataneses eindrückliche Klanggemälde. Das einzige, was fehlt, sind Fulcis exzessive Gore-Einlagen, und unwillkürlich fragt man sich, ob La bimba di Satana in der Fangemeinde ein ähnlich hohes Ansehen wie Fulcis große Klassiker genießen würde, wenn Bianchi einige deftige, blutrünstige Murder-Set-Pieces integriert hätte, anstatt die paar Todesszenen fast schon verschämt zu vernachlässigen und eher lustlos herunterzukurbeln.

In schauspielerischer Hinsicht wird Abwechslung geboten. Die einen (Sambrell und Davers) chargieren über, die anderen (Gaita und Dupré, letztere in ihrem einzigen Filmauftritt) agieren hölzern. Porno-Aktrice Hedman (aka Marina Frajese) ist oft nackt und hat eine gewisse Ausstrahlung, aber der Star der Show ist zweifellos Mariangela Giordano. Sie ist einerseits eine gute Schauspielerin, die andererseits auch vor vollstem körperlichen Einsatz nicht zurückschreckt. Giordano war damals mit Gabriele Crisanti (Co-Autor und Produzent des Filmes) liiert, und anscheinend konnte sie ihm keinen Wunsch abschlagen. Das erklärt ihr so engagiertes wie berüchtigtes Mitwirken an solchen Sleaze-Klassikern wie Malabimba, Giallo a Venezia, Patrick vive ancora, Le notti del terrore und natürlich La bimba di Satana. Fans von schmierigem Italo-Schund sagen ihren Dank. Mal ehrlich: Was wäre denn die Horrorfilmgeschichte ohne die legendäre Szene in Le notti del terrore, in welcher der zombiefizierte, von Pietro Barzocchini aka Peter Bark gespielte Junge einen herzhaften Happen aus der Brust seiner Filmmutter (= Giordano) beißt? Eben. Solche ungeheuren WTF-Momente findet man in La bimba di Satana zwar nicht, Eurotrash-Fans bekommen dennoch genug geboten, um sich für knapp fünfundsiebzig Minuten wie die Made im Speck zu fühlen.

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