Review
von Leimbacher-Mario
Zirkus Halligalli
Schon mit seinem bizarren „They Call Me Jeeg Robot“ konnte Regisseur Gabriele Mainetti weit über die italienischen wie genretechnischen Grenzen seine ganz eigenen Duftmarken setzen. Nun geht er in „Freaks Out“ noch drei Schritte weiter und schafft ein abstraktes Epos zwischen Guillermo Del Toro und Alex de la Iglesia, zwischen Zirkus und Weltkrieg, zwischen Besatzung und Befriedigung, zwischen Unterhaltung und Anspruch, zwischen Bahnhofskino und Kunstkino, zwischen Trash und Tohuwabohu, zwischen Mainstream und Abseitigem - ein wahres Feuerwerk der Genregefühle! Und (da lehne ich mich jetzt schon aus dem Fenster) der völlig verdiente Gewinner des diesjährigen Fresh Blood-Preises auf dem Fantasy Filmfest! (Womit er dann meines Wissens nach der erste Filmemacher ist, der diesen Preis mit seinen ersten beiden Regiearbeiten gewinnen konnte!)
X-Men: Freaks Class vs. bemitleidenswerte Nazischurken
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll über „Freaks Out“ zu schwärmen. Ohne Frage jetzt schon einer meiner absoluten Lieblingsfilme des Jahres. Diese italienischen „Fantastic 4“ müssen sich hinter keiner Hollywoodkonkurrenz verstecken. Ganz im Gegenteil: wenn die kommenden Fanta Vier des MCU auch nur ansatzweise auf dieses Level und so nah an mein Herz kommen wie diese heldenhaften Italofreaks, kann sich Disney glücklich schätzen. „Freaks Out“ ist pure Movie Magic. Mit einem der ausgiebigsten und unterhaltsamsten Bösewichter seit Jahren. Rogowski rockt erwartungsgemäß! Man liebt absolut alle eigenwilligen Figuren sofort. Nicht selten wurde ich auch an die legendäre Liga der außergewöhnlichen Gentleman erinnert - die Comicversion von Alan Moore versteht sich. Die Effekte können sich meist sehen lassen, die finale Schlacht sprengt alle europäischen Genregrenzen, das Tempo bleibt hoch und es nie eine Minute zu lang. Der sechsfingrige Bösewicht ist wie gesagt sehr ambivalent und interessant, samt seiner Fähigkeit in die Zukunft zu sehen und dann etwa PlayStation-Controller zu malen. Genial! „Freaks Out“ ist äußerst hart und noch herzlicher. Splatter, Spannung und Spaß geben sich gekonnt die Klinke in die Hand. Falsche Töne werden trotz dem prekären Thema nie getroffen. Die sonst oft abgenutzte Epoche wirkt hier frisch und fast magisch, mystisch, dennoch menschlicher denn je. Der Score ist heroisch und episch. Die Chemie untereinander stimmt. Die Nebenfiguren bleiben im Gedächtnis, bekommen alle ihre Minuten und Momente. Ihr merkt es: ich bin restlos begeistert und spätestens jetzt muss man Mainetti im Auge behalten!
Fazit: traum- und rauschhaftes Genrekino, das Grenzen sprengt und eindringlich beweist, dass der europäische Film in Ausnahmefällen selbst Hollywood die emotionalen wie abwechslungsreichen Grenzen aufzeigen kann. Superheldenkino mal ganz anders. Einer der Geheimtipps des Jahres, der diesjährige Liebling auf dem Fantasy Filmfest, ein Fest für den Freund von Außenseiterfilmen. Ein Werk für die Ewigkeit. Eine famose Vorstellung für die Geschichtsbücher. Bravo!