Zivilprozess (1998)

Ein Anwalt verhilft Menschen zu ihrer Gerechtigkeit. So denkt man gemeinhin über den Advokaten. Doch die Realität sieht anders aus: ein Anwalt muß Geld verdienen. Lukrative Fälle mit Aussicht auf Erfolg und außergerichtliche Vergleiche sind sein Tagesgeschäft, Gerechtigkeit hin oder her. Auch Jan Schlichtmann (John Travolta) versteht es gut sein Handwerk nach diesen Regeln zu betreiben. Erst der Fall mehrerer erkrankter Kinder in einem kleinen Dörfchen namens Woburn weckt in ihm das alte Gefühl wieder wofür er eigentlich einst Anwalt wurde: der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. So vertritt er und seine Kanzlei eine Gruppe Dorfbewohner in einem nahezu aussichtslos erscheinenden Fall vor Gericht. Sie streiten gegen die Übermacht eines Großkonzerns, der offensichtlich vor einigen Jahren in eine Umweltskandal verwickelt ist.

Das Justizdrama ist alles andere als Popcorn-Kino und für eine Schauspielgröße wie John Travolta eher ungewohntes Terrain. Doch Travolta meistert diese Aufgabe mit Bravour und kann begeistern. Einfühlsam und damit ungewohnt mimt er den Anwalt, der nicht aufgeben will zu kämpfen und dabei alles zu verlieren droht. Sein Gegenpart, gespielt von einem phantastisch agierenden Robert Duvall, kontert die Figur des Jan Schlichtmann gezielt aus und bewahrt dabei die notwendige Ruhe und Gelassenheit.

Der Score ist einfach zu durchschauen, die Spannung lebt von Travolta und Duvall, garniert mit weiteren Größen wie Tony Shalhoub, William H. Macy und James Gandolfini. Gerade von Gandolfini wünscht man sich wie üblich mehr, und ähnlich wie Travolta überrascht er durch perfekte Leistung mit Hingabe in dieser für ihn ungewohnten Rolle und kann auf ganzer Linie überzeugen. Der Knaller kommt aber zum Schluß: die Richterin, die über Schlichtmanns Pleite entscheidet, ist keine geringere als Kathy Bates - bekannt vorallem als Bettina aus der Serie "Six Feet Under", eine Serie die ein ähnliches Publikum anspricht wie "Zivilprozeß".

Abseits des Mainstream, Kopfkino vom Feinsten mit Tiefgang und Tragik, ein Film der im Gedächtnis bleibt und das Prädikat "besonders wertvoll" erhält. Schade, daß Hollywood mit diesen Filmen zu wenig Geld verdient als daß man mehr von dieser Sorte erwarten könnte.

(9/10)