Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug
„Bleiben Sie bitte auf Ihren Plätzen! Das haben wir gleich unter Kontrolle!“
„Tail Sting“, ein direkt für den Videothekenmarkt gedrehter US-Lowest-Budget-Film aus dem Jahre 2001 von Regisseur Paul Wynne („Bombshell“), vermengt Tierhorror um Riesenskorpione mit Katastrophenfilm-Motiven.
Eine Gruppe Wissenschaftler transportiert im Gepäckraum eines Flugzeugs genmanipulierte Skorpione zu Forschungszwecken. Als einer der Wissenschaftler die gefährliche Fracht widerrechtlich an sich reißen will, können sich die Tiere befreien und wachsen in rasender Geschwindigkeit zu überlebensgroßen Bestien heran, die die Passagiere bedrohen und die Elektronik des Flugzeugs außer Kraft setzen. Kapitän Jack Russel (Robert Merrill, „Backlash“) kämpft zusammen mit Dr. Jennifer Ryan (Laura Putney, „Death Ride“) und den übrigen Passagieren ums nackte Überleben...
Es gibt Dinge, die passen einfach nicht zueinander. Jagdwurst und Nutella z.B., Veganer und Wildbrät, die F.D.P. und die 5%-Hürde – sowie aggressive Riesenskorpione und Flugzeuge. Diesen Beweis tritt Paul Wynne mit seinem Low-Budgetter und No-Brainer „Tail Sting“ an, der beim Wühlen im DVD-Regal des Trödelhändlers sofort mein Interesse als Kreaturenfan weckte, denn Riesenskorpione hatte ich bisher noch nicht in meiner Sammlung. Der Film entpuppt sich als billiger Vertreter seiner Art, der in arg eingeschränkten Kulissen – die nicht sonderlich realistisch anmutende Nachbildung eines Flugzeugs mitsamt Cockpit, Frachtraum und Toilette – handgefertigte Riesenskorpione auf eine allerlei Stereotypen verkörpernde Passagierflugzeugbesatzung von schauspielerischen No-Names hetzt. Schon früh beginnt „Tail Sting“, sich selbst kaum ernst zu nehmen und mit blöden, tendenziell unlustigen Sprüchen um sich zu werfen. Dadurch werden gewisse Erinnerungen an die mir nicht ohne Grund als Überschrift dienende Komödie geweckt (durch den Stil, nicht die Qualität der Gags!), wenngleich „Tail Sting“ die Grenze zur Komödie nie überschreitet, wohl aber die zum Absurden: Dass die Viecher mir nichts, dir nichts plötzlich überproportional zu riesenhaften Ungetümen mutieren, wird quasi in einem Nebensatz schnell mit „Genmanipulation“ erklärt, dass diese es schaffen, an den verschiedensten Stellen des Flugzeugs aufzutauchen, ohne jeweils zuvor bemerkt worden zu sein, muss hingenommen werden, dass mit einem Laptop auf die Arachniden eingeprügelt wird erscheint ebenso kurios wie ihre offensichtliche Allergie gegen Taschenlampenlicht und dass die obligatorische Liebesgeschichte dazu führt, dass sich der Käpt’n und die Wissenschaftlerin in einem Sarg näherkommen, ist eines von vielen Details, die zum Unterhaltungswert des Films beitragen.
Mit derlei Späßen, die nicht immer eindeutig als freiwillig oder unfreiwillig zu klassifizieren sind, muss man sich in erster Linie begnügen, denn die Kreaturen wurden doch sehr billig getrickst (dankenswerterweise jedoch nicht per CGI) und sonderlich blutig ist die Sause auch nicht. Die unnötigen Klischeehacker, die die wenigen Szenen am Erdboden bestreiten, laden zum Fremdschämen ein und bringen die Handlung kein Stück voran, da sie kläglich gegen die zunächst den Eindruck nervöser Terroristen vermittelnder, sich dann jedoch als illegale Einwanderer mit lebensrettenden technischen Fähigkeiten entpuppenden Araber versagen. Witzig überzeichnet sind alle übrigen Charaktere, der Bösewicht an Bord fühlt sich sogar plötzlich reichlich bluna. Die bedeutungsschwangere Schockreaktion auf die noch bedeutungsschwangerer herausposaunte Erkenntnis „Es ist eine Königin!“ ist einer von mehreren eher missglückten Versuchen, Dramatik in die unwahrscheinliche Situation zu bringen und damit ebenso köstlich wie viele weitere Momente, die „Tail Sting“ letztlich mit seiner Mischung aus Dilettantismus und augenzwinkerndem Spaß zu einem durchaus kurzweiligen Vergnügen für geeichte Trashologen machen, der verglichen mit anderen Kreaturenspektakeln aber gnadenlos abstinkt und sich bei aller Dankbarkeit dafür, dass die rund 90 Minuten nicht in totaler Apathie abliefen, sondern manch Lacher boten, mit 4 von 10 Punkten begnügen muss.