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 Vor drei Jahren starb die Familie der Studentin Stephanie Patrick bei einem Flugzeugabsturz, und dieses schreckliche Unglück konnte Stephanie nie überwinden. Als Folge dann Drogenabhängigkeit, billigste Prostitution, Absturz total. Und jetzt steht da plötzlich dieser Journalist und behauptet, dass dieser Absturz kein Unglück war, sondern ein Bombenanschlag. Ausgeführt, um einen einzigen Mann an Bord dieser Maschine zu eliminieren, und um ein Zeichen an andere Aufsässige seiner Sorte zu senden: Ihr, die ihr nicht dem wahren Islam gehorcht, wir kriegen euch alle.
Klar, dass Stephanie in einen Sturm der Gefühle gerät, und in ihrer Verzweiflung reagiert sie falsch und sorgt dafür, dass der eigentliche und namentlich bekannte Bombenleger untertaucht. Stephanie nistet sich daraufhin bei einem früheren MI6-Agenten in Schottland ein und lässt sich innert weniger Monate zu einer Agentin ausbilden. Keine Super-Nikita, aber zum Töten wird es wahrscheinlich gerade mal langen. Das Ziel: Den Mann im Hintergrund suchen und umbringen, bevor dieser weitere Anschläge auf Unschuldige ausüben kann.

So eine Inhaltsangabe liest sich erstmal wie so vieles, was im Kino der 10er- und 20er-Jahre dieses Jahrhunderts vorherrscht: Idiotische Handlung, Schießereien, Explosionen, Atemlosigkeit, Bombast, Leere. Überraschung Nummer 1: Der Film ist tatsächlich über weite Strecken sehr ruhig gehalten, und begleitet eine junge Frau bei ihrer Reise in eine Welt zu der sie nicht gehört, und wo sie das Überleben auch nicht wirklich gelernt hat. Angst, Zweifel, ein Ziel vor Augen, Rachedurst, und dann doch wieder Angst und Schwäche, diese widerstreitenden Gefühle werden visualisiert und überzeugend rübergebracht. THE RHYTHM SECTION ist alles mögliche, aber kein Michael Bay-Film!

Klingt aber trotzdem erstmal wie eine banale Thrillerhandlung, die zwischen den Roman eines Len Deighton und dem erwähnten NIKITA schon hundertmal wiedergekäut wurde, und deren Inhalt langsam abgegrast erscheint: Eine Amateurin lässt sich zur Killermaschine ausbilden um eine private Rache auszuüben. Überraschung Nummer 2: Stephanie wird niemals eine Killermaschine sein, und dies wird ihr auch klar erklärt. Sie ist eine mäßige Kämpferin, sie ist in den falschen Momenten schwach, und sie hat Skrupel zu töten. Menschliche Skrupel, was nichts anderes bedeutet, als dass sie immer verwundbar sein wird. Da gibt es diese Autoverfolgungsjagd mitten durch Tanger, und so eine Verfolgungsjagd kann man auf verschiedene Arten filmen. So wie in den italienischen Polizeifilmen, mit wilden Kurvenfahrten und spannenden Slaloms mitten durch den existierenden und langsameren Verkehr einer Großstadt. Oder so wie in Frankenheimers RONIN, wo im falschen Augenblick Passanten auftauchen und das Tempo gnadenlos ist. Überraschung Nummer 3: Reed Morano setzt auf den Beifahrersitz des gejagten Fahrzeugs einen Mann mit Handkamera, und der filmt – Die Fahrerin! Und den Blick aus der Windschutzscheibe! Die Fahrerin, Stephanie, ist hoffnungslos überfordert und schreit und flucht und ist alles andere als souverän in ihrer kleinen Speikiste, hinter der ein großer Mercedes stärker und schneller ist. Und vor der Windschutzscheibe tauchen plötzlich(!!) Menschen auf. Oder biegen andere Autos aus Nebenstraßen ein, die dann auch noch einen Hänger hinter sich herziehen. Oder verengt sich die Straße plötzlich durch Marktstände. Tauchen Mofafahrer auf. Oder ist der Verfolger einfach schneller und gewiefter, und wenn Stephanies Wagen querstehend in Richtung Abhang geschoben wird, dann sitzen wir immer noch in diesem Auto und können uns überhaupt nicht wehren. Ein glatter Gegenentwurf zu MacGuyver und vor allem zu Bourne! Grandios!!

Das war die gute Nachricht. Die nicht so gute: Leider sind die narrativen Sequenzen, also alles was nicht Action ist, nicht so überzeugend geworden wie die erstklassigen Kampfszenen. Stephanies Entwicklung von der Drogennutte hin zur Amateurattentäterin ist mit unendlich vielen der immergleichen Flashbacks an ihre Familie gepflastert, genauso wie an sehr viele Momente während ihrer Ausbildung, die jeglichen Inhalts entbehren. Ihr Mentor B (der heißt hier wirklich so) demütigt sie lieber, anstatt ihr eine ordentliche Ausbildung im Nahkampf zu geben, so scheint es, und auch wenn B‘s Verhalten sicher nicht ohne Grund ist, so fehlt hier doch ein wenig der (cineastische) Inhalt. Dazu kommen noch einige Löcher innerhalb der Handlung, die zwar den Ablauf nicht wirklich ausbremsen, aber den Zuschauer gegebenenfalls mit offenen Fragen hinterlassen: Wie kann Stephanie zwischen Spanien und den USA pendeln? Mit ihrer Tarnidentität als deutsche Terroristin? Sicher nicht. Aber wie dann …? Die Sache mit dem Bombenzünder im Bus ist megaspannend und klasse gefilmt, in sich aber nicht logisch, und ausgerechnet der Schlussszene entbehrt dann gleich jeglicher Sinn …

Von daher hat es hier leider doch einiges an Schatten neben dem Licht: Viel Zeit wird mit Dingen vergeudet welche die Laufzeit unnötig strecken oder redundant sind, dafür lernen wir auf der anderen Seite phasenweise Stephanies Innenleben kennen und erhalten Einblicke in die Seele eines Menschen, der alles verloren hat und komplett gebrochen wurde. Und der sich mal eben hopplahopp ganz schnell wieder aufrappelt, was zwar idiotisch klingt, aber zugegebenermaßen durch Blake Lively überragend dargestellt wird.

Fazit: Die Action ist furios, die Machart ist überraschend gelungen, aber inhaltlich wäre da durchaus noch einiges zu verbessern. Und sei es nur der originale Titel, der sich auf genau eine einzige Dialogzeile bezieht, und damit die Ideenlosigkeit der Grundausrichtung passend illustriert.


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