Die Warriors feat. Snake Plissken
Im Jahr 1990 gilt die Bronx in New York als „No Man's Land". Die Häuser sind verwahrlost und zum größten Teil Ruinen. Gewalt ist an der Tagesordnung, denn die Obrigkeit der Stadt hat das Gebiet aufgegeben und brutale Banden beherrschen die Straßen. Als die Tochter eines großen Wirtschaftsbosses in das Viertel flieht und bei einer der Gangs untertaucht, schickt ihr Vater einen skrupellosen Agenten, der das Mädchen mit allen Mitteln zurückholen soll...
Viel offensichtlicher kann man sich ja eigentlich gar nicht mehr bei Hill (The Warriors) und Carpenter (Escape from New York) bedienen, aber getreu dem Motto „Besser gut geklaut, als schlecht erfunden!" sei Castellari (Ein Haufen verwegner Hunde) das verziehen, denn was er hier abliefert, ist streckenweise schwer unterhaltsam. Zuneigung zu Trash immer vorausgesetzt.
Die Kulissen der heruntergekommenen Bronx sehen wirklich super aus, auch wenn die Klasse der Vorbilder aus finanziellen Gründen nicht erreicht wird und man ab und an im Hintergrund spielende Kinder oder fahrende Züge entdeckt, die so sicherlich nicht im Bild auftauchen sollten. Trotzdem ist die ganze Location ziemlich düster geraten und auch die unterirdischen Gänge und Verstecke sind richtig schön schmuddelig.
Dafür sind die Kostüme der Protagonisten teilweise zum Schreien lächerlich und weit weniger authentisch als bei Hills Film. Den Vogel abschießen tun die ulkig grün geschminkten Mutanten (?), bei denen nicht ganz ersichtlich wird, was sie eigentlich sein sollen, denn von atomarer Verstrahlung ist nie die Rede. Auch die Rollschuh-Gang, die mit Eishockeyschlägern auf ihre Gegner einprügelt und von Man-Eater George Eastman im Dschingis Kahn Gedächtnisoutfit kommandiert wird, ist ein Brüller. Und was sich die Macher bei den im Cabaret-Stil angemalten Jungs und Mädels gedacht haben, die vor jedem Angriff lustig Ballett tanzen, kann rational wohl nicht erklärt werden. Einzig die beiden storytechnisch wichtigsten Gangs (Riffs und Tigers) kommen einigermaßen gut weg. Blaxploitation Pimp Daddy Fred Willamson (From Dusk Till Dawn) als Anführer einer Bande von Zuhältern mit Goldkettchen und Pelzmantel, passt wie die Faust aufs Auge. Mark Thunder Gregory als Trash (wie passend), fällt dagegen eher durch grenzwertig tuckige Bewegungen und eine miese Frise auf, aber der Rest seiner Rockerbande kommt ganz passabel rüber.
Insgesamt kann man Castellari hier aber gar nicht böse sein, denn auch wenn durch die vielen albernen Kostüme ordentlich Atmosphäre und Spannung flöten geht, großes Entertainment sind sie allemal. Getoppt werden sie in ihrer unfreiwilligen Komik nur noch durch ein live gespieltes Drumsolo, das irgendein Schlagzeuger am Ufer des East River sitzend, bei einem Zusammentreffen der Riffs und Tigers zum Besten gibt.
Actiontechnisch liefert der Film soliden Standard, ohne wirklich Spektakuläres auf der Habenseite verbuchen zu können. Schusswaffen existieren, warum auch immer, nur außerhalb der Bronx und so begrenzt sich der Einsatz dieser auf einige kurze, dafür aber in Zeitlupe ganz schick fotografierte Sequenzen. Gegen Ende wird noch einmal ordentlich mit Flammenwerfern gezündelt, doch im Großen und Ganzen dominieren Schlägereien und das Benutzen von Hieb- und Stichwaffen inklusive einer From Russia with Love Referenz. Gore- und Bluttechnisch bleibt dabei alles im Rahmen, was ganz löblich ist, da so die nötige Härte nicht durch übertriebenen Gewalteinsatz zerstört wird.
Unterlegt wird das muntere Treiben von den typischen, aber wieder mal wunderbar klingenden Synthesizermelodien und der B-Film All-Star-Cast kann sich auch sehen lassen und spielt, mal abgesehen vom ziemlich fehlbesetzten Mark Gregory, ohne nennenswerte Ausfälle.
So bleibt unter dem Strich Italo-Trash mit Endzeittouch, der streckenweise wirklich toll unterhält, teilweise aber leider etwas lächerlich daherkommt und so einiges an Atmosphäre einbüsst und auch bei der Action ruhig etwas mehr bieten könnte. Nichtsdestotrotz gibt es für Fans von derartigem Stuss eine uneingeschränkte Empfehlung sich dieses Machwerk zumindest einmal zu Gemüte zu führen und wer vorher schon rummeckern will, dem kann man nur sagen: „Hey Mann, lass die Kacke im Arsch!"(6/10)