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Mitte der 70er Jahre befand sich Edwige Fenech auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als sie zu einer der populärsten Protagonistinnen der "Commedia sexy all'italiana" wurde, eine bis in die frühen 80er Jahre erfolgreiche erotische Variante der italienischen Komödie. Ihre ersten Sporen im erotischen Genre verdiente sich die Französin mit italienischer Abstammung mütterlicherseits im frühen deutschen Sex-Film ("Frau Wirtin hat auch einen Grafen" (1968)), bevor sie der Produzent Luciano Martino - zu dieser Zeit auch ihr Lebengefährte - gezielt zu fördern begann. Unter der Regie seines Bruders Sergio Martino reüssierte sie zunächst in dessen Gialli ("Lo strano vizio della Signora Wardh" (Der Killer von Wien, 1971)), um in "Giovannona Coscialunga disonorata con onore" (1973) auch seinen Start ins erotische Komödien-Fach zu begleiten.

Während sich Sergio Martino nach "Cugini carnale" (1974) zunehmend dem Poliziesco zuwandte, blieb sein Bruder dem Komödien-Genre treu und produzierte unter Ciceros Regie "L'insegnante" (Die Bumsköpfe, 1975) mit Edwige Fenech als schöner Lehrerin, der stilbildend für das Genre werden sollte. Ihre Konfrontation mit dem braven "Jüngelchen" Alfredo Pea, der nichts als Sex im Kopf hat, und dem Komiker Alvaro Vitali als idiotischem Side-Kick - beide Darsteller hatten zuvor nur kleinere Nebenrollen gespielt - wurde so erfolgreich, dass das selbe Team im Jahr darauf "La dottoressa del distretto militare" (Die Knallköpfe der 6. Kompanie, 1976) folgen ließ. Erneut schrieb Francesco (hier unter dem Vornamen Franco) Milizia das Drehbuch und mit den Komödianten Carlo Delle Piane, Gianfranco D'Angelo und Mario Carotenuto waren die wichtigsten Nebendarsteller wieder mit von der Partie.

Die Struktur beider Filme ähnelt sich entsprechend - nur das die Handlung diesmal vor dem Hintergrund der Armee statt in der Schule spielt. Nicht nur angesichts des Alters der Darsteller eine glaubwürdigere Situation, sondern ein beliebtes Thema im italienischen Film, in dem die Armee häufig das Objekt satirischer Betrachtung war. Mit einer kritischen Sichtweise scheint "La dottoressa del distretto militare" (wörtlich: Frau Doktor vom Bezirkskommando), der damit beginnt, dass ein orientierungslos gewordener Blinder einen Verkehrspolizisten anpinkelt, vordergründig wenig zu tun zu haben, aber das täuscht - sich der Wehrpflicht zu entziehen, war ein populäres Thema in Italien und traf den Nerv eines Publikums, das nicht genug von inkompetenten, bestechlichen und schwachsinnigen Militärs bekommen konnte, weshalb Nando Cicero mit "La soldatessa alla visita militare" (Die letzten Heuler der Kompanie, 1977) und "La soldatessa alle grandi manovre" (Die trüben Tassen der Stube 9, 1978) noch zwei Fortsetzungen folgen ließ.

Parallel brachte das Team um Luciano Martino und Drehbuchautor Milizia mit "L'insegnante va in collegio" (Das Liebesquartett, 1978) und "L'insegnante viene a casa" (Die Hauslehrerin, 1978) auch noch zwei Fortsetzung zu "L'insegnante" heraus - zwar unter wechselnder Regie, aber jeweils mit Edwige Fenech, Alvaro Vitali sowie Renzo Montagnani, der den Part des männlichen Hauptdarstellers ab dem zweiten Armee-Film von Alfredo Pea übernommen hatte. Sowohl das Schule/Lehrerin-Thema, als auch der soldatische Hintergrund, von der sich noch die Figur der sexy Frau Doktor abspaltete, waren so erfolgreich, dass eine Vielzahl an Nachahmern auf die Leinwand kamen, die in Deutschland fälschlicherweise als Fortsetzungen betrachtet werden. So gilt "La dottoressa sotto il lenzuolo" (Der Kleine mit der großen Schnauze (1977)) als Nachfolger von "La dottoressa del distretto militare", obwohl beide Filme außer der titelgebenden "Frau Doktor" nur wenig gemein haben.

Abgesehen von ihren unterschiedlichen Sujets, sind "L'insegnante" und "La dottoressa del distretto militare" inszenatorische Zwillinge, bedingt auch durch den von Alfredo Pea verkörperten Rollentypus. In beiden Filmen wird die Handlung, bevor Edwige Fenech nach etwa einem Drittel der Laufzeit erstmals auftritt, ausschließlich von derben Spielszenen bestimmt, die je nach Sichtweise urkomisch bis geschmacklos daher kommen. Als Hintergrund diente hier die Übergabe des Einzugbefehls für die Wehrpflichtigen, die darauf folgende Musterung und der Versuch der Rekruten, sich mit einer vorgetäuschten Krankheit vor dem Militärdienst zu drücken. Allein die irre Motorradfahrt des Boten, der mit seiner Übergabe des Schreibens an Gianni Montano (Alfredo Pea) diesen beim ungewöhnlichen Liebesakt mit zwei Frauen in einem Hotelzimmer stört, genügt schon, um ausreichend Stimmung zu verbreiten - und beweist, wie früh italienischen Komödien nichts Menschliches fremd war.

Erneut spielte Pea den einzig intelligenten männlichen Charakter, der mit Hilfe eines befreundeten Friseurs (Alfonso Tomas) versucht, wieder ausgemustert zu werden, gleichzeitig aber auch die Dottoressa Elena Dogliozzi (Edwige Fenech) ins Bett kriegen will, die die Untersuchung der angeblich kranken Rekruten leitet. Ihm zur Seite steht der ebenfalls eingezogene Alvaro Pappalardi (Alvaro Vitali), dessen Chancen beim weiblichen Geschlecht wie gewohnt unter Null liegen, weshalb er sich unterschiedliche Varianten der körperlichen Befriedigung ausdenkt, die fast immer mit körperlichen Schmerzen enden. Innerhalb dieses Panoptikums aus Drückebergern, dilettantischen Ärzten und dem strohdummen Colonello Farina (Mario Carotenuto), Leiter der medizinischen Abteilung, wirkt Edwige Fenech wie eine Außerirdische, woran eine entscheidende Qualität italienischer Erotik-Komödien deutlich wird - zwar sind es auch hier die Frauen, die mit ihren körperlichen Vorzügen die voyeuristischen Bedürfnisse befriedigen sollten, aber die Macher scheuten sich nicht, die Männer ausschließlich als Schwachköpfe oder notgeile Lügner darzustellen.

Anders als in "L'insegnante" tritt Edwige Fenech in ihrer Rolle als Ärztin deutlich selbstbewusster und dominanter auf. Dort baggerte Pea in seiner Rolle als verzogener Sohn reicher Eltern seine Nachhilfelehrerin ungehemmt an, was in "La dottoressa del distretto militare" unvorstellbar ist - die gemeinsamen Nacktszenen entstehen lange Zeit nur in seiner Fantasie. Auch wenn die Witze über Fettleibige - Männer wie Frauen - die Schmerzgrenze des guten Geschmacks deutlich überschreiten und die übliche Homophobie nicht fehlt, bekommt dem Film der Verzicht auf einen verlogenen romantischen Hintergrund, mit dem in "L'insegnante" noch der Versuch einer schlüssigen Handlung unternommen wurde, sehr gut. Einzig niedere Instinkte bestimmen hier das Handeln, was "La dottoressa del distretto militare" die notwendige ironische Distanz verleiht.

Der Blick auf das sich liebende Pärchen am Ende, das - wie schon in "L'insegnante" - vermittelt, Gianni hätte mit seinen Brachialmethoden doch Frau Doktor noch herum bekommen, stört ein wenig den guten Gesamteindruck einer irren, geschmacklosen Komödie, die in vielerlei Hinsicht Vorbildwirkung hatte. Doch das Ende versöhnt, denn während der sympathische Alvaro als zu klein entlassen wird, muss Gianni zum Militärdienst einrücken und ward in den zukünftigen Fortsetzungen nicht mehr gesehen. (6,5/10)

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