Review

... und die spaßige Abnabelung vom stutzigen Kernpublikum


Ein Spin Off eines Spin Offs - das ist der weibliche Suicide Squad-Ableger „Birds of Prey“ mit Harley Quinn als deutlichen Dreh- und Angelpunkt. Nicht mehr, nicht weniger. Und wer würde da bitte schon einen waschechten, weltweiten Hit erwarten?! Ich hatte das zumindest nicht, weswegen ich die momentan herrschende Enttäuschung und Polarisierung um den Film und sein Abschneiden auch nicht wirklich nachvollziehen kann. Einen guten, oder zumindest soliden Film darf man allerdings immer erhoffen, ganz egal ob Kontroversen, Politik oder Agendas die Gespräche bestimmen - und das ist „Birds of Prey“ meiner Meinung nach schon geworden. Zumindest in weiten Teilen. Kein Meisterwerk, alles andere als tadellos, aber ein kesses Knallbonbon, dem ich keine Minute böse war mir Zeit von der Uhr zu nehmen. Erzählt wird von Harley Quinn, zuerst in Trennungsschmerz und dann gejagt von halb Gotham City, einem geklauten Diamanten und ein paar weiteren (Comiclesern bekannten) Ladies, die es ebenfalls faustdick hinter den Ohren haben und krachen lassen können...

FRESH
+ Margot Robbie IST Harley Quinn. Die perfekte Besetzung, keine Frage, keine Alternative! 
+ der düsterere DC-Look gepaart mit exzessiven Farbspielen = einige wunderschöne Bilder! 
+ die Kampfchoreos ballern, ballern, ballern!!!
+ ein paar harte Ausreißer (gebrochene Beine, gehäutete Gesichter, gesprengte Körper...)
+ Frauenpower en masse 
+ etliche klasse Songs und Versionen; Soundtrack kann schon was 
+ krasses Tempo, atemlos 
+ starkes, bombiges, klares Finale 
+ kesse Sprüche 
+ mal nicht nur sexy Kleidung, viel nackte Haut und Übersexualisierung 
+ ein paar Insider und Connections
+ für mich keine Sekunde langweilig 
+ vor allem das weibliche Publikum im Kino ist (zu recht) extrem mitgegangen 
+ Bruce, die Hyäne!!! (sieht auch gut gemacht aus)
+ fetzige, extrovertierte Outfits 
+ endlich mal wieder Rosie Perez!
+ Comicintro gelungen 
+ Miss Quinn ist eine unfassbar gute „Bösewichtin“ und Antiheldin
+ kreuz und quere Erzählweise passt zu Harley; anarchistisch und unberechenbar
+ ein paar experimentelle Momente (Monroe-Hommage...)
+ frischer, längst überflüssiger Blickwinkel 
+ fühlbarer Feminismus (?) im Kinosaal; oder zumindest eine Menge Fun
+ man fühlt mit Harley - eine wilde, chaotische Mischung aus Freude, Boshaftigkeit, Einsamkeit, Wut, Kummer, Wahnsinn, Kraft und Mitleid 
+ Glitzer, Glamour, Guts
+ stellenweise sogar leichte Horrorvibes
+ die rotzigere Cousin von „SS“
+ ein Tritt-in-die-Eier-Kommentar zur aktuellen #MeToo-Thematik 

ROTTEN
— ein paar mehr ruhige Momente hätten nicht geschadet (gerade für Harley/Robbie)
— die sonstigen Charaktere und Ladies wirken arg flach, austauschbar, blass 
— Black Mask ist gerade noch ok hinnehmenbar, aber nicht berauschend, selbst wenn McGregor noch sein Bestes gibt 
— manchmal Agenda zu sehr in your face 
— zu oft „Deadpool“-light oder -female 
— Wolf wird verschenkt!!!
— kein wirklicher Birds of Prey-Film! 
— viel zu späte Zusammenkunft der Damen 
— Musikvideo-Feeling oft; Soundtrack (wie in Suicide Squad“) sehr aufdringlich
— Art und Stil können nerven 
— Victor Zsasz ist nicht gut genug dargestellt, nein, absolut nicht... unwürdig 
— Action kann redundant werden 
— L.A. oft nicht genug Gotham
— hätte gern noch saftiger, knochenbrechender sein dürfen
— Story arg dünn 
— Diamant-Macguffin sehr basic, fast lächerlich 
— Tarantino-Vibes in billig; John Wick-Vibes in zu soft 
— kann alles aufgesetzt cool wirken 
— wird nicht allen Figuren und Comicvorlagen gerecht 
— holt nicht jeden ab 
— Balance geht manchmal verloren
— God Mode unserer Heldinnen hätte gut mal abgeschaltet werden können 
— „alle Männer sind böse“ kann übertrieben wirken 
— enttäuschender (wenn auch passender) After Credits-Witz

Fazit: nicht der beste Wurf von DC, aber für mich immerhin runder und spaßiger als „Suicide Squad“. Selbst wenn er auch einige von dessen Fehlern und eklatanten Schwächen übernimmt, zudem man etwas Etikettenschwindel vorwerfen kann und die pink-krasse Pyjamaparty doch unfassbar oberflächlich bleibt - H.Q. bzw. M.R. rettet auch das Ding und hievt es erstaunlich hoch. Fast Food-Feminismus. Hyperaktiv, anstrengend, gewollt, überschlagend. Ebenso wie stylisch, krachend, frech, unterhaltsam und verdammt flott unterwegs. Da bin ich doch eher gar auf der positiven Seite. Wenn auch nur knapp... 

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