Nachdem der mehrfach verfilmte Stoff von Bram Stoker in der Version der englischen Hammer-Produktion 1958 werkgetreu umgesetzt und mit Christopher Lee DER Dracula schlechthin präsentiert wurde, folgte ein Jahr darauf flugs eine komödiantische Variation davon. Schlechte Zeiten für Vampire ist dabei ein offensichtlich schnell heruntergekurbeltes Filmchen, ein inszenatorisches Leichtgewicht von Horrorkomödie, dass mit dem Star des ernsten Vertreters auch einen starken Bezugspunkt und gleichzeitig zugkräftigen Star aufweist, allerdings ansonsten wirklich nur rein zu Unterhaltungszwecken dienen kann.
Erfreulich ist, dass man sich nicht komplett auf eine reine Parodie versteift hat, sondern dem Film genügend eigene Elemente beigegeben hat, um auch ohne grossartige Kenntnis des Originals bestehen zu können. Dummerweise ist der Humor mittlerweile leicht angestaubt, obwohl sich die Frage stellt, ob der Witz auch Ende der 50er wirklich zündend war.
Mal was anderes ist allerdings der Schauplatz, die ganze Zeit befindet man sich an der malerisch sonnigen Riviera im modernen Italien, wo in den ersten Minuten ein schneeblondes Fräulein namens Lellina [ Kai Fischer ] von Dolce Vita und Amore trällert, während ihr Love Interest Baron Osvaldo Lambertenghi [ Renato Rascel ] grad sein Schloss an die HotelbetriebsAG Atlas versetzt.
Der Pleitegeier kreist über den Zukurzgeratenen, die 80 Millionen Lire Erlös werden sofort notgedrungen an die Gläubiger Finanzamt weitergeleitet; die altehrwürdige Burg in ein Luxushotel umgewandelt und der gescheiterte Baron als Hotelpage und Mädchen für alles angestellt.
Als er einen Brief seines bis dato unbekannten Onkels Roderico da Frankurten [ Christopher Lee ] erhält, der um Mitternacht ankommen will und bereits einen mannsgrossen Koffer als Gepäck vorgeschickt hat, geht der Ärger [ = Spass ] los: Roderico ist ein 400 Jahre alter Vampir und unter Durst stillen versteht er keinen Gang in die Bar. Da passt es ihm ganz gut, dass das Hotel gut mit jungen, hübschen Mädchen belegt ist. Er geht auf Beutefang.
Die folgende milde Turbulenz ist relativ kurzweilig, ohne aber allzu viel an der Temposchraube zu drehen oder gar in Slapstickhöhen zu verfallen, eine intelligente Persiflage wie Polanskis Tanz der Vampire wird auch nicht ansatzweise erreicht. Das soll aber sicher auch nicht das Ziel sein, die Peilung steht später mehr auf frivoles und gleichzeitig zeitgenössisch züchtiges Lustspiel, besonders wenn es armen Osvaldo selber erwischt und er als lebender Vampir durch seine ehemalige Wohnstätte stöbert.
Anspielungen auf die sexuelle Promiskuität des wahren Herrschers der Nacht arten in liebestolle Gebissene aus, die von ihren eigentlichen Männern abfallen und nur noch eines von „Ossi“ wollen, nämlich noch einmal in den Genuss seiner Beisser zu kommen.
Dieser weiss allerdings am Tage nicht davon, der Dracula – Mythos vermischt sich mit der Gut und Böse in einer Person Thematik von Dr. Jekyll und Mr. Hyde und der Abart der Schizophrenie vom Wolfsmenschen gleichermassen. Dabei stellt der Nachwuchs – Vampir einen sehr unwürdigen Vertreter dar, besonders im Vergleich zum zwei Köpfe grösseren und ehrwürdig – aristokratischen Roderico, der mit Stolz und Respekt durch die Szenerie wandelt; Osvaldo wuselt sich eher so durch. Trotzdem kommt er auf die stattliche Zahl von 42 Partnerinnen die Nacht; einzig die unschuldige und reine Lellina ist vor ihm geschützt, er selber hat im wachen Zustand Kreuze und Knoblauch angebracht, die auch dem Trieb widerstehen.
Die eingespielten Witze zirkulieren sich dann auch zumeist um Verlangen der Männer, in einem Running Gag versuchen zwei Gigolos umsonst, durch Alkohol und andere Aphrodiasaka bei zwei kühlen nordischen Mädchen zu landen. Andere Albernheiten drehen sich um Verwechslungen und Hetzjagden durchs Schloss, alles nicht wirklich originell und gut getimt, passt aber zur sonstigen Atmosphäre.
Mit einem besserem, vor allem lustigeren Hauptdarsteller als Schlagerkalauer Renato Rascel, auf dem die Hauptlast der Regie lastet, wäre der Film besser abgeschnitten. Rascel arbeitet nicht mit Gestik und Mimik, sondern zerredet in endlosen Monologen alles und wendet sich später sogar direkt an die Kamera; was hätte ein Schauspieler wie Louis de Funès da alles draus machen können. Lee selber hat wenig Auftritte und verschwindet mittig ganz im Grab, aber veredelt trotz seiner abgespeckten Präsenz auch noch im Nachhinein den Film; ohne seine Mitwirkung würde heute auch kein Hahn mehr danach krähen.
Was der marketingtechnische Spruch mit dem „Klassiker des europäischen Horrorkinos“ und dem Vergleich mit den Werken Fredas, Bavas und Margheritis soll, weiss wohl nur Dr. Dressler selber.
[ Review wurde auch auf www.filmbesprechungen.de veröffentlicht. ]