London. Der traumatisierte Ex-Soldat Tomas ist obdachlos und erhält von einer hilfsbereiten Nonne das Angebot, sich um das heruntergekommene Haus der jungen Magda zu kümmern, in der diese ihre Mutter pflegt. Und weil das Haus recht bedrohlich wirkt und Tomas die Mutter nie sieht sondern nur hört, ahnt Tomas, wohl vom Regen in die Traufe gekommen zu sein. Und richtig: Magdas Mutter entpuppt sich in Wahrheit als ein überalterter Dämon, der hin und wieder fledermausartige Kreaturen gebiert, und so entschliesst sich Tomas, Magda zu helfen...
Dass die Spielweisen des Horrors auf ganz, ganz verschiedene Weisen funktionieren, hat das Genre nun schon hinreichend bewiesen. Und je nach Regisseur, Drehbuchautor etc. mag es dann sogar sein, dass ein und derselbe Stoff auch völlig anders interpretiert wird. Das Debüt der britischen Schauspielerin Romola Garai ist so ein Beispiel dafür, denn auf dem Papier klingt „Amulet“ einfach nur nach einer x-beliebigen Haunted-House-Story. Was der geneigte Horrorfan hier allerdings geboten bekommt, geht keinesfalls wie sonst so üblich in die Richtung von leicht verdaulicher Fast-Food-B-Film-Unterhaltung mit „Amityville“-Versatzstücken sondern beackert ein Terrain, das irgendwo zwischen David Lynchs „Eraserhead“ und dem frühen Cronenbergschen Body-Horror angesiedelt ist. Obwohl im Hier und Jetzt eines kaum als postkartentauglich zu bezeichnenden, aber sonnendurchfluteten London gefilmt, verströmt „Amulet“ unter dem fast völligen Verzicht vordergründiger Schockeffekte dunklen, surrrealistischen Horror der feinen und stimmungsvollen Art – untermalt mit feministischer Grundhaltung. Je mysteriöser und abgründiger die Handlung wird (verstärkt durch Flashbacks aus den Erlebnissen von Tomas als Soldat) umso soghafter gerät „Amulet“, der sehr viel vielschichtiger daherkommt als es die irritierend langatmige erste halbe Stunde vermuten lässt. Also unbedingt dranbleiben, den „Amulet“ ist für alle die gemacht, die noch immer nicht müde sind, das Spezielle zu suchen und Glattgebügeltes als langweilig empfinden. Bildformat: 1,85:1. Mit Alec Secareanu, Carla Juri, Imelda Staunton, Anah Ruddin u. a.
Ab 15.10.2020 digital und ab 23.10.2020 auf DVD und Blu-ray erhältlich
© Selbstverlag Frank Trebbin