Review

Der Mann im Haus 


„Amulet“ ist ein britisches Horrorfilmdebüt von einer Frau namens Romola Garai und konnte zu Beginn des Jahres bereits auf ein paar Genrefestivals für Furore oder zumindest Gesprächsstoff sorgen. Wir folgen einem obdachlosen Ex-Soldaten, dem von einer freundlichen Nonne angeboten wird zusammen mit einer jüngeren Frau und ihrer kranken alten Mutter (untergebracht auf dem Dachboden) zu wohnen. Doch schnell wird dem ebenfalls alles andere als unschuldigen und fehlerlosen Mann klar, dass in diesem verfallenen Gebäude und dieser gewalttätigen, gestörten Familie wesentlich teuflischere Dinge vor sich gehen könnten...

Die Schweizerin Carla Juri (bekannt vor allem aus „Feuchtgebiete“) wird viel zu selten gelobt, ist ein echtes Ausnahmetalent, das nun hoffentlich endlich auch in Hollywood richtig Fuß fasst. Ein Pluspunkt schonmal für „Amulett“. Hinzu kommen einige faszinierende Creature Effekte, ein brachiales Finale mit etlichen Überraschungen, fast lovecraft'schen Dimensionen und Auflösungen, durch die Bank gute Darsteller und vor allem eine thematische Schwere, Weite, Metaphorik und Reichhaltigkeit, die durchaus seelisch lange bei einem unter der Haut bleiben kann. Gerade wenn man denn genug checkt oder dafür empfänglich ist. Doch da wären wir auch schon bei den doch deutlichen, kniffligen Haken an der Sache. Es werden nur äußerst wenig Leute bis zur letzten Viertelstunde durchhalten oder zumindest noch wach (genug) sein. Denn meines Erachtens lässt sich „Amulet“ deutlich zu viel Zeit zu Beginn, wirft auf seinem gemächlichen Weg ärgerlich wenige rote, interessante Heringe aus und bleibt auch in seinen durchaus großspurigen Erklärungen sehr vage und sporadisch. Mich hat das einfach zu wenig geschockt, interessiert, gefesselt. Trotz aller Kraft und WTF?!-Kurven gegen Ende. Ein brauchbares Debüt bleibt es dennoch. Muss ja nicht alles fehlerfrei sein. Unverzeihliche Wunden, bizarre Machtspiele, verdrehte Geschlechterrollen. Reichhaltig und hoch gezielt. 

Fazit: hintenraus und thematisch stark, inszenatorisch zwar etwas träge, aber dennoch geschickt und hübsch, schauspielerisch ebenfalls nicht minder fein - und dennoch wollte bei diesem außergewöhnlich ambitionierten Regiedebüt über Dämonen, Sünden und kosmische (feministische oder dämonische?) Rache der Funke nie ganz überspringen. Nice Try... ? 

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