Review

Lieber J.J.,

Oops, you did it again ... . Die Ewoks hatten es ja schon länger von den Baumwipfeln gepfiffen, dass du nun doch auch den Trilogie-Abschluss dirigierst. Klar, da hat dir und vor allem den Erbsenzählern in der Mäusezentrale der gute Rian einen satten Lichtschwerthieb verpasst. Da wagt der es doch, den duften Sunnyboy Luke zum nörgelnden Eremiten umzuoperieren, den neuen Oberbaddie Snoke zur Halbzeit auszuwechseln und dann auch noch Jedi-Novizin Rey mit Westentaschen-Vader Kylo ein telepathisches Machttheater aufführen zu lassen. Also geht´s noch? Das wird dann nicht unter Halbierung des globalen Box Office und einem fiesen Bannstrahl für Solo bestraft.

Dass Luke immer schon eine Einzelgänger gewesen war und im Prinzip einen ähnlichen Weg ging wie Greisen-Meister Yoda, geschenkt. Dass Snoke nur eine wenig imposanter Palpatine-Pappaufsteller war, ebenso. Und dass der Zweiklang der Macht ein grandioser Einfall war, der den ganzen Mediocloraner-Quatsch des guten alten George endlich mal mit einer sinnigen Weiterführung konterte, ist ja auch egal. Die Menge blökt, die Menge bockt, die Menge tobt, also gebt der Menge ihr altes Brot und ihre abgenudelten Spiele.

Und dafür braucht es einen Impresario von Retro-Gnaden, einen der abgestandenes Wasser wieder sprudeln lässt, auch wenn´s natürlich dieselbe Brühe ist. Ist nicht bös gemeint, J.J., aber wenn einer alt wie neu aussehen lassen kann, dann du. Das hast du drauf wie kein Zweiter. Du hast nicht nur die olle Enterprise wieder flott gemacht, sondern auch Toms unmögliche Missionen auf zukunftstauglich frisiert und natürlich vor allem unsere Sternenkrieger dahin geschickt, wo sie hin gehören: in den Box Office-Hyperraum. Meinen allerhöchsten Respekt!
Skeptisch war ich trotzdem, du weißt warum. Mit finalen Hieben hast du dich ja immer etwas schwer getan. Über das Ende deiner Mysterie-Robinsonade Lost breiten wir mal lieber den Mantel des Schweigens bzw. den Schleier der dunklen Seite der Macht. Und ganz ehrlich, das war kein Einzelfall.

Vielleicht trittst du auch deshalb erstmal die wilde Flucht nach vorn an. Dein letzter Star Wars-Streich kommt wie eine trampelnde Herde Banthas daher, denen Chewie per Armbrust in die ausladenden Hinterteile geballert hat. Ein wüster, zielloser Ritt, ohne Atempause und ohne Orientierung. Hättest dir nur mal ein Beispiel an der hauseigenen Konkurrenz der bunten Jumpsuit-Kollegen nehmen können, die haben ihr Endspiel mit einer Bierruhe angegangen und dennoch den Super Bowl geholt. Na ja, es wird dann ja recht bald sehr viel besser.

Ich weiß ja, dass du Rians Film durchaus sehr mochtest - was uns übrigens verbindet - und du greifst seine Stärken dann wie ich finde absolut stimmig auf. Böse Zungen unterstellen dir ja schon wieder, das du Rian den Mittelfinger zeigst, wahrscheinlich dieselben (Maul-)Helden, die vor zwei Jahren „Last Jedi“ am liebsten mit dem Todesstern zerballert hätten. Aber ich schweife ab. Luke hast du jedenfalls ganz im Sinne Rians weiter geführt, denn der war schon bei ihm wieder ganz der Alte, plus verschmitzter Ironie. Vor allem aber vertiefst du den Zweiklang der Macht zwischen Rey und Kylo sogar noch, wobei dir ein paar grandiose Szenen gelingen. Ich sag nur Lichtschwert. Ok, die Beziehung zwischen Finn und Rose scheint merklich abgekühlt beziehungsweise die scheint dich nicht weiter interessiert zu haben, aber mal ganz ehrlich - unabhängig von dem damals lächerlichen Shitstorm -, das war auch irgendwie kein doller Einfall gewesen, dieses fetzige Zweckbündnis zu romantisieren. Also alles gut.
Auch die endgültige Klärung der Verwandtschaftsverhältnisse der lieben Rey ist kein Arschtritt für Rian. Kylos Version habe ich immer schon als taktischen Zug verstanden gehabt und immer erwartet, dass da noch was (anderes) kommt. Und glücklicherweise ist es nicht der häufig kolportierte Skywalker-Stammbaum geworden, denn das wäre dann wirklich mal einfallslos im Quadrat gewesen. Ob du übrigens schon immer geplant hattest den bösen Kaiser aus dem Hut zu zaubern, ist mir eigentlich egal, es passt jedenfalls. Der alte Intrigant hat von „Episode I“ an sämtliche Fäden gezogen und wird sich wohl kaum von einer müden Kopie wie Snoke beerben lassen. Und sein Schwadronieren über „mannigfaltige Fähigkeiten“ geht auf George höchst persönlich zurück.

Ich hatte also zunehmend Spaß an deiner Abschlussarbeit und hab mich zunehmend entspannt. Klar, es hätte nicht zwingend wieder eine Weltraum-Materialschlacht werden müssen, noch dazu mit einer Million Sternzerstörern und noch mehr Widerstandsgewusel. Aber alles was Kylo und Rey aufführen, vor allem wie und wo sie es tun, ist großes Kino. Ist wörtlich zu nehmen. Auch dass die neuen drei Helden lange Zeit im Team auftreten, hat mir sehr gefallen. Am Ende sind wir alle vereint, ein vielleicht alter, nicht progressiver, aber dennoch schöner Gedanke.
Die neuen Welten und die Verweise auf so manche Alten sind ein Augenschmaus. Der ganze Digitalkram sieht famos aus und wirkt viel organischer wie bei den bunten Rächern. Da bist du unschlagbar. Genauso wie bei den vielen kleinen Anspielungen auf - machen wir uns nichts vor - die besten drei Star Wars Filme. Du bist auch Fan und das sieht man.
Den Goldenen und den Piepsenden hätte ich noch gern zentraler gesehen, aber ich weiß, der Kugelnde hat Merchandise-Priorität. Nicht deine Schuld. Lando und Chewie im Cockpit der alten Schrottmühle, toll. Poe im Han-Gedächtnis-Clinch mit 3PO auch. Apropos Han. Hab irgendwo was von Kitsch gelesen. Neee, das war Gänsehaut und die gabs nach der Urtrilogie nicht mehr oft.

Also, zum Abschluss noch einmal ein dickes Dankeschön. Das hast du toll gemacht. War auch bestimmt keine leichte Aufgabe mit all den wütenden Rian-Hatern, ängstlichen Schreibtischtätern und Überirdisches erwartenden Fans im Nacken. Da warst du bestimmt höllisch nervös, was man zunächst auch merkt. Den stotternden Hyperantrieb hats du dann aber flugs repariert bekommenund den rostigen Frachter wieder auf Kurs gebracht. Und eines wissen wir ja alle, es ist nach wie vor das schnellste, geilste und legendärste Schiff in der Lichtspiel-Galaxis.

In diesem Sinne,

möge die Macht mit dir sein J.J. Immer!

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