„Giornata nera per l'ariete“ zählt zu jenen Gialli, die unter hiesigen Fans dank einer ausländischen DVD-Veröffentlichung als Geheimtipp gehandelt werden und stets als „etwas besonderes“ angepriesen werden. Das „Besondere“ besteht bei diesem Film des kaum bekannten Luigi Bazzoni ebenso wie auch bei den übrigen Perlen dieser Art darin, das man über weite Strecken auf Sleaze und schmierigen Humor verzichtet hat und konzentriert und ernsthaft bei der Sache war. Weniger ist oft mehr, bzw. ein plakativer Film muss nicht zwangsläufig der publikumswirksamere sein. Diese Erkenntnis kommt „Giornata nera per l’ariete“ ebenso wie anderen eher düsteren Gialli wie z. B. „Il Profumo della Signora in nero“ oder dem horrorlastigen „La casa dalle finestre che ridono“ sichtlich zu gute.
All denjenigen, die (zweifelsohne schwer unterhaltsame) Granaten wie „Nacht der langen Messer“ oder „Torso“ für Offenbarungen des Genres halten, sollten ihre Finger hiervon lassen. Ähnlich wie in Massimo Dallamanos Meisterstück „Der Tod trägt schwarzes Leder“ stehen nicht wie sonst üblich genüsslich ausgespielte Mordakte und sich räkelnde Nackedeis im Zentrum der Handlung sondern ein Ermittler, der sich deutlich tiefer in den Fall verbeißt als seinen Vorgesetzten lieb ist. Für Franco Nero ist der Reporter Andrea Bild schon beinahe eine Paraderolle. Wie auch in Filmen seines alten Kumpels Enzo G. Castellari oder Damiano Damiani darf er auch hier seine Emotionen überschäumen lassen und liefert eine gewohnt tadellose Interpretation einer rastlosen, impulsiven Seele. Die Unzufriedenheit mit seinem Privatleben und seiner Arbeit lässt die neue „Story“ als aufregende neue Chance erscheinen und rückt ihn damit sogar ein wenig in die Nähe des von David Hemmings in Michelangelo Antonionis „Blow up“ verkörperten Fotographen. Für die intensive Spurensuche und Recherche vernachlässigt er sogar seine Freundin, die Studentin Lu, was auch zu einem kurzzeitigen Zerwürfnis der beiden führt, da Andrea sie eines Seitensprungs bezichtigt.
Auf der anderen Seite stehen- wie so oft- Vorgesetzte, die ihn von dem Auftrag zurückbeordern als sie bemerken, wie sehr dieser ihren Angestellten in Anspruch nimmt. Ein politischer Film ist „Giornata nera per l’ariete“ deswegen aber keinesfalls und die Auflösung des Verbrechens wird den Erwartungen eines jeden Giallo-Fans gerecht denn das Motiv des Täters ist wieder einmal selten fadenscheinig. Auch sonst sind es eher einzelne Szenen, die eine Differenz zu ähnlichen Filmen ziehen, die Geschichte selbst impliziert trotz alle dem die meisten Charakteristika ihrer Gattung, auch wenn hier im Vorspann sogar eine Romanvorlage angegeben ist.
Neben einer gewissen Tiefe weiß Bazzonis Film aber vor allem durch seine ausgefeilte visuelle Gestaltung zu beeindrucken. Hinter der Kamera stand hier Vittorio Storaro, der zwei Jahre zuvor bereits Dario Argentos wegweisendes Regiedebüt „L’Uccello dalle piume di cristallo“ veredelte und später für „Apocalypse Now“ den Oscar einheimste. Anders als Argento, der seine surrealen Alptraumgemälde stets durch Beleuchtung, Belichtung und anderweitige Bearbeitung stets noch zusätzlich verfremdete, nutzt Storaro die jeweilige natürlichen Gegebenheiten der Locations, auch den Tageslichteinfall selbst und stilisiert sie zur einer kristallklaren Hochglanzästhetik, wie man sie auch von seinem jüngeren Kollegen Christopher Doyle („Last life in the universe“, „Hero“) kennt. Als bildgewaltig kann man das wohl nicht bezeichnen, dem Auge ein Wohlgefallen ist es dennoch. Storaros besonderes Gespür für den effizienten Einsatz der „Point-of-view-Steadycam, der „subjektiven Kamera“ die er in oben genanntem „L’Uccello dalle piume di cristallo“ bereits bis zum Exzess (des Zuschauers!) perfekt anwendete kommt auch hier zum tragen und sorgt erneut für nervenaufreibende Momente, wenn sich der Mörder an seine Opfer heranpirscht. Auch wird in diesen Momenten größtenteils auf den Einsatz von Musik verzichtet, so das die Stille, bzw. die natürliche Geräuschkulisse wie Vogelgezwitscher die Spannungsschraube noch mehr anzieht. Im übrigen Film sorgt hierfür der verlässliche Ennio Morricone mit den für seine Giallo-Partituren typischen dissonanten Streichern.
Leider macht sich aber vor allem im Mittelteil des Films eine gewisse Trägheit breit. Wo die Konkurrenz entweder durch spitzzüngige oder spannungsreiche Dialoge und eine generell unangenehme, bedrohliche Atmosphäre („Il gatto nove code“) oder eine gehörige Portion Sleaze („Torso“) eine Brücke zum nächsten Höhepunkt schlägt oder sogar durch ersteres den Spannungsbogen steigert wohnt man hier vor allem sachlichen Dialogen mit John bei, die „Giornata nera per l’ariete“ eher als Kriminalfilm denn Thriller ausweisen. Der Unterschied wäre unter der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs „Giallo“ überhaupt keiner, denn für die Italiener ist jeder Krimi ein Giallo und ein Dario Argento oder Sergio Martino passen in diese Definition im Grunde nicht einmal mehr hinein. Doch die leicht zweckentfremdete Bedeutung des Begriffs jenseits des Stiefels weckt natürlich auch gewisse Erwartungen. So könnte man den Film im Grunde auch als italienische „Tatort“-Folge im Kinoformat bezeichnen.
Klingt nach einem langweiligen Film?
Nein, das wäre zuviel der Kritik. „Ein schwarzer Tag für den Widder“ wie der bizarre, aber tatsächlich originalgetreu übersetzteTitel lautet, unter dem der Film im Fernsehen 1991 seine deutsche Uraufführung erlebte, ist- ebenso wie der vorzügliche, aber leise Thriller „Malastrana“- ein Werk, auf dessen Rhythmus und Stimmung man sich einlassen muss. Gelingt einem das darf man mit einem soliden Kriminalfilm rechnen, der vor allem durch sein ansprechendes Äußeres und seine überzeugenden Darsteller (Genre-Ikone Rossella Falk als Signora Bini, Ira von Fürstenberg, Agostina Belli, Wolfgang „Dr. Mabuse“ Preiss u.v.a.) einen mehr als nur zufrieden stellenden Eindruck hinterlässt.