Review

Ich bin wirklich fassungslos. In vielerlei Hinsicht. Erst mal finde ich es extrem erstaunlich, dass dieses atemberaubende Meisterwerk völlig unterbewertet ist. Eigentlich hatte ich gestern Abend nur Lust auf einen Film mit der wunderbaren Whoopi Goldberg, doch was ich gestern zu sehen bekam, war nicht nur ein tiefsinniges Drama mit grandiosen Schauspielern, sondern auch der beste und emotionalste Road-Movie, den ich jemals gesehen habe. Ich frage mich zudem noch, warum dieser Film nicht bei den Oscars vertreten war, er hat eigentlich Alles, was so ein mehrfach oscarprämiertes Meisterwerk haben muss. Aber dazu später nochmal kurz ein paar Worte. In "Kaffee, Milch und Zucker" geht es um ein witziges Trio, dass sich einfach so auf dem Weg nach L.A. macht, um der langweiligen Wirklichkeit zu entfliehen. Das Trio besteht aus der lesbischen und farbigen Sängerin Jane, der nymphomanischen und noch sehr jungen Holly und der blassen Robin, die unter einer sehr schweren Krankheit leidet. Wie das bei Road-Movies so typisch ist, gibt es hier ein absolutes Wechselbad der Gefühle. Man liebt sich, man streitet sich, man hasst sich, man singt zusammen und man leidet zusammen. Zuerst muss ich mal wieder meine Empörung über diesen unfassbar dämlichen deutschen Titel auslassen. Wie kommt man bloß darauf, aus dem absolut passenden Titel "Boys on the Side" den extrem unpassenden Titel "Kaffee, Milch und Zucker" zu nehmen? Manch radikal übertriebener Gutmensch könnte darin sogar was rassistisches sehen. Natürlich ist das völlig übertrieben, dennoch ist der Titel absolut falsch und trägt zur Story überhaupt nichts bei und hat somit keinerlei Aussagekraft. Ich habe wirklich lange keinen Film mehr gesehen, der so viel brillante Schauspielkunst auf ein mal zu bieten hat und der zudem noch ein Soundtrack hat, der buchstäblich unter die Haut geht. Der Film ist extrem ruhig, besteht meistens nur aus grandiosen Dialogen und wird am Ende sogar noch extrem traurig. Natürlich ist der Film auch irgendwo eine Komödie, besonders durch Whoopi Goldberg gibt es hier unfassbar viel zu Lachen. Aber sie beweist auch in den ernsten Momenten, was für eine extravagante Schauspielerin sie doch ist. Ich finde sogar, sie liefert hier ihre beste Performance überhaupt ab, sogar noch viel besser als ihre Rolle in Ghost und für ihre Rolle in "Ghost" hat sie sogar (völlig verdient) den Oscar erhalten. Aber auch Mary Louise-Parker liefert als Robin eine grandiose Leistung ab und sie ist eigentlich auch die Schlüsselfigur im ganzen Film. Sie sorgt für die dramatischsten Momente im gesamten Film und es dürfte wohl keinen Filmfan auf dieser Welt geben, der Robin nicht sofort ins Herz schließen kann. Aber auch die junge Drew Barrymore als Holly macht einen fantastischen, ungewohnt freizügigen Job, auch wenn sie wahrscheinlich die "dümmste" der drei Hauptfiguren ist. Auch die Nebenrollen sind unfassbar stark besetzt, wir bekommen zum Einen den sympathischen James Remar (Dexter) zu sehen, der hier einen netten und charismatischen Loverboy spielt und den ebenfalls noch recht jungen Matthew McConaughey, der hier einen Polizisten spielt, den man allerdings im späteren Verlauf des Films für einige Taten hassen könnte. So sehr ich auch überlege, aber es gibt einfach so gut wie nichts, was ich an diesem Film auszusetzen habe. Er geht mit den schwierigsten Themen total liebevoll um und nie kommt auch nur der kleinste Ansatz des Kitschs hervor. Besonders die Bindung zwischen Jane und Holly wirkt sehr stark und hat sich tief in mein Gedächtnis verankert. Das Einzige, was vielleicht ein bisschen schade ist, war das Road-Movie-Feeling, welches im letzten Drittel des Films ein wenig flöten geht, was aber auch nicht bedeuten soll, dass der Film dadurch absackt.
Ich bin wie gesagt absolut entsetzt, wie dieser Film in sämtlichen Filmdatenbanken dasteht. Meiner Meinung nach gehört der Film in die Top 250 der IMDB und viel weiter nach oben in der ofdb. Auch bei den Oscars hätte der Film eigentlich abräumen müssen und deshalb ist "Kaffee, Milch und Zucker" oder auch "Boys on the Side" ein absolutes MUSS für jeden Filmfan mit Geschmack. Jeder der auf Hochglanzdramen mit enorm viel Tiefgang steht, wird hier regelrecht vom Hocker gefegt.


Fazit : Ein absolutes Drama-Meisterwerk mit viel Tiefgang, Emotionen und mit grandiosen Darstellern. Absolut kitschfreier Road-Movie mit toller Message und sehr realistisch wirkenden Charakteren. Hätte ich damals bei den Oscars das sagen gehabt, hätte das Ganze wie folgt ausgesehen :
Oscar für Whoopi Goldberg - Beste Hauptdarstellerin
Oscar für Mary Louise-Parker - Beste Nebendarstellerin
Oscar für das beste Drehbuch
Oscar für den besten Soundtrack
Oscar für Herbert Ross - Bester Regisseur
Oscar für den besten Film


9,5/10

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