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Die Long Arm of the Law Trilogie mag ausserhalb HKs vielleicht nicht den Stellenwert der A Better Tomorrow Saga oder von Infernal Affairs 1 – 3 erreicht haben, gehört aber dennoch mit zu den gelungensten Fortsetzungsreihen; jeder der Filme für sich selbstständig stehend und einzeln durchaus zu empfehlen.
Begonnen wurde 1984 mit dem auch hierzulande unter dem Titel Hongkong Vice herausgebrachten Erstling, der genau im Übergang von New Wave zur Heroic Bloodshed Ära erschien und deswegen Elemente beider Stilrichtungen aufweist. Die Abmischung beinhielt sowohl realitätsnahe Inhalte, die mit Handkameras direkt auf der Strasse umgesetzt wurden und deswegen weit mehr Wirkung als spätere Kommerzprodukte erzielte, als auch schon die danach gängige Prozedur von Cops VS Robbers im Bleihagel. Das Aufgeben der Identität für das Ziel und die Gemeinschaft, um trotz Verlusten gestärkt aus den Gefahren zu gehen; selbst wenn es nur mit den Beinen voran war.

Long Arm of the Law 2 [ 1987 ] deutete schon ein Gegenkonzept an; gecastet wurden nunmehr auch einige bekanntere Darsteller statt reinen Laien und der vorherige Pessimismus war hier schon nicht mehr so deutlich spürbar; dennoch befand man sich immer noch in inmitten dreckiger Urbanität ganz unten am Ende des Gesellschaft. Die grundlegende Andersartigkeit gegenüber den oft in der mondänen High Class spielenden Triadenfilmen, die nunmehr alle naselang auf der Kinoleinwand erschienen, spiegelt sich sogar im zweiten, 1989 gedrehten Ableger signifikant wieder. Trotz diesmal eindeutig auf Popularität schielender Besetzung mit Andy Lau und Max Mok und der ebenfalls steigernden Publikumswirksamkeit durch vermehrte Action, behält Regisseur Michael Mak die Tendenz der Vorgänger durchaus bei.
Dies ist die erste positive Nachricht; weitere sollen ebenso folgen wie auch einige gegenteilige Mitteilungen.

Der chinesische Soldat Li Cheung Kong [ Andy Lau ] wird vom PRC Officer Mao Heung Yeung [ Elvis Tsui ] vor das Exekutionskommando gezerrt, weil zwei seiner Freunde nach einem Raub Unterschlupf bei ihm suchten. Li gelingt kurz vor der Vollstreckung der Todesstrafe die Flucht; mit anderen Immigranten wechselt er nach HK über. In Ermangelung von Geld nimmt ihn der Gauner Leung [ Kirk Wong ] unter die Fittiche, Li soll seine Überfahrt ebenso als Scherge abbezahlen wie Chicken Heart [ Max Mok ]. Ausserdem besitzt er ein zweites, viel probateres Druckmittel: Seung Mun [ Elizabeth Lee ], die ebenfalls mit Li über die Grenze kam, wurde in die Prostitution geschickt. Wenn er kooperiert, kann er sie wiedersehen.

Während die Männer in den beiden Vorgängern schon von Beginn an bestimmte Vorsätze und Vorstellungen mit dem Übergang vom Festland auf die Insel verbanden, wird diesmal eine alleinige Hauptperson in Augenschein genommen, die sämtliche Zeit als Spielball fungiert. Die Auswanderung war erzwungen, der jetzige Job ist auch nicht freiwillig und die Aussichten stehen von vornherein weniger rosig als sonst dar. Die Voraussetzungen für ein ebenso düster – stimmiges Werk sind also vorrätig, dennoch ist der Grundton durch die Art der Inszenierung weder dergleichen atmosphärisch noch so dreckig wie die Jahre davor. Mak scheint als Regisseur mit dem Prinzip Zuckerbrot & Peitsche zu hantieren; das passt zwar ausgezeichnet zur entsprechenden Geschichte, die ja ebenso Hoffnung auf der einen Seite bereithält und die antithetische Realität auf der anderen. Aber es wird schnell über; das Hin und Her sowohl in der Erzählung als auch der Erzählweise sorgt alle paar Minuten für mindestens eine Hyperbel zuviel.
Die angespannte Handlungsführung hält zwar hinreichend (Nach]Druck auf seine Figuren und analog den begleitenden Zuschauer aufrecht, aber löst ihn zwischenzeitlich selber immer wieder. Unfreiwillig. Durch in ihrer Übertreibung schlichtweg danebengehende Szenen.

Konventionelles filmisches Regelwerk und deren Beachtung war seit jeher nicht die Stärke kantonesischen Filmemacher; das mag auch durchaus ein Vorteil sein, da man Emotionen auf eine sprunghafte, natürliche, lebensnahe Art besser erreichen kann als mit dem strikten Abschreiten von vermeintlich allgemeingütigen Kredo. Narrative Plausibilität ist ja kein Glaubensbekenntnis. Aber Mak trifft die richtigen Punkte weder im Kopf noch im Herzen; seine Amour fou zwischen Li und Seung Mun, die der Geschichte die meiste Zeit als Antrieb dient, ist ganz einfach nicht nachvollziehbar und schon gar nicht ehrlich. „Auf den ersten Blick“ ist ja schön und gut; sein Leben gleich dafür zu riskieren mag irgendwo auch noch recht und billig sein, aber die Verhaltensweisen entsprechen einer viel zu unreifen Herkunft. Man überreizt es. Li weiss plötzlich nicht, wie man ein Telefon benutzt. Er mäht eine Unzahl von Gegnern mit blossen Händen nieder, aber lässt sich von Leungs Partner Cheuk [ Stephen Tsang ] permanent herumschubsen und demütigen. Bei dem ersten Wiedersehen mit seiner Angebetenen stossen sie sich die Köpfe, verbrennen sich an der heissen Pfanne und brechen mit dem Fuss durch den Boden; schlechter Slapstick als Aufzeigen wahrer Liebe ?

Die so schon nicht mehr durchscheinende, sondern richtig plakative Naivität trägt sich auch in sämtlichen Darstellerleistungen durch. Die Bösen chargieren allesamt so schlimm, als würden sie unter Godfrey Ho drehen. Unfreiwillig lustig oder karikatiert oder pathetisch; die Attribute kann man sich je nach Betrachtung und aufgeschlossener Sichtweise aussuchen.
Zum Glück bleibt man getreu einem Spektakel dennoch immer kurz vor der Eruption, so dass man keine Mühe hat, Szenen grobschlächtig in referenzieller Verkürzung zu halten und im nötigen oder gar schlimmsten Fall von Penetranz die Action einzuwerfen. Griffen die beiden Prequels erst am Ende wirklich zur Priorität kinetischer Auseinandersetzungen, so darf man hier mehrere Kostproben durchgängig von Beginn weg bewundern. Teilnehmen tut man an grotesk – wahnwitzigen Stunts, die desöfteren einfach so nebenbei abgespult werden; vor allem die flirrende Kamera bei Hetzjagden und Parcourläufen ist wieder vorhanden und auch ebenso effektheischend eingebracht. Bei Überfällen werden ganze Mauern weggesprengt, akrobatische Martial Arts bei kleinsten Gelegenheiten zur Schau gestellt und sich auf und in Autos gehechtet. Wenn irgendwo Glas zu sichten ist, wird natürlich ebenfalls prompt reingesegelt; begünstigt durch eine abgehackte, raue Schnittarbeit von Editor Poon Hung entsteht ein mitreissender Sog, der vorherige logische Bedenken einfach wegfegt.
Das Finale beschliesst noch einmal in aller Ausführlichkeit, warum den drei Filmen jeweils der Ruf eines Actionfestes anhaftet. Von einem Gunfight auf offener Strasse über einen Indoor – Shooutout werden gute 20min lang ziemlich grosse Kerben in Mensch und Objekt geschlagen; von Quantität und Qualität der dargebotenen Schusswechsel sollte sich auch Kirk Wong für seine eigenen Regiearbeiten [ Crime Story, Organized Crime & Triad Bureau, Rock n‘ Roll Cop ] etwas abschauen.

Schade, dass der Inhalt zwar die passenden Anforderungen für die Materialschlachten bringt, aber ansonsten weniger taugt. Das Skript sekundiert die Umsetzung nicht, aber hält sich an die Grundsätze des Genres und stellt zumindest keinen Totalausfall dar. Lau und besonders Mok sind aber verschenkt; während Lau hier zumindest seine credibility als virtueller Bewegungskünstler vorantreibt, fällt der Andere gleich komplett flach.
Mak selber lässt in der folgenden Filmography die Dröhnung erst schleifen und dann ganz weg; seit dem 97er Island of Greed kann er leider auch keinen Credit mehr vorweisen.

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