Review

"Wahr und falsch" singen die beiden Showgrössen Teddy Robin Kwan und Andy Lau in einer der hervorstechendsten Szenen des Filmes. Eine Gesangs-, Klavier- und milde Tanzeinlage, die nicht nur den Inhalt, sondern auch die Idee dahinter perfekt umschreibt und dem Werk neben den seltsam außenstehend wirkenden Actionszenen erheblicher Sachbeschädigung auch das einzige Mal wirkliches Leben einflößt. Um wahr und falsch, seinen misslungenen Kompromiss, in stetig wechselndem Rhythmus mit permanent anderer Bedeutung und Wichtigkeit geht es. Innerhalb einer sichtlich ausgedachten und ebenso abgeschotteten Phantasiewelt, die nicht einmal den Versuch macht, eine unwiderlegbare Tatsächlichkeit zu erschaffen, geschweige denn, die Realität im Sinne von historisch korrekt abzubilden.

Ort und Zeit, in dem das Katz-und-Mausspiel geschieht, die Schatzjagd unter veränderten Vorzeichen, das Durcheinander, in dem Drei und mehr Parteien nicht gegen die Welt, sondern sich selber agieren, ist deswegen auch nicht genauer angegeben, sondern speist sich aus den Vorstellungen des Zuschauers. Man ahnt nur, welche Periode angerissen wird, offenkundig die Dreißiger und ebenso durch visuelle Hinweise bestückt das Shanghai des Vorherigen Jahrhunderts. Wie man darauf kommt, ergibt sich nur aus dem Wissen anderer Medien, aus dem Sichten ähnlich gelagerter und identisch finanzierter, lancierter und dekorierter Golden Harvest Productions Arbeiten wie Shanghai Shanghai [ 1990 ], The Fortune Code [ 1990 ], The Raid [ 1991 ]; die alle den Abstecher in die Vergangenheit nutzen, der Wirklichkeit möglichst weit in die eigene unvergesslich schöne Erinnerung, in den Rückblick auf die Goldenen Jahre Hollywoods und somit in nachdrücklicher Inständigkeit auf frühe Formen der populären Massenkultur zu entfliehen. Sich an einen Platz zu projizieren, der im pompösen Hochglanz schmucker Ausstattung, der beträchtlichen Fassadenkulisse, der Leichtigkeit des Seins die vollendete Weltenflucht bietet, die die Ablenkung und Entspannung gleichermaßen garantiert wie Anregung und Aufmunterung:
Dem Kintopp. Einem mit Schnickschnack überquellenden Zimmer gefälliger Mannigfaltigkeit:

Mr. Ng [ Cheng Kwun-Min ] hat die lokale Koran-Ausstellung von Boss Sung [ Wong Chi-Keung ] und secretary Fang [ Cheung Choi-Mei ] versichert und nun folglicherweise ein erhebliches Interesse daran, dass das Objekt der Begierde am Ende des Tages noch unversehrt an seinem Platz und die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend hoch sind. Er engagiert den Spürhund Charlie Chan [ hat nichts mit Earl Derr Biggers' chinesisch-hawaiischem Detektiv zu tun: Andy Lau ], an dem auch seine Tochter Ng Yueh Ying [ Che Ling ] einen Narren gefressen hat, sich um die Bewachung der Heiligen Schrift des Islam zu kümmern. Chan hat auch schnell die beiden ärgsten Feinde im Auge, den Scharfschützen Ma Yun Lung [ Norman Chu ] und den eher mit Köpfchen agierenden Cho Fei Fan [ Teddy Robin Kwan ] sowie dessen Tochter [ Sandy Lam ]. Zur bitter benötigten Verstärkung holt er sich den Soldaten Hsiao Ming [ Chin Kar-Lok ], was ihn zusätzlich nicht davon abhält, in der wenigen Freizeit sich noch in eine mysteriöse Frau [ Rosamund Kwan ] zu vergucken. Und als wenn die Aufregung nicht schon groß genug wäre, hat der Fälscher Chia Yi Chen [ Wu Ma ] für die jeweils verschiedenen Parteien auch noch jeweils Duplikate angefertigt.

Three Against the World arbeitet schon im Vorspann mit den Mitteln der zelluloidbasierten Zerstreuung wie auch den Verweisen auf eine ferne, eine längst zurückliegende Ära. Die credits sind das Künstlichste im eh schon artifiziellen Setting, eine architektonisch neu gestaltete Attrappe, die nie auch nur den Hauch eines Faktums versprüht, sondern sich den Vers von "wahr und falsch" durchgängig aufrecht erhalten möchte. Dazu benötigt es vor allem die Bilder in Bewegung und die Harmonien auf ähnlichen Stellen, weswegen die Einleitung direkt als kurze Sequenz von Photographien, im Schnellvorlauf und Stoptrick des Stummfilms erfolgt. Doch wie auch das folgende Geschehen weder still, sondern vielmehr beredsam bis laut bis lärmend gehalten ist, so widerspricht die Vorstellung der Figuren im Prolog ihrer eigentlichen Stellung zueinander; während sie dort mit vereinten Kräften miteinander arbeiten, beläuft sich die Narration eigentlich nur darauf, dass sie nichts anderes zu tun haben, als sich in mehreren Duellen gegenseitig das Leben schwer zu machen. Mal kürzer. Mal länger. Mal einförmig. Mal vielförmig.

Die überernährt gesättigte, zwanglos integrierte Besetzung ist fast der einzige Anhaltspunkt des Skriptes weitgehend abgedroschener Sentenzen, die fortwährend komplizierter und einfacher zugleich werden, und erfüllt dabei genauso die Funktion des McGuffin, des Gimmick wie die Jagdtrophäe im Mittelpunkt und die edel plakatierte Ladenfront als Einrahmung. Allein die Ein- und Durchführung der Übersicht über all dem Personenumschwung sowie deren Regeln und Opportunitäten hat neben dem anfänglichen Hin und Her vom battle of wills and skills und damit auch der Anerkenntnis vom "wahr und falsch" Motiv schon die erste Hälfte der eh knappen Laufzeit besiegelt; ohnedies liegt die Prävalenz eher auf der Ausschmückung einer Vielzahl von Histörchen, wenn man denn das frisch sanierte Setting auch schon als verklärte und verklärende Anekdote bereithält. All der Trubel um die Schriftrolle und ihren Diebstahl oder deren Vermeidung beinhaltet als aufgeblähter Storyballon weit mehr Wendungen als wahrhaftige Überraschungen und kann außer dem lebhaften Moment amüsanten Gaudiums und dem rein externen Zustand der Vollkommenheit auch keine darüber hinaus eilende Moderation bieten. Wie man selber so schön sagt: "The fun of a game is the process of playing. When the game's over, the value's gone."

Der Film als fleischgewordenes Plauderstündchen, dass trotz dem Zusammensein vielerlei Gedanken keinerlei Anstrengung der Aufmerksamkeit erfordert, sich nur bloßes Nebeneinandersetzen von allerlei Aktionismus zusammenhält und als Verbindungswörter die zahlreich aufgebotenen Schauspieler mitsamt ihren sympathisch gewordenen Starallüren benutzt. Die Darsteller verkörpern im Leerlauf von Changieren und Chargieren natürlich zumeist auch nur sich selber, bzw. erscheinen als der Charakter, den sie auch sonst üblicherweise verleiblichen. Angesichts der Harmlosigkeit aller Beteiligten ist es dann nur folgerichtig, dass das sicheren Geschmack beweisende Geplänkel, dass sich trotz Armut an Gedanken theoretisch ins Unendliche ausweiten könnte und dies zum offenen Abspann auch androht, noch zusätzlich mit neckischen, wenn auch unnützen Cameos aller Art unterfüttert wird. Ein veräußerlichtes Verwirrspiel von Sein und Schein, dass sein Heil in der Flucht sucht, um der langsam einsetzenden Gleichgültigkeit durch den nur vordergründig anhaltenden und auf Dauer zu oft wiederholten Genuss des Ewiggleichen zu entgehen.

Da vor und hauptsächlich auch hinter der Kamera der halbe Yuen-Clan [ Brandy Yuen, Yuen Wah, Yuen Wo-Ping, Yuen Shun-Yi, Corey Yuen Kwai ] anwesend ist, darf man sich getreu deren Familienmotto wenigstens an vornehmlich überaus flinken Fights, professionell durchkomponiert im massiven Eichenholzinterieur erfreuen, in denen auch reichlich durch Glas geflogen und von der Brüstung gesegelt wird. Die einzige Trumpfkarte im Blatt der Bluffs, ein wenig selten ausgespielt nur.

Details
Ähnliche Filme