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Klassiker, Remake, Reboot – nun also noch ein drittes Mal „schwarze Weihnachten“ feiern!

Das Original von 1974 war sicherlich – unfreiwillig – stilbildend für all die Slasher die in den nächsten 40 Jahren noch folgen sollten, speziell eine Steilvorlage für so ikonenhafte Produktionen wie „Halloween“, präsentierte den unheimlichen Killer, der sich über eine Reihe von Studentinnen kurz vor dem Weihnachtsurlaub in einem Verbindungshaus hermachte und stark auf Atmosphäre und Unberechenbarkeit setzte. Der Gewaltlevel war noch nicht extrem blutrünstig, aber es gab so manchen Momente, die harte Akzente setzten. Es war auf jeden Fall einer der Filme, die sich noch am ehesten als Archetyp für alle Slasher, die noch kommen sollten, eignete.

Das Remake von 2006 verschob dann auch nur den Gewaltlevel um drei bis fünf Stufen nach oben und präsentierte die praktisch identische Gesichte noch einmal, allerdings konzentriert auf ein eingeschneites Verbindungshaus in Verbindung mit intensivsten Weihnachtskitsch. Subtilität war weniger gefragt, stattdessen hob der Film die typischen Schwächen des Genres hervor, präsentierte mäßig umrissene Wegwerf-Charaktere, die man dann mit größtmöglichem Härtefaktor in rascher Folge weghobelte, punktete aber mit seiner nihilistischen Weihnachtsatmosphäre.

Sophia Takals dritter Take zu diesem Thema ging dann 2019 die Dinge anders an: entworfen, geschrieben und inszeniert von Frauenhand, konzentrierte diese Version sich auf eine geschlechterspezifische Frage und hob das Misogyne des Splatterfilms, bei dem männliche Mörder sich gegen das andere Geschlecht wenden und eben diese Gewaltausübung beim Zuschauer Vergnügen auslösen soll, hervor.

Wieder geht es um ein weibliches Verbindungshaus kurz vor den Weihnachtsferien, wieder bleiben einige der Frauen zurück, um im Haus die Feiertage zu begehen. Doch während sonst der Psycho stets nur Chiffre blieb und Alibifunktion hatte, steht in dieser Version der Konflikt zwischen den Geschlechtern im Vordergrund, fokussiert schon das einführende Zitat darauf, dass die Macht von den Männern ausgeht und setzte dann auf einen schwelenden Konflikt, da Protagonistin Riley vor drei Jahren von einem Mitstudenten vergewaltigt wurde und dies öffentlich gemacht hat – und mit ihren Kommilitoninnen bei einer Weihnachtsaufführung noch einen draufsetzt.

Natürlich gibt es auf einer männlich strukturierten Uni mit einem Namensgeber, der wegen seiner Sklavenhaltung im 19.Jahrhundert, sowieso im MeToo-Zeitalter in der Kritik steht, auch immer eine traditionsbewehrte Gegenfraktion: die männliche Verbindung, die den altbackenen Vorstellungen vom starken Geschlecht folgt und die misogyne Lehre verinnerlicht hat.

Bis der Film aber soweit ist, dies zuzugeben, vergeht einige Zeit und das Gemeuchel ist bereits fleißig am Laufen, doch daran sind Sophia Takal (auch Regie) und ihre Autorenkollegin April Wolfe nur mäßig interessiert, weswegen sie sich den einführenden Morden, die vom Kern des Casts natürlich gar nicht wahrgenommen werden, nur sehr flüchtig und nachlässig widmen.
Da wird an Gore gespart, die Mordszenen werden nicht ausgewalzt, ja gelegentlich sogar das Geschehen ins Off verschoben oder frühzeitig ausgeblendet.

Auf die Slasher-Freunde wartet also eine eher dröge erste Filmhälfte, die aber optisch durchaus einiges hermacht, sehr erfreulich ausgestattet und atmosphärisch beleuchtet ist – auf einem nahezu menschenleeren Campus.
Erst als die Antagonisten definitiv feststehen, also klar ist, dass sich hinter den maskierten Kuttenträgern mit den fiesen Mordabsichten die Männer verbergen, geht der Film auch in Sachen Druck in die Vollen, bei dem natürlich nach und nach das weibliche Geschlecht mehr und mehr die Sache in die eigenen Hände nimmt. Gegenwehr ist angesagt.

Das Problem an der Sache: der Plot torpediert diesen modernen und ehrenvollen Ansatz leider meistens, in dem die Mädchen lange Phasen in einem hysterischen Panikzustand präsentiert werden. Selbst Riley, selbst ein (verstörtes) Opfer, bewegt sich sehr lange Zeit in weinerlich aufgelöster Abschottung und einzig die politisch engagierte Kris (interessanterweise auch die einzige schwarze Studentin) folgt ihrem Ansatz zu folgerichtiger Radikalität, während allzu naive Exemplare natürlich beim "Gleichwiederkommen" sofort draufgehen oder spät im Film sich die Variante der genderspezifischen Unterordnung auch nicht als erfolgreich erweist.

Das alles nagt leider stark an der Geduld der Zuschauer, vor allem wenn erfolgreiche Gegenwehr in Einzelfällen meist kaum einen Lerneffekt zeitigt und danach wieder die klassische Fluchtrolle angesagt ist.
Ein weiterer Schwachpunkt liegt in dem – ziemlich hanebüchenen – übernatürlichen Ansatz, den man gegen Ende als Begründung für die roboterhaften Mordbuben ins Feld führt und der weder erklärt wird, noch substanziell etwas der Handlung beifügt. Rein ideologisch motivierte Morde statt Bewusstseinsbeeinflussung wäre da wesentlich überzeugender gewesen, wobei hier nicht mal ansatzweise geklärt, was die Angreifer da wirklich steuert.
Zum ziemlich angegraut wirkenden Schlacht-Finale im besten Buffy-Style muss man da gar nichts sagen, der Payoff steht in keinem Verhältnis zum doch stark retro-inspirierten Aufbau.

So ist der Film ein hehrer Versuch, doch letztendlich leider nicht so zielführend, wie Buch und Regie das gern gehabt hätten. Die Mädels zu girliehaft, die Jungs zu dämonisch, die Botschaft von der herrschenden Klasse zu simpel, das alles führt zu einem mittelmäßigen Horrorfilm auf PG13-Level, der sein Potential leider nur zu einem geringen Teil umsetzen kann. Mit gerade mal 90 Minuten muss man sich aber nicht allzu sehr grämen, auch wenn Imogen Poots als Riley schon deutlich zu alt für ihre Rolle ist (sie war fast 30 bei Produktion und man sieht es ihr auch deutlich an).
Trotzdem befriedigt der Film keine der Fraktionen wirklich umfassend, sondern kratzt nur an der Oberfläche, was für 2019 leider etwas wenig ist, da war Joss Whedon um das Jahr 2000 schon deutlich weiter. (5/10)

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