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Obwohl es meist seine Romane sind, die in der Filmwelt für Aufmerksamkeit sorgen, kann Erfolgsautor Michael Crichton („Congo“, „Sphere“) auf ein paar solide bis gute Regiearbeiten zurückblicken. Inzwischen legt er bekanntlich vorwiegend nur noch selbst Hand an, wenn er glaubt, dass die jeweiligen Regisseure seine Vorlagen nicht richtig umzusetzen vermögen, doch in den Siebzigern nahm er noch gern fleißig selbst auf dem Regiestuhl platz.

„Coma“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Robin Cook. Der ehemalige Arzt schrieb diverse Thriller um Killerviren und tödlich verlaufende Klinikaufenthalte. In genau diese Richtung zielt auch dieser Film. Crichton dürfte seine Medizinervergangenheit deswegen bei der Adaption zuträglich gewesen sein. Auch weil das Szenario heutzutage gar nicht mehr so unmöglich zu sein scheint – wie erschreckend.

Die junge Ärztin Doctor Susan Wheeler (Geneviève Bujold, „Anne of the Thousand Days”, „Dead Ringers”) will nicht akzeptieren, dass bei einem Routineeingriff ihre beste Freundin plötzlich ins Koma fällt und von nun an als gehirntot geführt wird. Auf der Sache nach der Wahrheit stößt sie auf ein ungeheures Verbrechen innerhalb des Krankenhauses. Die verhältnismäßig hohe Zahl von unregelmäßigen Komafällen soll nicht ganz zufällig sein...

„Coma“ hat zu Beginn deutlich Probleme mit der Glaubwürdigkeit, denn um Susans Riecher erst mal losschnüffeln zu lassen, muss bei ihr eine Paranoia-Verschwörungstheorie losgetreten werden, die selbst Fox Mulder mit dem Kopf schütteln lassen würde. Ein zufälliger Routinetest eines Computersystems führt sie nämlich auf die richtige Fährte. Obwohl sie vom Krankenhauschef Doctor George A. Harris (Richard Widmark, „The Alamo“, „Madigan“) ausgebremst wird und sich mit einem Psychologen unterhält, forscht sie weiter, obwohl es sie, soviel ist bis dahin schon sicher, ihre Karriere kosten wird.

Während ihre Romanze mit Dr. Mark Bellows (Michael Douglas, hatte gerade frisch mit „The Streets of San Francisco“ abgeschlossen) in aufgesetzten Zwischenspielen inklusive idyllischen Momentaufnahmen so gar nicht in den kalten, monotonen Krankenhausalltag passt und auch sehr kitschig herüberkommt, kritisiert „Coma“ gekonnt die zunehmende Gleichgültigkeit der Ärzteschaft gegenüber ihrem Job und damit dem Patienten. Operationen sind ein Geschäft, die Politik spielt innerhalb des Krankenhauses eine wichtige Rolle und die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke. Würden diese Menschen ihre weißen Kittel gegen Schlips und Krawatte tauschen, man würde den Unterschied zu debattierenden Politikern gar nicht merken. Die Erniedrigung von Gesundheit und Tod zu einer alltäglichen, fast lästigen Gewohnheit, wird mitunter so drastisch kommentiert, dass man den Galgenhumor dahinter leicht entdeckt.

Während mit der ihren Idealen folgenden und die Wahrheit suchenden Susan und Karrierist Mark zwei grundsätzlich verschiedene Ansichten in Bezug auf den Beruf aufeinanderstoßen, begibt sich sie sich in größere Gefahr, als sie zunächst weiß. Denn „Coma“ entwickelt sich in der zweiten Hälfte zu einem recht spannenden Thriller, der sich diverser Horrorelemente bedient. Nachts im menschenleeren Krankenhaus wird von der schier allmächtigen Organisation nicht nur ein mögliches Sicherheitsleck durchgebrutzelt, sondern Susan auch bald von einem Mann verfolgt.

Des Rätsels Lösung findet sich schließlich im Finale, als Susan in eine private, futuristische, schwer bewaffnete, abgeriegelte Institution für Komapatienten eindringt, um ihr Leben kämpft und Ungeheuerliches erfährt. Speziell diese letzten Minuten sind dank der einfallsreichen Ausstattung und der „Lagerung“ der Gehirntoten faszinierend mit anzusehen.

Geneviève Bujold spielt mit ausreichendem Einsatz, um die widerspenstige, neugierige und mutige, ab und zu auch feministische Nachwuchsärztin mit den nötigen Emotionen zu versehen und hebt ihre Rolle wohltuend von der typischen Opferrolle ab.
Während Richard Widmark nur Edelsupport darstellt, ist in einer Nebenrolle Michael Douglas, der später dann ja zu einem gefragten Mimen wurde, als vom System überzeugter und bis es fast zu spät ist, mit Blindheit beschlagener Doktor zu sehen. „Coma“ ist insgesamt keine Ausgeburt grandioser Darstellerleistungen, aber die Akteure machen ihren Job solide.

Als bemerkenswert in alle Richtungen offen, stellt sich sehr lange Zeit die Erzählweise dar, weil „Coma“ lange mit der Wahrheit hinterm Berg bleibt und der Zuschauer auch nicht über mehr Informationen als Susan selbst verfügt, weswegen man vor allem zu Beginn noch an ihren Vermutungen zweifeln darf. Erschwerend hinzu kommt, dass auch jeder ihrer Kollegen ihren Verdacht als Hirngespinst abtut. Erst nach und nach soll Licht ins Dunkel scheinen und die Hinweise sich verdichten, so dass sie mit ihrer ungesunden Neugier zur Tat schreiten kann.

Fazit:
Keineswegs überragender, wohl aber spannender Medizinerthriller, der damals wohl noch besser als heute funktionierte. Ich persönlich halte solche Institutionen jedenfalls nicht mehr für unmöglich. Schauspielerisch ist „Coma“ eine runde Sache, die Spannung erhält der Film sich auch aufrecht, dank der geschickten Erzählweise gibt es zudem einen Batzen von Überraschungen und für beklemmende Atmosphäre ist dank der kargen, sterilen Krankenhaussets auch gesorgt.

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