Ein Gruselfilm mit zweieinviertel Stunden Länge, der nicht auf einem epischen Bestseller basiert? Noch dazu mit einem Plot, der an die üblichen „Kleinstadtjugendliche-beschwören-einen-urbanen-Mythos“-Szenarien erinnert?
Überraschung: THE EMPTY MAN lohnt nicht nur die Zeit, sondern gehört zu den interessantesten und spannendsten Horrorfilmen der letzten Zeit.
Bereits die lange Einführung ist ein sehenswerter und hochspannender Kurzfilm für sich, in dem eine Gruppe Bergwandertouristen in einer Höhle in Tibet ein übergroßes, nicht ganz menschliches Skelett finden, bei dem ungute Erinnerungen an den „Jockey“ aus ALIEN wach werden.
Die eigentliche Geschichte um das Verschwinden, bzw. den Selbstmord einiger Jugendlicher nutzt Versatzstücke urbaner Mythen, doch auch wenn Vergleiche zu CANDYMAN und RINGU naheliegen, führt THE EMPTY MAN deutlich weiter, gibt sich nicht mit einfachen Horrorszenarien zufrieden sondern gräbt tiefer sitzende Ängste aus, die die eigene Identität betreffen und alles, was einem sicher erschien.
Der abgebrühte Ex-Cop James Lasombra kommt nicht nur einem geheimnisvollen Kult auf die Spur, er gerät auch selbst in den Bannkreis des „Empty Man“ und wird ähnlich wie die Protagonisten in ANGEL HEART und KILL LIST mit Wahrheiten konfrontiert, die weit über seine Vorstellungskraft gehen. Seine Ermittlungen und deren geisterhafte Begleiterscheinungen sind ungeheuer spannend und beklemmend inszeniert und es ist ein Jammer, dass THE EMPTY MAN nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die ihm gebührt.
Es ist eben kein simpler Spuk- oder Slasherfilm, sondern ein Genrefilm, der sich auf abseitige Pfade traut und für das Gros der Horrorfilmkonsumenten wohl zu komplex geraten ist. Für alle anderen: Ein Geheimtipp!