Review

Was auf den ersten Blick wie der Nachbar vom „Bye Bye Man“ klingt, entpuppt sich als überambitioniertes Regiedebüt von Autor David Prior. Basierend auf einer Comicreihe will der Stoff deutlich zu hoch hinaus, was die enorme Laufzeit von satten 137 Minuten in jeder Hinsicht unterstreicht.

Der ehemalige Cop James (James Badge Dale) wird von seiner Nachbarin beauftragt, ihre Tochter aufzuspüren, die kurz vor ihrem Verschwinden eine Bemerkung über die lokale Legende des Empty Man auf dem Spiegel hinterließ. Seine Recherchen ergeben, dass zeitgleich mehrere Teenager verschwanden, die Tage zuvor auf einer Brücke jenen ominösen Empty Man heraufbeschworen…

Die ersten 22 Minuten ergeben eine ungewöhnliche lange Exposition, welche recht gut als Kurzfilm funktioniert hätte. 1995 im Gebirge von Bhutan ergeben sich unheimliche Dinge, als vier Wanderer im Schnee unterwegs sind, jemand nach Sturz in eine Felsspalte völlig katatonisch ist und man Zuflucht vor einem Schneesturm in einer Hütte sucht. Starke Atmosphäre, gelungene Erschreckmomente und die erste Begegnung mit dem Titelgebenden.

Mit dem Verschwinden der Jugendlichen geht es anfangs noch einigermaßen interessant weiter, zumal Begebenheiten auf einer nächtlichen Brücke erneut eine dichte Atmosphäre schüren. Hauptfigur James ist zwar mit dem typischen Trauma einer tödlich verunglückten Familie ausgestattet, doch seiner Figur schwingt eine gewisse Coolness mit, die in prekären Situationen leicht auflockert.

Spätestens im Mittelteil verheddert sich der Stoff zusehends, der deutlich die Gefilde eines H.P. Lovecraft streift und sich bei der Annäherung an einen okkulten Zirkel mal so richtig Zeit lässt und nur noch wenige, stimmungsvolle Szenen liefert, etwa, bei der Beobachtung eines Feuertanzrituals mit annähernd hundert Teilnehmern. Aus minimalen Längen werden größere Durststrecken, die erst in den finalen Minuten wieder abnehmen. Die Auflösung stimmt noch ein wenig versöhnlich, wobei der Überraschungseffekt nicht übermäßig ausfällt.

Handwerklich stimmt vieles beim Debüt von Prior und auch der Score ist gut abgestimmt und vermag einige Akzente zu setzen. Doch die Geschichte hätte um den einen oder anderen Schnörkel gekürzt werden können und obgleich die Einleitung das atmosphärische Highlight bildet, trägt diese nur minimal zum eigentlichen Kern der Geschichte bei.
Ein paar spannende Einlagen und atmosphärisch ansprechende Momente sind durchaus vorhanden, doch im Endeffekt zieht sich die Erzählung zu sehr, um auf Dauer bei Laune zu halten.
5,5 von 10

Details
Ähnliche Filme