Endlich Feierabend...
Du willst nur noch aus Deinem stickigen Büro raus, das Du jeden Tag siehst und Dich zuhause Deinen Bedürfnissen hingeben. Doch dann passiert das, von dem Du nur glaubst, dass es anderen passieren kann: Der Fahrstuhl bleibt stecken und auf das Drücken des Notknopfs reagiert keiner. Es kann eine lange Nacht werden, vielleicht sogar Deine letzte...
Dieses Szenario hab ich in den letzten Jahren immer wieder gesehen, zuletzt erst in dem in meinen Augen grottenschlechten "Blackout". Die sonstigen Fahrstuhl-Filme brauchten immer einen mysteriösen Anstrich. Im Fall von "Blackout" war es ein Serienkiller, bei "Fahrstuhl des Grauens" oder seinem amerikanischen Remake "Down" entwickelte der Fahrstuhl ein diabolisches Eigenleben und bei "Devil" war es der Teufel höchstpersönlich. Eins haben die Filme alle gemeinsam: Sie waren verdammt unterhaltend, jeder eben auf seine Art und Weise. Doch in dem deutschen Film "Abwärts" braucht es nichts Überirdisches. Dort entsteht durch die Psyche der vier hilflosen Steckengebliebenen der blanke Terror.
In dem Szenario steckt der Yuppie Jörg (Götz George), seine reizende Arbeitskollegin Marion (Renée Soutendijk) mit der er mal ein Techtelmechtel hatte, der junge Rebell Piz (Hannes Jaennicke) und der geheimnisvolle ältere Herr Gössmann (Wolfgang Kieling), der sich aus allen Konversationen draußen hält und seine Aktentasche festhält, als wenn eine Bombe drin stecken würde, die jeden Moment explodieren könnte...
Mal abgesehen von einer Szene direkt am Anfang, die man schon als grandiosen Höllentrip abfeiern könnte, inszeniert Regisseur Carl Schenkel sein Kammerspiel sehr zögerlich und konzentriert sich zuerst auf seine Figuren, die, wie im wahren Leben, erstmal ihre Maske Aufrecht erhalten und den Mensch spielen, den sie nach außen hin geben wollen. Dass unter den vier jedoch eine explosive Mischung steckt spürt man dennoch recht schnell. Vorallem bei dem exzentrischen Charakter von Götz George und der Leckt-mich-alle-am-Arsch-Einstellung von Jaennickes Charakter erahnt man, dass die beiden sehr schnell in dem Fahrstuhl anecken werden.
Dieses Quartett alleine würde schon ausreichen, für den kompletten Film zu tragen, dennoch kommt eine weitere Komponente dabei, die in der ersten Hälfte nicht ganz ersichtlich ist, aber noch gefährlicher sein kann: Die Kabel, die den Aufzug in der Höhe halten, reißen langsam aber sicher. Bleibt nur die Frage, was von den beiden tödlicher enden kann.
Keine Frage, auch heute nach 30 Jahren funktioniert "Abwärts" noch einwandfrei. Gekonnt wird hier mit Klaustrophobie und dem Abgrund in der menschlichen Seele gespielt, wenn es um Geld, Sex, Macht und Gier geht. Natürlich muss man heute ein wenig unfreiwillig Schmunzeln, wenn man sich ansieht, wie jung Jaennicke damals war, George einen Körperbau hatte und in der Nebenrolle ein Ralf Richter ohne Sauf- und Kettenraucherstimme zu bestaunen ist (dennoch hat er schon in diesem Film seinen typischen Ruhrpottproll-Charakter), aber das tut nichts zur Sache, dass man hier von einem Hochspannungsthriller sprechen kann, der lediglich vom Look her etwas angestaubt wirkt.
Carl Schenkel beweist eindrucksvoll, dass man ohne CGI und hohem Budget auskommt, wenn man gute Schauspieler in einer ausgeklügelten Story aufeinander loslässt. Eine Tugend, die in der heutigen Filmwirtschaft schon fast vergessen scheint.
8,5/10