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In den 80er Jahren in Deutschland hochwertige Filme zu drehen, die mit der aus Hollywood überschwappende Welle von Actionfilmen und Thrillern mithalten konnten war fast unmöglich, fehlte doch schlicht und einfach das Budget. Regisseur Carl Schenkel ("Knight Moves") schaffte dieses Wunder dennoch und schuf mit "Abwärts" einen spannenden Thriller, der durch einfache Mittel überrascht und mit großartigen deutschen Schauspielern überzeugt.

Es ist Freitagabend, die Belegschaft in einem Bürohochhaus hat schon längst Feierabend und einzig ein polnischer Wachmann hält ein Auge auf das Gebäude. Als Jörg (Götz George) mit Marion (Renée Soutendijk, bekannt aus Eve 8) das Gebäude mit dem Fahrstuhl verlassen wollen, steigen mit Gössmann (Wolfgang Kieling) und Pit (Hannes Jaenicke) zwei weitere Fahrgäste zu. Letzterer hat schon kurz vorher eine fast tödliche Begegnung mit einem Fahrstuhl und nimmt die Tatsache lakonisch, dass dieser mit den vieren auf einmal stecken bleibt und der abgelenkte Wachmann die Alarmleuchte übersieht...

Was folgt, ist ein vor Spannung knisterndes "Kammerspiel" auf engstem Raum. Der zu 90 Prozent im Fahrstuhlschacht spielende Thriller lässt zu allererst die Egos der beiden Männer Jörg und Pit aufeinanderprallen. Während der eine impulsiv und großmäulig ist, bleibt der andere cool und überlegt. Die Tatsache, dass beide Marion noch recht attraktiv finden, verschlimmert den Streit nur noch. Doch können sie sich anfangs noch einmal zusammenraufen und über eine Rettungsmöglichkeit nachdenken. Die glauben sie über eine Belüftung im Fahrstuhl zu finden, doch scheitern schon wenig später kläglich auf dem Dach des selbigen.

Stetig lenkt Schenkel die aufgeheizte Stimmung zur scheinbar nicht abwendbaren Katastrophe. Während der schüchterne, ältere Gössmann sich lange aus allem heraushält, entfaltet sich zwischen Marion und Pit ein erotisches Spiel, dass Macho Jörg gar nicht in dem Kram passt. Als sie ihn schließlich zu zweit mit Zigaretten vollqualmen und reizen, steigt er zurück auf das Fahrstuhldach, um einen letzten Rettungsversuch zu starten, der aber misslingt. So verspricht er listig und hinterhältig den dreien sie retten zu können, wenn Pit mit auf das Dach klettert und ihn unterstützen würde. Dort entbrennt ein Streit und ein tragischer Unfall (?), doch auch Gössmann hat noch eine Überraschung zu bieten.

Mit ganz einfachen Mitteln und exzellenter Kameraarbeit und Schnitt gelingt es dem Regisseur den Zuschauer selber in den Fahrstuhl hineinzuversetzen und ihm klar zu machen, wie schnell einfache Menschen kaltblütig, reizbar werden und dabei auf jede unpassende Veränderung ihrer Umwelt reagieren können, aber auch über sich selbst hinauswachsen. Das fängt beim zwanghaften, unliebsamen Rauchen an, geht über das nervige Pipsen von Pits Videospiel und findet seinen Höhepunkt in den erotischen Spielen zwischen ihm und Marion, sowie dem Streit mit Jörg im Schacht.

Als zusätzliches Druckmittel erweist sich im weiteren Verlauf noch die Zeit, denn die Halteseile des Fahrstuhls reißen. Als dann endlich die Rettung in Form der beiden Techniker Heinz (Klaus Wennemann) und Otto (Ralf Richter, spielt einmal mehr sich selbst) kommt und man die Fahrgäste zu retten versucht, hält man wieder zusammen. Hat man sich doch in der dunkelsten Stunde (scheinbar kurz vor dem Tod) die Verzweiflung und die Fehler eingesehen und offenbart, sowie sich wieder versöhnt. Da bleibt sogar noch Platz für eine Parabel, die dem Zuschauer daran erinnert, dass Geld und Erfolg nicht alles im Leben ist und Schicksale bestimmen kann und in diesem Fall auch wird.

Fazit:
Carl Schenkel gelang ein zeitloser, trotzdem optisch ein wenig angestaubter, sehr spannender Thriller, der über eine Laufzeit von ca 90 Minuten fast ausschließlich im Fahrstuhl spielt. Die aufgeheizte Atmosphäre ist dank der überragenden Schauspieler (allen vorran Götz George) spürbar und schon fast eine Dokumentation, die man auf der Bühne aufführen kann. So gut kann also deutsches Kino sein....

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