Arbeitsbiene Nicolas Cage, der Neffe von Coppola, der Schamane von Hollywood, hier mit seiner insgesamt vierten Auskopplung im Jahr 2019, Primal steht schon in der Pipeline und vier weitere sind entweder fertiggestellt oder in der Phase der Post-Production und so von seiner Seite aus auch komplettiert und komplementiert. Freuen tut dies alle Beteiligten, ein Win-Win für Jedermann quasi, für den Zuschauer, der auf Nachschub hofft, und für den Schauspieler, der sich sowohl kreativ austoben kann als auch noch (kleines?) Geld damit verdient, und für die Produzenten natürlich, die Erlöse vorweisen müssen, sonst wäre der Mann auch jetzt nicht mehr so begehrt. Freuen tun sich auch die jeweiligen Regisseure, vorher und nachher meist unbekannte Namen, die einmal in den Ring mit dem Cage gehen dürfen und dadurch einmal etwas mehr Aufmerksamkeit als üblich generieren. Hier hört der Autor und Inszenator auf den Namen Ken Sanzel, der, wenn man die Datenbank anschmeißt und das Internet bemüht auch vorher tatsächlich mal etwas gedreht hat, was man noch kennen könnte (Scar - Ohne Gesetz, 1998) und ansonsten zumeist und da auch überschaubar für das Kabelfernsehen und deren Krimiserien wie Numb3rs - Die Logik des Verbrechens oder Blue Bloods - Crime Scene New York, hier allerdings tatsächlich nicht ohne Kreativität und Übersicht agiert und relativ bewusst inszeniert:
Als der Auftragskiller Markham [ Enrico Colantoni ] während eines bestellten Hits auf die Konkurrenz Sanchez [ Eddie Martinez ] trifft, überschlagen sich die Ereignisse. Mit involviert sind bald und abwechselnd der Federal Agent Lance Ericson [ Ryan Kwanten ] und 'Tag Team Local Policia' Miguel Garcia [ Jhon Bedoya ], Ericsons Freundin Renata [ Anabelle Acosta ], ihre eifersüchtige Geliebte und Gangführerin Gabrielle [ Angie Cepeda ], die davon unabhängigen Schergen Royce [ Alimi Ballard ] und Quik [ Pedro Calvo ] sowie der Hotelbesitzer John [ Nicolas Cage ], bei dem plötzlich die Leute ein und ausgehen.
Ein Streifzug durch die (lateinamerikanische) Stadt, stets des Nachts, eine Mischung aus Geschäftemacherei, Erfüllung von Aufgaben, Observation und Verfolgtwerden, in einer schlechten bis miesen Gegend, die am Tag einfach nur hässlich und heruntergekommen wäre, im Dunkel aber nur noch gefährlich und letal ist. Eine Ehre unter Gaunern, die nicht existiert, letztlich zählt bloß die Waffe in der Hand, in der eigenen natürlich, geladen und möglichst als Erster auch am Zug. Die (in Kolumbien gedrehte) Geschichte fängt mittendrin an, oder doch am Ende, und springt dann zurück, mit einigen Fragen von Interesse und zu der halbnackten Frau mit der geladenen Pistole und dem Blut auf dem Oberkörper und im Gesicht.
Die Stadt ist groß, das Viertel hier aber siffig, voller Huren und Drogendealer, voller Auftragskiller und anderem Subjekt. Die Behausungen haben sich den Menschen angepasst oder umgekehrt, unwohnliche Zimmer mit dem rudimentären an Mobiliar und dann noch veraltet und eher auf den Müll gehörend. Die Geschichte fängt am gleichen Ort an, kurze Zeit vorher nur, aber ohne Cage (der erst in der zweiten Hälfte sein Geld verdient), mit einem gut viertelstündigen Duell zwischen zwei Profikillern, einer Art Tod eines Handlungsreisenden nur mit Zielfernrohr auf dem Scharfschützengewehr, fließend übergehend in eine Verhaftung, die aus dem Ruder läuft und in die nächste Gefährdungs- und Pattsituation übergeht; Episoden des Alltags hier, die zuweilen sehr gesprächig, theaterhaft redselig geradezu sind, wo das Herausmanövrieren aus einer Situation in der letzten Sekunde auf einmal verbal versucht wird, und dann manchmal auch zu viel und oftmals auch die letzten Worte im Leben und dann bloß noch die Worte der Gewehr- oder Pistolenkugeln gesprochen worden sind.
Ähnlich wie in Running with the Devil, dem Vorgängerfilm von Cage, wird hier ein Panoptikum verschiedener Figuren in einer verfahrenen Gesamtsituation aufgezogen und dann die verschiedenen Charaktere kurz vorgestellt und aufeinander angelegt; zwanzig Jahre früher hätte man noch einen Vergleich mit Tarantino bestimmt bemüht, heute würde man eher an eine preiswerte Variante und fehlendes Bindeglied zwischen Hotel Artemis und Bad Times at the El Royale denken. Geschossen wird hier öfters und lauter, die Dezibel ordentlich hochgedreht, ein Kugelwechsel von einem Gebäude zum anderen, eine Schießerei in einem Auto, vom Vordersitz zum Rücksitz und umgekehrt, hier mit einer Matratze und einem kugelsicheren Weste als Schutzschild, dort mit einer Leiche als Kugelfang, die schon im Tod und hinüber noch mehr Blei in den Körper gepumpt erhält. Auch fortan dreht sich der Reigen des Todes, die Kill Chain, in der ein schäbiges, großes, leeres und knarzendes Hotel den Mittelpunkt der Szenerie, quasi das Epizentrum vom Höllenloch hier und die Bühne für die viele Fragen, die späten Antworten und allgemein den reichlichen, nicht immer reichhaltigen Dialog darstellt.