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In den ersten paar Minuten kriegen wir eine Reihe schnieker Stock Footage Shots von New York und London, eine zünftige Actionsequenz und Oscar-Preisträger Gary Oldman als Fiesling geboten, nur um dann flugs in ein graues Parkhaus zu wechseln, aus dem wir - man ahnt es schnell - bis zum Filmende nicht mehr heraus finden werden. Ja, genau, das ist die klassische Formel Legionen von DTV-B-Kloppern gefühlt der letzten zwei Dekaden, meist um abgehalfterte Recken gestrickt, die schon zu ihrer Blütezeit keine Qualitätsbäume ausgerissen haben (v.a. wären da Spagat-Koryphäe JCVD, Karate-Blondie Lundgren Dolph und Aikido-Moppelchen Steven zu nennen). Aber wenigstens zeigten sie da noch ordentlich Kante, soll heißen, würzten die stupiden Reißbrettplots mit gepfefferter Daueraction. Inzwischen geht ihnen allerdings regelmäßig nach fünf Minuten die Puste aus und wir müssen sie die restlichen 80 beim Herumschlurfen durch osteuropäische Hinterhöfe begleiten.
„The Courier" scheint also genau eine solche Mogelpackung für den frustrierten B-Actionfreund zu sein. Aber siehe da, es geht auch anders. Lasst euch nicht von diversen Kritiken auf diversen Print- und Online-Medien täuschen, das ist gemessen an Anspruch, Budget und Zielsetzung ein netter, kleiner (Fan)Service. Da gibt es keinen Leerlauf, der einen ob des fröhlich auf Logik und Komplexität pfeifenden Skripts in Schnappatmung versetzt. Hier wird im Viervierteltakt geboxt, getreten, geschlitzt, geballert und sich die FSK 18 redlich verdient. Titelheldin Olga Kurylenko wirkt dabei deutlich viriler als die oben erwähnten Badass-Rentner und verwandelt die triste Parkgarage in eine fetzig-blutige Schnitzeljagd.
So etwas wie ein Story braucht das „Die hard in the garage"-Setting natürlich auch noch. Wie weiland John McClane gerät die namenlose Kurierfahrerin (Olga Kurylenko) zwischen die Fronten eines bleihaltigen Gangstercoups, der hier allerdings deutlich weniger ambitioniert ausfällt. Der wegen Mordes angeklagte Unterweltboss Ezekiel Mannings (Gary Oldman) will schlicht den einzigen Belastungszeugen der Gegenseite ausschalten und hat für eine Handvoll Dollar ein paar Gesetzeshüter umgedreht und ein paar Söldner angeheuert. Alles hätte so schön simpel sein können, sprich Kurier bringt Bombe, Zeuge und Wachpersonal segnet das Zeitliche und Schurke kommt frei. Leider entpuppt sich die Paketbotin als denkendes und zu allem Überfluss auch noch als kämpfendes Wesen. Da beides über dem Durchschnitt liegt, wird es für Mannings Killertruppe ein sehr ungemütlicher Abend, ganz im Gegensatz zum Zuschauer.
Sicher war Oldman schon mal ein wenig mehr gefordert und spult den Techno-Opern lauschenden Schmierlappen mit Augenklappe im Zigarettenpausen-Modus runter. Macht aber nichts, denn er erfüllt seinen einzigen Zweck als Hintergrundfiesling mir Eskaltionsanstoß und überlässt die Show der Courier-Amazone. Um nichts anderes geht es hier auch und Olga Kurylenko kann in dieser rein physischen Rolle voll und ganz überzeugen. Beim Kampftraining für den Dreh soll angeblich explizit darauf geachtet worden sein, dass die Dezimierung der ausschließlich männlichen Schergen halbwegs plausibel vonstatten geht. Und tatsächlich haben sich die Choreographen einiges einfallen lassen, um den potentiellen Aufschrei, dass eine 60kg-Kämpferin ein halbes Dutzend Stiernacken aufmischt, gleich mal im Keim zu ersticken. Nicht dass das genreimanent unbedingt nötig gewesen wäre, auch ein gewisser John Wick würde seine Einsätze vermutlich keine 10 Minuten überleben, aber man kann ein solch erkennbares Bemühen durchaus mal wohlwollend erwähnen.
Angesichts des gewöhnlich miesen Lieferservice und den ärgerlichen Qualitätsmängeln der heutigen B-Action-Ware ist Olgas Kurierdienst definitiv eine Empfehlung wert. Sie liefert weder Gourmetkost noch Luxusartikel, aber das war auch nie Teil der Abmachung. Wer die Geschäftsbedingungen und Produktbeschreibung gelesen und verstanden hat, der wird ehrlich und sauber bedient. Kein schlechter Deal.