Review
von Leimbacher-Mario
Gedächtnisverdruss
In „Fractured“ weiß man nicht nur sofort, dass etwas nicht stimmt, sondern leider auch, worauf es hinläuft. Egal wieviele (zum Teil absurde) Kurven bis zum (im Kopf längst erreichten) Ziel noch gezogen werden... Wir folgen einem kriselnden Ehepärchen im Auto, auf dem Rücksitz die süße Tochter. Und als nahe einer Tankstelle ein (ohne Zweifel packender) Unfall passiert, rast der (ebenfalls sichtlich traumatisierte) Vater mit Mutter und Kind ins nächste Krankenhaus zur Kontrolle. Mit Schädeltraumas ist immerhin nicht zu spaßen. Doch dann will sich auf einmal keiner mehr daran erinnern, dass er mit seiner Familie gekommen ist und nicht nur er fängt an, an seiner Wahrnehmung zu zweifeln...
„Fractured“ ist typische Netflixkost, da gibt's nichts. Tausend Mal geseh'n, dieses Mal ist nichts gescheh'n. Hier weiß jeder sofort, warum der nicht im Kino lief. Weil er dort einfach nichts zu suchen hätte. Es ist simples, (nicht besonders innovativ oder clever) konstruiertes Spannungskino, vom unterschätzten Worthington auf einem gewissen Niveau gehalten, von der Neugier auf das eigene, innere Recht durch die Laufzeit getragen. Doch im Endeffekt ärgerlich und beliebig. Berechenbar wie das kleine Einmaleins. Da muss man noch nichtmal viele Filme schauen, um dieses offensichtliche Versteckspiel zu durchschauen. Und immer wenn man denkt, ok, vielleicht nimmt er ja doch eine etwas unbekanntere Abkürzung, egal ob diese komisch, trashig oder aufgezwungen wirkt, dreht er sich dann doch wieder dem Offensichtlichen zu, das man schon im ersten Höhepunkt mehr als nur ahnt. Beat für Beat. Das gibt fast etwas Kopfschmerzen. Da bekommt man nicht nur das Gefühl von den Filmemachern gehörig unterschätzt und missverstanden und unnötig, unnütz, plump an der Nase herumgeführt zu werden, sondern auch, dass diese wirklich meinten, hier viel mehr in der Hand zu halten, als da wirklich ist. Fast so, als ob sie grundlegende Spielregeln nicht verstanden hätten...
Fazit: das kann Brad Anderson besser. Viel besser. „Fractured“ hat man schneller durchschaut als man Wannabe-Twist sagen kann und ähnliche Filme (von „Shutter Island“ über „Sixth Sense“ oder „Flightplan“ bis zu seinem eigenen „Machinist“) spielen ebenfalls in einer ganz anderen Liga. Selten hatte man einen Film vor sich, der sich für so clever hält, bei dem man jedoch jede „Überraschung“ und jeden Kniff und jeden doppelten Boden auf Meilen riecht. Er wäre gerne einer, den man öfters gucken kann, soll, muss - dabei ist vielleicht sogar das erste Mal zu viel des Guten... Und dennoch reicht es, selbst wenn man ihn von Anfang an durchschaut, was sicher nicht nur mir gelingen wird, für solide Thrillerunterhaltung. Okay. Oberflächlich. Unmotiviert. Einfach gestrickt.