Review

Swingin‘ Sucksteeth


Lange Zeit und von der seriösen Kritik wurde „Dracula A.D. 1972“ aka „Dracula jagt Mini-Mädchen“ (!) als klarer Tiefpunkt der Hammerreihe und höchstens als Kuriosum niedergemacht. Doch bei den Fans entwickelte sich eine kultige Liebe zu diesem Stilbruch-Dracula, der hier das erste Mal nicht mehr in den gothischen Karpaten und alten Gemäuern auf Brautfang und Rachetour ging, sondern im wilden London der swingenden Siebziger. Immerhin kannte man sich dort schon mit seltsam-sexuell aufgeladenen Beisspraktiken und blutunterlaufenen Augen aus. Wenn auch aus gänzlich anderen Gründen...

Die funkige Musik unterwandert die Spannung, das Setting ist mindestens ungewohnt in Verbindung mit dem Grafen der Finsternis und an die Figuren (außerhalb des grandios wiedergekehrten Van Helsing und Dracula) kann man sich schon nach wenigen Minuten nicht mehr erinnern. Ja, das stimmt alles und ein bizarres Zwitterwesen ist das Ding noch immer. Aber es macht schon ziemlich Spaß den Grafen zwischen Kiffern, Taugenichtsen und der verdutzten Londoner Polizei zu sehen. Der Tapetenwechsel zahlt sich aus, die Farben drehen auf, die Frauen ziehen sich aus. Noch einen Dracula zwischen Gemäuern, Nebel und Spinnweben hätte zu dieser Zeit eh keiner mehr gebraucht. Dann doch lieber etwas wagen. Kurze Röcke, schwarze Hipster-Messen und Discokugeln. Lässig, cool, bunt und groovy. Natürlich auch gehörig trashig und spannungsfrei, leider auch etwas blutleer und (an der Epoche gemessen) nicht allzu zeigefreudig. In all diesen Disziplinen wäre sicher noch viel mehr drin gewesen. Doch was kann man insgesamt schon gegen ein Duell Dracula vs. Van Helsing / Lee vs. Cushing im einzigartigen London der frühen 70er haben?! Genau, gar nichts. 

Fazit: der Wechsel des Jahrhunderts und des Settings in die schäbigen, freizügigen 60er tut Dracula gut. Oder ist zumindest mal etwas anderes. Kultig und kurios. Aber die Spannung geht unter dem funky Score und den psychedelischen Farben eindeutig flöten. 

Details
Ähnliche Filme